BioSpitzenköche Sekundäre Pflanzenstoffe schützen den Körper

Von Claudia Urban

Pflanzen sind wichtige Lieferanten von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten, Vitaminen und Spurenelementen. Diese decken den täglichen Nährstoffbedarf des Menschen und sind für den menschlichen Stoffwechsel überlebenswichtig. Der Genuss von pflanzlichen Lebensmitteln wird darüber hinaus auch wegen der enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe empfohlen.

Diese Stoffe finden sich versteckt in ganz unterschiedlicher Form in den Pflanzen - als Bitterstoffe in Grapefruit und Orange zum Beispiel. Aber auch als gelbe, orange, rote oder blaue Farbstoffe in Äpfeln, Karotten, Tomaten, Weintrauben oder Kirschen sowie als Aromastoffe in Gewürzen, Kräutern und Salaten. Pflanzen bilden einige der Stoffe zum Schutz vor Fressfeinden und Krankheitserregern. Andere dienen ihnen als Lockmittel für die Fortpflanzung, als Wachstumsregulatoren oder Schutz vor UV-Strahlen.

Je nach ihrer chemischen Struktur und der Funktion, die sie in den Pflanzen haben, unterteilt man sie in verschiedenen Gruppen: in Carotinoide, Sulfide, Phytosterine, Flavonoide und viele mehr. Inzwischen liegen zahlreiche Untersuchungen vor, die zeigen, dass sie auch beim Menschen vielfältige positive Wirkungen haben. Sie vermindern zum Beispiel das Krebsrisiko. «Wahrscheinlich wirken viele dieser Stoffe im menschlichen Körper als Antioxidantien», erklärt Hartmut Henß vom Krebszentrum des Universitätsklinikums Freiburg (CCCF). Auch eine Reihe weiterer krebshemmender Wirkmechanismen bestimmter Gruppen sekundärer Pflanzenstoffe sind bekannt.

Einige Gruppen der sekundären Pflanzenstoffe gelten als wirksam bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, indem sie den Blutdruck oder den Cholesterinspiegel senken, Phytosterine zum Beispiel. Mit anderen werden spezielle blutzuckersenkende, entzündungshemmende, cholesterinsenkende oder gegen Thrombose gerichtete Wirkungen verbunden.

«Aus heutiger Sicht bringt es aber nichts, eine Substanz vier- oder fünfmal am Tag zu essen, etwa fünfmal am Tag nur Tomaten», sagt Henß. Beim Menschen sind solche Einzelwirkungen meist nicht wissenschaftlich bewiesen, allenfalls in Tierversuchen oder durch Tests mit den Reinsubstanzen im Labor. Damit der Mensch die Substanzen in so großen Mengen aufnehmen kann, müssen sie zum Beispiel wasserlöslich sein. Viele der bekannten sekundären Pflanzenstoffe sind das aber nur in geringem Maße, so Henß.

Vieles spricht dafür, dass sich die unterschiedlichen Pflanzenstoffe gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. «Es gibt Studien, die zeigen, dass je größer die botanische Vielfalt bei der Ernährung ist, umso stärker auch der gesundheitliche Nutzen ausfällt», sagt Prof. Bernhard Watzl vom Max-Rubner-Institut in Karlsruhe. Ein möglichst bunter Mix aus vielen verschiedenen Obst- und Gemüsesorten und anderen Pflanzen sollte daher auf dem Speiseplan stehen.

Manche Pflanzen enthalten besonders viele der gesunden Substanzen. «Einheimische Gemüse der Saison wie Möhren, Spinat, Brokkoli oder Kohl sind Vielträger sekundärer Pflanzenstoffe», sagt Harald Hoppe, BioSpitzenkoch und Ernährungsexperte der Kampagne Inform. Auch Obst, Waldfrüchte, Kräuter und Gewürze wie etwa Safran, Gelbwurz, Curry oder Knoblauch enthalten große Mengen und gehören auf den Tisch.

Auch bei der Zubereitung spricht vieles für Vielfalt, und vor allem dafür, Obst und Gemüse öfter auch unverarbeitet zu essen, rät Watzl. Denn durch Schälen oder Erhitzen gehen viele der gesunden Stoffe verloren. Die wertvollen Flavonoide etwa sitzen vor allem in der Schale von Getreide, Obst und Gemüse. Die fettlöslichen Carotinoide wie Lycopen aus der Tomate kann der Körper nur gemeinsam mit Fett aufnehmen.

Um sekundäre Pflanzenstoffe und andere wichtige Pflanzenverbindungen in ausreichender Menge aufzunehmen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung täglich fünf Portionen oder 650 Gramm Obst und Gemüse, davon etwa 400 Gramm als Gemüse und Salat und 250 Gramm als Obst. Eine neue große Studie am University College London zeigt sogar, dass der Gesundheitseffekt mit täglich mindestens sieben Portionen wahrscheinlich noch wesentlich größer ist.

Das Problem: Die meisten Menschen schaffen täglich noch nicht mal fünf Portionen. Der durchschnittliche Verzehr in Deutschland beim Gemüse zum Beispiel beträgt laut Watzl nur 124 Gramm am Tag. Oft liegt das an falschen Rezepturen und Ernährungsstrategien, sagt Hoppe. Ein Smoothie hin und wieder ist eine leckere Abwechslung. In die gemixten Obst- und Gemüsedrinks lassen sich auch Wildpflanzen gut integrieren. «Wildpflanzen enthalten richtige Pakete von sekundären Pflanzenstoffen», sagt Hoppe. Auch eine Rohkostplatte mit Dips oder gegrilltes Gemüse ist gute Sache.

Bioprodukte haben beim Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen nachweislich die Nase vorn. Sie bekommen keinen Kunstdünger ab und können besser ausreifen. In einer kürzlich veröffentlichten großen Studie wurden in Bioprodukten bis zu 60 Prozent mehr der bioaktiven Substanzen nachgewiesen als in konventionellem Obst und Gemüse. dpa

(Die Vereinigung BioSpitzenköche ist Teil eines Projekts des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN), das vom Bundesernährungsministerium initiiert wurde.)