Bundesverfassungsgericht bestätigt Deutschen Weinfonds

Nach Auffassung des Gerichts ist eine zentrale Absatzförderung im Bereich der Weinwirtschaft aufgrund der besonderen Gegebenheiten in diesem Sektor unverändert gerechtfertigt. Wie das Gericht betonte, sei die Erfüllung der Aufgabe, die Qualität und den Ruf des deutschen Weins insgesamt zu verbessern, für die deutsche Weinwirtschaft besonders bedeutsam und ihr insgesamt evident nützlich.

 

Der Vorstand des Deutschen Weinfonds, Monika Reule (Foto), zeigte sich unmittelbar nach Bekanntgabe des Urteils erleichtert. "Damit haben wir nach fünf Jahren der juristischen Auseinandersetzungen endlich Rechtssicherheit. Wir freuen uns sehr, dass mit dem Urteil nicht nur die Notwendigkeit eines Gemeinschaftsmarketings für deutschen Wein, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Finanzierungsgrundlage bestätigt wurde", so Reule.

Sie sei immer überzeugt gewesen, dass auch das Bundesverfassungsgericht letztlich, wie bereits alle Fachgerichte zuvor, die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe bestätigen würde.

"Wir werden uns nun schnell mit allen Kreisen der Weinwirtschaft an einen Tisch setzen und partnerschaftlich besprechen, wie wir das Gemeinschaftsmarketing für deutsche Weine im In- und Ausland im Sinne aller Beteiligten noch schlagkräftiger machen können", erläuterte Reule die nächsten Schritte.

Dankbar sei sie insbesondere all denjenigen, die die Abgaben in den vergangen Jahren ohne Widerspruch weiter gezahlt hätten und damit die Arbeit des Gemeinschaftsmarketing weiter ermöglicht und unterstützt hätten.

Mehrere Fachleute begrüßten die Entscheidung, unter ihnen die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Ulrike Höfken (Grüne). «Die Werbeeinrichtungen können nun wieder in vollem Umfang auf ihre Mittel zurückgreifen und für die deutschen sowie die rheinland-pfälzischen Weine werben», sagte sie.

Die gesamte deutsche Weinwirtschaft könne in diesem Bereich wieder positiv in die Zukunft schauen, meinte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Norbert Schindler.

«Das Urteil gibt uns Rückenwind für die zukünftige Arbeit im Interesse des Pfälzer Weins und der Pfälzer Weinbaubetriebe, denn nun ist die Finanzierungsgrundlage sicher», sagte die Vorsitzende der Pfalzweinwerbung, Theresia Riedmaier.

Und der weinbaupolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Wolfgang Schwarz, erklärte: «Rheinland-Pfalz als Weinbauland Nummer Eins in Deutschland profitiert von der Absatzwerbung für deutsche Weine in besonderer Weise». GW/dpa

Hintergrund: Auszüge aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts

Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen Weinabgaben auf Bundes- und Landesebene:

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts Verfassungsbeschwerden gegen die Abgabe zur Finanzierung des Deutschen Weinfonds und gegen eine landesrechtliche Abgabe zur Förderung des rheinland-pfälzischen Weines zurückgewiesen. Beide Regelungen sind kompetenzgemäß erlassen und genügen den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung von Sonderabgaben mit Finanzierungszweck.

Sachverhalt und Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer sind Weinkellereien und Winzer. Sie wenden sich gegen die Erhebung der Sonderabgabe zur Finanzierung des Deutschen Weinfonds, der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1140/12 darüber hinaus gegen die Erhebung der Sonderabgabe für die gebietliche Absatzförderung in Rheinland-Pfalz. Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Bescheide betreffen unterschiedliche Zeiträume in den Jahren 2008 bzw. 2009. Vor den Verwaltungsgerichten blieben die hiergegen gerichteten Klagen in allen Instanzen erfolglos.

2. Der Deutsche Weinfonds ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Aufgabenschwerpunkt bei der Qualitäts- und Absatzförderung für Wein und sonstige Erzeugnisse des Weinbaus liegt (§ 37 Abs. 1 des Weingesetzes - WeinG). Zur Finanzierung seiner Tätigkeit wird nach § 43 Abs. 1 WeinG die „Abgabe für den Deutschen Weinfonds“ erhoben. Winzer haben eine sog. Flächenabgabe in Höhe von 0,67 Euro je Ar der Weinbergsfläche, Abfüller und Auslandsvermarkter inländischen Weines eine sog. Mengenabgabe in Höhe von 0,67 Euro je 100 Liter zu entrichten. Im Jahr 2009 betrug das Aufkommen aus der Abgabe 11 Millionen Euro. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient sich der Deutsche Weinfonds dreier Gesellschaften mit beschränkter Haftung: des Deutschen Weininstituts, der Deutschen Weinakademie und der Weinwerbe GmbH.

3. Das Land Rheinland-Pfalz erhebt von den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten der Weinbergsflächen im Landesgebiet eine zusätzliche Abgabe auf Grundlage von § 1 des rheinland-pfälzischen Absatzförderungsgesetzes Wein (AbföG Wein). Je nach Anbaugebiet beträgt diese jährlich 0,77 oder 0,87 Euro je Ar. Die Einnahmen aus der Abgabe - jährlich rund 5 Millionen Euro - dürfen nur zur Förderung des Absatzes von in Rheinland-Pfalz erzeugten Weinen verwendet werden.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

1. Die Abgabe für den Deutschen Weinfonds ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

a) Die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung dieser Sonderabgabe folgt aus den Sachzuständigkeiten des Bundes für die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG) und das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG); diese Kompetenzgrundlagen tragen jedenfalls in ihrer Kombination die getroffenen Regelungen. Soweit auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zurückzugreifen ist, liegen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG für die Inanspruchnahme der Bundeskompetenz vor. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine wirksame und koordinierte Absatzförderung, die auch der Exportwirtschaft Absatzmärkte erschließen können soll, eine Bundesregelung erforderlich macht.

b) Die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung und Verwendung der bundesrechtlichen Weinabgabe genügen den - nachfolgend angesprochenen - finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung von Sonderabgaben mit Finanzierungszweck (Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 105 GG und Art. 110 GG).

aa) Mit der Abgabe werden über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehende Sachzwecke verfolgt. Aus dem Abgabeaufkommen sollen unter anderem die Qualität des Weins sowie der Absatz des Weins und sonstiger Erzeugnisse des Weinbaus gefördert werden (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 WeinG).

bb) Die Belastung mit der Abgabe trifft eine homogene Gruppe.

Dass Weinerzeuger und Weinabfüller sich als Verkäufer und Abnehmer mit naturgemäß gegenläufigen Interessen begegnen, ist unschädlich. Die Homogenität einer Gruppe wird durch Konkurrenz oder sonstige Interessengegensätze zwischen Gruppenangehörigen nicht in Frage gestellt, sofern zugleich ein gemeinsames Interesse im Hinblick auf den Abgabenzweck besteht. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen Betrieben auf unterschiedlichen Stufen der Herstellung und Vermarktung eines Endprodukts.

Die Gruppenhomogenität kann nicht durch Hinweise darauf in Abrede gestellt werden, dass Abfüller ein geringeres Interesse an herkunftsbezogener Werbung hätten oder einzelne Abfüllbetriebe vorwiegend Verschnitte im Niedrigpreissegment verarbeiteten. Die herkunftsbezogene Gemeinschaftswerbung erfasst nach den vorliegenden Zahlen etwa 95 Prozent der im Inland abgesetzten Produkte und einen nicht unerheblichen Teil der exportierten Weine. Zudem ist davon auszugehen, dass ein durch erfolgreiche gebietsbezogene Absatzförderung erzielter Imagegewinn auch auf die nicht unmittelbar beworbenen Weine abfärbt.

Gesichtspunkte der Abwälzbarkeit der Abgabenlast sprechen ebenfalls nicht gegen die Homogenität der abgabebelasteten Gruppe. Verfassungsrechtlich relevant wären solche Gesichtspunkte nur, wenn die Überwälzung auf Dritte keine bloße marktabhängige Möglichkeit, sondern die rechtlich vorbereitete und vorgesehene Regelfolge der Abgabenbelastung wäre. Davon kann hier keine Rede sein.

Aktenzeichen: 2 BvR 1139/12