Boom für Biowein

Von Thomas Maier

In seinem steil gelegenen Weinberg bei Eltville hat Michael Albrecht in den noch kalten Frühlingstagen das alte Rebholz verkleinert. Ausgelegt zwischen den Weinstöcken soll es als Dünger dienen. Wenn dann Anfang Mai die Blüte der Reben beginnt, sät der Winzer in den Fluren viele Grünpflanzen aus, um die Qualität der Erde auf natürliche Weise zu verbessern. Die Gesundheit des Bodens zählt zu den Eckpfeilern im ökologischen Weinbau. «Der Boden soll die Rebe ernähren und nicht der Kunstdünger», sagt Albrecht.

Der bärtige 50-Jährige gehört zu den Pionieren des Öko-Weinbaus. Als er 1988 als junger Weinbaustudent völlig unerwartet nach dem Tod seines Großvaters den Betrieb erbte, stellte er sofort um. Im selben Jahr gründete der ehemalige Pfadfinder mit vier anderen die Regionalgruppe von Ecovin. Der Ökoverband feiert in diesem Jahr im Rheingau sein 25-jähriges Bestehen.

Vor einem Vierteljahrhundert wurde Albrecht noch belächelt - heute boomt der Bioweinbau. Die Fläche hat sich nach Zahlen des Deutschen Weininstituts (Mainz) von 2006 bis 2010 auf 5400 Hektar verdoppelt. Seit dem vergangenen Jahr gibt es nun neben europaweit verbindlichen Richtlinien auch ein EU-weites Logo für Biowein.

Bundesweit werden etwa sechs Prozent der Rebfläche ökologisch bewirtschaftet. Im Rheingau, wo vor allem Riesling angebaut wird, sind es nach Angaben Albrechts sogar mehr als zehn Prozent. Dazu gehören auch immer mehr Spitzenweingüter, die zumindest auf Versuchsflächen damit experimentieren. Und unter den konventionellen Winzern gibt es inzwischen kaum jemand, der von sich nicht behauptet, er würde zumindest «naturschonend» arbeiten.

Doch für den Ökoweinbau gelten strenge Regeln, die von Sachverständigen überprüft werden. Biowinzer gehen gegen Schädlinge und Pilzkrankheiten nicht mit der chemischen Keule vor. Sie spritzen stattdessen Kräuterextrakte zur Stärkung der Reben. Speziell entwickelte Geräte wie die Unterstockbürste pflegen die Reben, eine Maschine mit vier kleinen Spaten lockert den Boden und verhindert damit die Erosion.

Beim Kampf gegen den falschen Mehltau vertrauen die Öko-Winzer aber genauso wie ihre konventionellen Kollegen auf das Spritzen von Kupfer. Derzeit liefen Untersuchungen, wie das Metall die Bodenqualität in den Öko-Hängen beeinträchtigt, sagt Albrecht.

Wenn der Wein mal auf der Flasche ist, dann lässt sich zwar nicht feststellen, ob es ein Bio-Wein ist. Sicher ist jedoch, dass der Öko-Weinbauer naturschonender arbeitet. In punkto Qualität müssen sich die Bio-Winzer ohnehin nicht mehr verstecken. Im Rheingau gehören Top-Güter wie Graf von Kanitz, Peter Jakob Kühn oder Hans Lang dazu.

Im Öko-Weinbau liegen wegen der schonenden Anbauweise die Erträge um 20 bis 30 Prozent niedriger, im Schnitt sind es maximal rund 60 Hektoliter pro Hektar (1 Hektoliter = 100 Liter). Daher ist der Öko-Wein in der Regel auch teurer. Michael Albrecht gehört mit den sieben Hektar seines Weinguts zu den kleineren Betrieben. Er baut seine Weine traditionell in Holzfässern und Kunststofftanks aus. Auf kostspielige Kellertechnik mit Stahltanks verzichtet er. Die Qualität wachse im Weinberg, sagt der 50-Jährige, der seit Jahren regionaler Sprecher von Ecovin ist.

Der Verband ist bundesweit das größte Bio-Label im Weinbau. Auch Verbände wie Bioland, Naturland oder Demeter haben Öko-Winzer, die alle ähnlich arbeiten. An der hessischen Bergstraße gibt es das Gut Feligreno. Drei Familien bauen im Nebenerwerb ihren Öko-Wein an.

Auch die Hochschule Geisenheim, die im Weinbau zu den weltweit führenden gehört, hat inzwischen einen eigenen Professor für Ökologischen Weinbau. Lehrstuhl-Inhaber Randolf Kauer bewirtschaftet selbst Steillagen in Bacharach am Mittelrhein. dpa

ecovin.de

Rheingau und Bergstraße: Weinanbau in Hessen

In Hessen gibt es zwei Weinanbauregionen: die Bergstraße und den Rheingau. Mit einer Rebfläche von 440 Hektar ist die Hessische Bergstraße das deutlich kleinere Anbaugebiet; der Rheingau zwischen Flörsheim am Untermain und Lorch im Mittelrheintal hat eine Anbaufläche von 3100 Hektar und ist damit rund siebenmal so groß.

In den steinigen Südhängen des Rheingaus wird vor allem Riesling angebaut; diese Sorte macht mit 2500 Hektar Rebland den Löwenanteil des Anbaugebiets aus, an zweiter Stelle folgt Spätburgunder. Eine eigene Riesling-Route führt auf 120 Kilometer durch Weinorte im Rheingau.

Riesling ist auch für die Bergstraße eine typische Rebsorte, doch werden entlang der alten Römerstraße «strata montana» auch Grauburgunder, Silvaner und Kerner sowie die roten Sorten Spätburgunder und Dornfelder angebaut. Genau genommen handelt es sich bei der Bergstraße um zwei räumlich getrennte Anbaugebiete: die größere «Region Starkenburg» südlich von Darmstadt und eine kleinere «Odenwälder Weininsel» rund um Groß-Umstadt.