Biologischer Weinanbau in Deutschland

Der ökologische Weinbau in Deutschland verzeichnet seit nunmehr über 30 Jahren einen kontinuierlichen Zuwachs. Die Anbauflächen im Öko-Weinbau haben sich von 2007 bis 2012 in Deutschland mehr als verdoppelt. „7400 Hektar Weinberge werden hierzulande mittlerweile ökologisch bewirtschaftet, das entspricht einem Anteil von 7,5 Prozent der Gesamtrebfläche“, erläutert Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) in Mainz. Prozentual gesehen stehe Deutschland damit auch im internationalen Vergleich gut da, sagt Büscher.

Sven Leiner mit Kuhhörnern (Weingut Jürgen Leiner, Demeter)

Zahlreiche Weinbaubetriebe haben durch den Umstieg auf die Bioweinproduktion auch eine qualitative Verbesserung ihrer Weine festegestellt. Viele von ihnen tragen die ökologische Wirtschaftsweise aber gar nicht groß nach außen, da diese für sie eine Selbstverständlichkeit ist. Oftmals findet die Umstellung auf den Ökoweinbau mit dem Generationswechsel in den Betrieben statt. Die jungen Betriebsleiter sehen darin häufig eine Möglichkeit der betrieblichen Weiterentwicklung.

Im biologischen Weinanbau steht das Ziel im Vordergrund, das ausbalancierte Ökosystem Weinberg zu erhalten. Dafür wird auf alle chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel ebenso verzichtet wie auf künstlich hergestellte Dünger. Die Umstellungsphase vom konventionellen zum ökologischen Weinbau dauert drei Jahre.

Andreas Schumann vom Weingut Odinstal (Demeter)

Mit dem Jahrgang 2012 gilt erstmals eine neue EU–Verordnung, in der auch der kellertechnische Ausbau von Bioweinen geregelt ist. So wurden beispielsweise für Bioweine die Grenzwerte für die maximalen Schwefelgehalte im Vergleich zu den konventionell hergestellten Weinen leicht abgesenkt. Daneben wird auf einige Weinbandlungsstoffe verzichtet, einige müssen ökologischen Ursprungs sein und auch der Verzicht auf jede Gentechnik, etwa bei den Hefen, ist vorgeschrieben. Weine des aktuellen Jahrgangs, die nach den neuen Vorgaben produziert wurden, können nun als Ökologischer Wein, Öko-Wein, oder Bio-Wein bezeichnet werden. Zu erkennen sind sie an dem neuen EU-Gemeinschaftslogo.

Bio-Weine tragen zudem oftmals die Logos von Verbänden auf dem Etikett, bei denen die Weingüter ihre Produktion nach strengen ökologischen Kriterien zertifizieren lassen können. Im Weinbau sind dies: Ecovin, Bioland, Naturland oder Demeter (ganz unten stehen die Listen der Top-Weingüter).

Der 1985 gegründete Verband Ecovin ist der größte Zusammenschluss ökologisch arbeitender Weingüter weltweit. Die rund 220 Mitgliedsbetriebe bewirtschaften derzeit allein etwa 1600 Hektar Rebfläche in elf deutschen Anbaugebieten. Insgesamt sind rund 50 Prozent aller Öko-Winzer in Verbänden organisiert. Die übrigen Betriebe haben sich nach der EU-Norm für ökologischen Weinbau zertifizieren lassen.

Weil die biologische Anbauweise in der Regel zu kleineren Ernteerträgen führt, sind Bioweine häufig qualitativ hochwertige Weine, die oft besonders gut die Eigenschaften des Terroir – des jeweiligen Bodens und des Klimas – in ihrem Geschmack wiedergeben. Dennoch kann man sie geschmacklich nicht von qualitativ gleichwertigen Weinen aus herkömmlichem Anbau unterscheiden. "Bio ist mittlerweile ein Zusatznutzen, den der Verbraucher mit einkauft. Er verbindet mit dem Begriff eine höherwertige Qualität und will dadurch ein Stück weit zu einer umweltschonenden Produktion von Lebensmitteln beitragen", sagt Büscher. So haben Bioweine mittlerweile, wie andere Biolebensmittel auch, einen festen Stellenwert im Einkaufskorb der Verbraucher.

Hans Oliver Spanier & Carolin Spanier-Gillot (Ecovin)

Zu Kaufen gibt es Bioweine inzwischen nicht nur im ökologischen Fachhandel, auch im allgemeinen Lebensmittel- und Weinfachhandel sind sie weit verbreitet. Das schönste Erlebnis ist aber natürlich der Besuch direkt beim Erzeuger, wo man die individuelle Philosophie des Winzers hautnah erleben kann. Es gibt übrigens auch Winzergenossenschaften, die Bioweine im Angebot haben.

"Die Ökowinzer waren schon immer Vorreiter im Weinbau", erklärt Ernst Büscher. Viele Methoden des Ökoanbaus sind heute Standards im konventionellen Weinanbau. Dazu zählen etwa der Einsatz von nützlichen Insekten zur Schädlingsbekämpfung, die Begrünung der Rebzeilen oder das Bemühen, das ökologische Gleichgewicht im Weinberg aufrecht zu erhalten. Manche Spitzenbetriebe gehen inzwischen sogar noch einen Schritt weiter und wenden die Methoden des biologisch-dynamischen Weinbaus an, der auf den Lehren des Anthroposophen Rudolf Steiner beruht. (s.u.)

Zahlen zum Bioweinbau in Deutschland

Entwicklung des ökologischen Weinbaus in Deutschland

Seit dem Jahr 2000 hat die Anbaufläche von zertifizierten Ökoweinen in Deutschland um rund 300 Prozent zugenommen. Die Anbaufläche von rund 2000 Hektar Rebfläche in 2004 auf rund 7400 Hektar bis zum Jahr 2012 fast verdreifacht. Damit werden inzwischen 7,5 Prozent aller 102 000 Hektar Rebflächen in Deutschland ökologisch bewirtschaftet.

Entwicklung des Ökoweinbaus in Rheinland-Pfalz

Führendes Bundesland beim Ökoweinbau ist Rheinland-Pfalz: Auch dort hat sich die ökologisch bewirtschafteten Rebfläche von 1751 Hektar im Jahr 2006 auf 4.500 Hektar im Jahr 2012 verdoppelt. Allein von 2006 bis 2008 nahmen die ökologisch bewirtschafteten Flächen um 79 Prozent zu. Derzeit werden in dem größten Weinbau treibenden Bundesland 7,1 Prozent der rund 64.000 Hektar großen Rebfläche nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. Die Zahl der zertifizierten Öko-Weinbaubetriebe in Rheinland-Pfalz stieg von 184 im Jahr 2006 auf 379 im Jahr 2012.

Die ersten Anfänge des rheinland-pfälzischen Ökoweinbaus liegen im Jahr 1980: Damals bewirtschafteten ganze 5 Betriebe rund 38 Hektar Rebflächen nach ökologischen Kriterien. Zehn Jahre später, im Jahr 1990, waren es bereits 72 Betriebe mit 418 Hektar Rebflächen.

Biologisch-Organischer Weinbau

Der biologisch-organischen Weinanbau setzt auf eine naturnahe Bewirtschaftung der Rebflächen, bei der auf alle chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, auf synthetisch hergestellten Stickstoffdünger sowie auf Herbizide und synthetische hergestellt Pilzbekämpfungsmittel (Fungizide) verzichtet wird. Eingesetzt werden dagegen organische Dünger wie Pferdemist oder Hühnermist, zur Behandlung der Reben pflanzliche Präparate wie etwa Fencheltee oder Backpulver. Erlaubt sind zur Behandlung außerdem kleine Mengen von Schwefel und Kupfer, dazu Pflanzenstärkungsmittel und Öle.

Der biologische Weinbau, wie er meist verkürzt genannt wird, geht von einem ganzheitlichen Ansatz der Bewirtschaftung aus und sucht durch die naturnahe Pflanzenpflege die Rebe selbst, aber auch den Boden sowie den Wasserhaushalt zu schonen. Das Ziel ist eine gesunde Pflanze auf einem gesunden Boden. Als Markenzeichen der Bio-Weinberge galten früher die mit Gras oder Kräutern bepflanzten Rebzeilen. Inzwischen ist die Weinbergbegrünung aber auch bei konventionellen Winzern Standard.

Die Zertifizierung der Bioweingüter erfolgt durch die jeweiligen Verbände und unterliegt strengen Kontrollen, die mindestens einmal im Jahr stattfinden. Zertifizierungen und Kontrollen werden durch staatliche Kontrollstellen vor Ort durchgeführt. Bei den Kontrollen werden die Buchführung, der Einkauf, der Verkauf, die Deklaration, Lager und Produktionsräume überprüft, für Verstöße drohen harte Strafen. Die Umstellung vom konventionellen auf den biologischen Weinbau dauert drei Jahre.

Biologisch-Dynamischer Weinbau

Der biologisch-dynamische Weinbau geht von einer noch umfassenderen Sicht des "landwirtschaftlichen Organismus" aus, den es zu schützen gilt, und der in Harmonie mit der gesamten Umgebung existiert. Bio-Dynamisch arbeitende Winzer ergänzen die ökologische Bewirtschaftung mit Präparaten, die auf den Anthroposophen Rudolph Steiner zurückgehen. Als Dünger werden in der Biodynamik in der Regel mit Kuhmist oder Kuhkiesel gefüllte Kuhhörner benutzt, die im Weinberg vergraben werden. Sie sollen die Erde verlebendigen und die Entwicklung der Pflanzen und ihrer Lebenskräfte fördern. Der Extrakt aus den Hörnern wird in lauwarmes Wasser eingerührt, das so dynamisiert wird. Mit dem Sud werden die Blätter bespritzt, die Wirkung wird mit der Homöopathie beim Menschen verglichen.

Sven Leiner gräbt die Hörner aus

Die Idee zur biodynamischen Landwirtschaft stammt von dem Anthroposophen Rudolf Steiner, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Lehre von der ganzheitlichen, in die kosmische Ordnung eingebettete Lebensweise des Menschen entwickelte. Vor 90 Jahren, im Jahr 1924 entwarf Steiner auf einem Seminar die Idee des "landwirtschaftlichen Organismus", der als Individualität angesehen wird und seine eigene Charakteristik hat. Als besonders wichtig galt Steiner die Belebung des Bodens und die Förderung und der Erhalt einer dauerhaften Fruchtbarkeit, dafür erfand er die Düngermethoden mit Hornkiesel und Hornmist.

Zugelassen sind außerdem kleine Mengen von Kupfer und Schwefel, dazu die Anwendung von Kräutern wie Baldrian, Schachtelhalm und Kamille, dazu Milchprodukte und Pflanzenöle. Auch der Einfluss des Mondkalenders wird beim biologisch-dynamischen Anbau berücksichtigt.

In Deutschland und auch international steht das Markenzeichen Demeter für biologisch-dynamische erzeugte Produkte. 58 Weingüter gehören dem deutschen Demeter-Verband an, weltweit gibt es mehr als 616 Demeter-Weingüter mit mehr als 8200 Hektar Rebfläche.

Auswahl der Gourmetwelten an Demeter-Weingütern:

Weingut Brüder Dr. Becker

Weingut Janson Bernhard

Weingut Beurer

Weingut Christ

Weingut Duijn

Weingut Gustavshof

Weingut Gysler

Weingut Peter Jakob Kühn

Weingut Jürgen Leiner

Weingut Odinstal

Weingut Pflüger

Weingut Sander

Weingut Zähringer

Weingut im Zwölberich

Ecovin arbeitet eng mit Demeter zusammen, hier eine Auswahl:

Lauffener Weingärtner eG

Weingut Abril

Weingut Battenfeld-Spanier

Weingut Clemens Busch

Weingut Klumpp (Foto Markus Klumpp)

Weingut Kühling-Gillot

Weingut Laurentiushof

Weingut Hubert Lay (gerade auf der Next Organic Berlin verkostet, ein Riesling ohne Schwefel, sensationell!!!)

Weingut Oberstleutnant Liebrecht

Weingut Ökonomierat Lind

Weingut Steffens-Keß

Top-Auswahl Naturland:

Weingut Am Stein, Weingut Hahnmühle, Weingut Prinz Salm, Weingut Roth, Weingut Wittmann

Verband Biodyvin:  Dr. Bürklin-Wolf, Mugler

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