Chili, Curry & Scoville Wenn Männer weinen

Von Nico Pointner

Felix Jentsch wird mit jedem Bissen stiller. Seine Hände zittern jetzt ein bisschen, auf seinen Augen liegt ein glasiger Film. Er kaut weiter, schiebt sich mit seiner Plastikgabel das nächste Stück Wurst in den Mund. Ein Passant bleibt stehen, beobachtet sein rotes Gesicht. Der 22-Jährige hat die Nummer Zehn bestellt, mit Pommes und einer Extraportion Mayonnaise. Oft passiert das nicht. Dabei ist Jentsch eigentlich zu nervös gewesen, um überhaupt hungrig zu sein.

Ein halbes Jahr arbeitete der Publizistik-Student auf diesen Moment hin, er kam immer wieder zum Training, hat seine Würste jedes Mal eine Stufe schärfer bestellt. Nach der Nummer Neun hatte er einen ganzen Tag lang Magengrummeln. Jetzt also die Zehn. «Reiner Selbstzerstörungstrieb», sagt sein Kollege, der das schmerzhafte Schauspiel mit seinem Handy filmt.

Nach zwei Minuten schluckt Jentsch den letzten Bissen runter, schnäuzt sich und hält seinen Bauch. Das ist der Moment, in dem die Schärfe in die Magengrube kriecht. Der Moment, in dem das Chili-Extrakt an den Schleimhäuten ätzt. Es ist der Moment, in dem Jentsch seine Bestellung vermutlich bereut. «Es drückt und rumort», sagt er und krümmt sich ein wenig. Dann stöhnt er und bestellt sich einen halben Liter Schokomilch.

«Wenn's gar nicht geht, dann Finger in den Hals und raus damit», sagt Frank Spieß von der Seite. Er sieht das Leid jeden Tag: Atemnot, Schweißausbrüche, Schluckauf, Magenkrämpfe. Und dann erst das Brennen im Mund. Spieß hat es selbst oft genug erlebt. «Du denkst, da geht einer mit einem Tackergerät in die Zunge rein.»

Frank Spieß verkauft Schmerzen auf weißen Papptellern. Wer seine Wurstbude in Berlin-Wedding besucht, bekommt zuerst seine Soßen-Sammlung zu sehen. «Das ist unser Treppchen», sagt er und zeigt auf die Anrichte hinter dem fettverschmierten Glas. Zehn dunkelrote Fläschchen reihen sich auf dem Podest, sie heißen «Fire Blaster», «Scream Hot Sauce» oder «Jolokia Nightmare». Spieß hat die meisten im Internet bestellt. «Eins bis Drei sind sehr fruchtig, das ist die untere Liga für Einsteiger», erklärt er. Auf der Vorderseite der Plaketten prangen Teufelsfratzen und Totenköpfe, auf der Rückseite stehen Haftungsverzichterklärungen.

Auf jeder Flasche steht eine Zahl mit vielen Nullen. Scoville heißt die Maßeinheit für Schärfe. Tabasco hat bis zu 5000 Scoville, ein handelsübliches Pfefferspray rund zwei Millionen. Darüber kann Spieß nur lachen. Ganz oben auf seiner Treppe thront eine kleine Flasche mit der Aufschrift «Gold Edition», gefüllt mit einer pechschwarzen Flüssigkeit. Die Nummer Zehn. 7,7 Millionen Scoville.

Es ist stickig in dem feuerroten Container-Imbiss, sechs Quadratmeter Fritteusendunst. Die Pommes brutzeln im Fett, ein paar Buletten schwimmen in dunkelroter Soße. In der Mittagszeit bildet sich vor der Bude eine kleine Schlange. «Ein bisschen schärfer», ordert ein Kunde von draußen durchs Fenster. «Was heißt denn ein bisschen?», fragt Spieß. «Wenig!», ruft der Mann und lacht. «Mach doch mal 'ne Fünfer mit Brötchen, musst ja nicht mehr arbeiten heute», sagt der Nächste.

Spieß zerteilt die Würste mit Zange und Messer in mundgerechte Happen, streut das Paprikapulver drauf und gibt sein hausgemachtes Ketchup dazu. Dann träufelt der 50-Jährige seine von Scoville strotzenden Soßen auf die Wurststücke, drei bis vier Tropfen pro Portion. 150 Würste und zehn Kilo Pommes reicht Spieß am Tag durch sein kleines Glasfenster. «Hier dürfen auch Männer weinen», steht auf seinem dunkelblauen Pulli.

Nach einer Schätzung des Bundesverbandes Schnellgastronomie und Imbissbetriebe servieren von den bundesweit 40 000 Imbissbuden und Schnellrestaurants rund die Hälfte Currywurst. Der würzige Snack gilt als eines der beliebtesten Fastfood-Gerichte der Deutschen. Der Verband schätzt die Zahl der hierzulande verspeisten Würste auf 400 Millionen pro Jahr, das Deutsche Currywurst-Museum in Berlin nennt sogar die doppelte Menge.

Berlin gilt vielen als Hauptstadt der Currywurst. «Für Berlin ist das ein Teil Stadtkultur, aber auch in Hamburg und im Ruhrgebiet sehr wichtig», sagt der Potsdamer Mediziner Hans-Georg Joost vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Doch nur selten wird die Currywurst so scharf serviert wie bei Spieß.

Spieß war früher Maurer, dann arbeitslos. Vor acht Jahren entdeckt er den leeren Container, auf der großen Kreuzung an der Straßenbahnhaltestelle Osloer Straße. Autos rauschen vorbei, im Minutentakt spülen die Trambahnen Besucher an. Der Ort gefiel Frank Spieß damals sofort. Doch Wurstbuden gibt es viele in Berlin, er musste sich etwas einfallen lassen. «Curry kriegst du ja an jeder Ecke», sagt Spieß. Curry, die wehtut, nicht.

1,50 Euro kostet eine Wurst, für die drei schärfsten Soßen zahlen die Gäste 30 Cent Aufschlag. «Ist ja Wedding hier», sagt Spieß. Mittlerweile kommen die Besucher auch aus anderen Stadtteilen, sogar aus Polen und Österreich reisen sie an. Nicht alle wollen sich im Essen messen. Der scheidende Berliner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, wohnte bisher gleich um die Ecke. Woelki, der im September in sein neues Amt als Kölner Erzbischof eingeführt wird, sei alle paar Wochen auf eine milde Curry-Bulette vorbeigekommen, erzählt Spieß. «Arbeitslose, Junkies, Schlipsträger - meine Kunden sind alle gleich.»

Viele Gäste suchen die Mutprobe. Spieß erzählt von dem muskulösen Typen, der Schweißperlen auf der ganzen Glatze bekam. Vom Münchner Fleischer, der erst prahlte und sich nach der Zehn wortlos aus dem Staub machte. Von der spindeldürren Oma, die immer Stufe Neun verlangte, aber nicht mehr scharf isst, seit sie sich beim Duschen den Rücken verbrannt habe. Spieß kann stundenlang erzählen.

«Für mich sind das Helden», sagt er. An seiner Bude kleben Dutzende Sticker mit geröteten Gesichtern darauf. Wer alle zehn Schärfegrade schafft, wird Mitglied im Curry Club und mit einem Porträtbild am Stand verewigt. «Der Jens isst immer eine 7 oder eine 9. Der Frank ist Pfarrer hier, sein Sohn kommt viermal die Woche. Und die Annett ist auch krass, die ist eine, die beißen kann.» 18 Jahre alt müssen die Club-Anwärter sein, und innerhalb eines halben Jahres alle Soßen essen. Spieß führt Stempelkarten für die Aspiranten.

Aus den hartgesottenen Gästen rekrutiert er sein Team für die deutschen Schärfe-Wettessen. «Du brauchst eine Topmannschaft.» Fünfmal hat er schon den Titel geholt. Gut sichtbar stehen die Pokale im Glasfenster seiner Wurstbude, gleich neben den feurigen Bonbons und den Chili-Chips. Vor dem Fenster präsentiert eine Slideshow Bilder von den Wettbewerben, erschöpfte Männer mit Milchtüten in den Händen und Plastikeimern zwischen den Beinen. «Es geht um die Ehre», sagt Spieß.

«Das sind alles Profis heutzutage», erzählt er. Daheim würzt er sein Essen mit Chilipulver wie andere mit Salz und Pfeffer. Damit seine vernarbten Schmerzrezeptoren sich nicht erholen. Damit sein abgehärteter Gaumen nicht verweichlicht. «300 000 bis 700 000 Scoville sind für mich normal», sagt er. Spieß will im Training bleiben.

Vor den Meisterschaften quält er sich wochenlang mit der Bhi Jolokia. Die Paprika aus dem Nordosten Indiens gilt als eine der schärfsten Chilis der Welt. «Eine Million pur hat die», sagt Spieß. Er beißt sie Stück für Stück ab und kaut, holt den ganzen Saft aus der roten Gemüsefrucht, mindestens zwei Minuten lang. «Ich saug die so richtig aus», sagt er. Dann verteilt sich die Schärfe auf der Zunge, zwischen den Zähnen, im Rachen. Sobald das Feuer etwas nachlässt, kippt Spieß einen Schluck Sprudel nach. «Dann macht es Peng.» Es ist der masochistische Höhepunkt seines Trainings.

Gegen den Schmerz hilft nicht viel. «Alles, was hohen Fettgehalt hat, Kakaomilch, Joghurt, am besten Majo.» Und Ablenken. «Du kannst es besser kontrollieren, wenn du an Erdbeertorte denkst.» Nicht alle überstehen die Qualen. Eine Frau sei bei einem Wettessen an seiner Bude schon kollabiert: Kreislaufzusammenbruch. Mittlerweile steht bei Meisterschaften immer ein Krankenwagen bereit, ein Arzt misst Puls und Blutdruck der Teilnehmer.

Damit sich seine Gäste nicht zu viel zumuten, fragt Spieß sie nach ihren Essgewohnheiten. «Probier erstmal die Acht, dann kannst du immer noch nachwürzen», sagt er zu einer jungen Frau, die selbstsicher die Zehn bestellt hat, und reicht ihr die Acht durchs Fenster. Sie kaut, guckt, noch ein Biss. Und hat dann genug. «Ich würde keine zwei hintereinander essen», sagt sie, während ihr Freund sie anstarrt. Dann schaut sie mit glasigen Augen an die Budenwand, zur Ahnenreihe der Schmerzlegenden. «Irgendwann probier ich mal die Zehn», sagt sie, während Spieß ihre Stempelkarte ausfüllt. «Vielleicht hänge ich dann auch hier.» dpa

(Curry & Chilli, Osloer Str./Prinzenallee Berlin)

Update: Erste Schärfe-WM in Berlin

Chili-Profis haben sich am Samstag bei der ersten Weltmeisterschaft im Schärfe-Wettessen in Berlin gemessen. 15 Mutige aus 9 Ländern nahmen teil, pro Runde schied je ein Wettesser aus. Am Ende triumphierte Stephan Kühne für Mazedonien als Weltmeister. Silber ging an Deutschland, Bronze an Polen.

Mehrere Hundert Schaulustige sahen dabei zu, wie sich die Konkurrenten am Imbiss «Curry & Chili» in Berlin-Wedding hocharbeiteten. Es ging mit einer Curry-Soße los, die 10 000 Scoville, die Maßeinheit für Schärfe, hatte. In der letzten Runde waren es 7,7 Millionen Scoville. Die vier schärfsten Chilisorten der Welt kamen laut Imbissinhaber Frank Spieß zum Einsatz. Zwischenzeitlich mussten Teilnehmer ärztlich betreut werden. «War 'ne heiße Nummer hier», resümierte Spieß. dpa

Scoville - eine Messlatte für die Schärfe

Scharf, schärfer, am schärfsten - Scoville heißt das Maß, wenn es um brennende Gaumen und grummelnde Mägen geht. Der Pharmazeut Wilbur Scoville aus Detroit entwickelte 1912 die nach ihm benannte Skala, um die Schärfe von Paprikas zu messen. Daraus entstanden die sogenannten Scoville Heat Units (SHU).

Bei der Messung geht es darum, Extrakte von Chili-Proben immer weiter zu verdünnen, bis keine Schärfe mehr auf der Zunge spürbar ist. Das Extrakt der bekannten Sorte Tabasco muss zum Beispiel im Verhältnis eins zu 120 000 verdünnt werden. Die Chili-Sorte Orange Habanero hat hingegen 210 000 SHU. Das chemisch reine Capsaicin hat 16 Millionen SHU.

Das große ABC der Currywurst

A WIE AUTOMAT: Saarbrücker Studenten haben eine Currywurst-Maschine erfunden. Der «Currymax» bereitet den Snack in etwa sieben Minuten zu. Die Wurst wird automatisch per Heißluftföhn gegrillt, in einem Schneidewerk zerteilt und dann mit Currysoße übergossen.

B WIE BRIEFMARKE: Unter dem Titel «In Deutschland zu Hause: Einfallsreichtum - Deutsche Erfindungen» schaffte es die Currywurst 2011 zusammen mit Thermoskanne und Teebeutel auf eine 45-Cent-Briefmarke der Deutschen Post.

C WIE CURRY-KRIEG: Seit Jahren streiten sich Hamburg und Berlin um den Titel «Heimatstadt der Currywurst». Wo sie erfunden wurde, wird vermutlich niemals abschließend geklärt werden.

D WIE DARM: Mit oder ohne? - Das ist die Frage, wenn es in Berlin um die Currywurst geht. Den kulinarischen Renner gibt es in der Hauptstadt wahlweise mit oder ohne Naturdarm.

E WIE ENTDECKUNG DER CURRYWURST: So heißt eine 1993 erschienene Novelle von Uwe Timm, die Hamburg zur Heimatstadt der Currywurst erklärt. 2008 wurde die Geschichte verfilmt.

F WIE FESTIVAL: Zum achten Mal hat das rheinland-pfälzische Neuwied Anfang Februar das «Festival der Currywurst» mit schätzungsweise 60 000 Besuchern gefeiert. Dutzende Stände lockten mit Wurstkreationen.

G WIE GRÖNEMEYER: «Gehse inne Stadt, wat macht dich da satt? Ne Currywurst. Kommse vonne Schicht, wat schönret gibt et nich als wie Currywurst», sang Herbert Grönemeyer schon 1982 über die Kalorienbombe. Der Text stammt von Schauspieler Diether Krebs.

H WIE HERTA HEUWER: Die Kioskbesitzerin gilt zumindest in Berlin als die Mutter der Currywurst. Sie soll die Soße erstmalig 1949 in Charlottenburg aus Langeweile zusammengerührt haben.

I WIE IMBISS: Eine Gedenktafel aus Edelstahl in der Kantstraße 101 in Berlin erinnert an Heuwers damalige Imbissbude, womöglich die Geburtsstätte der Currywurst.

J WIE JEDERMANN: Die Currywurst gilt als volksnahes Gericht. Sie ist trotzdem schon lange salonfähig in hohen Kreisen: Gerhard Schröder aß sie zu Kanzlerzeiten beispielsweise gerne bei offiziellen Terminen, zum Beispiel 2002 beim Berlin-Besuch des damaligen US-Präsidenten George W. Bush. Der bevorzugte allerdings Apfelstrudel.

K WIE KALORIEN: Allein die Wurst hat schon rund 400 Kalorien - fast so viel wie eine 100-Gramm-Tafel Vollmilchschokolade. Soße und Pommes dazugerechnet, kommt der Liebhaber schon auf über 1000 Kalorien - etwa die Hälfte des Kalorien-Tagesbedarfs für einen Erwachsenen, der am Schreibtisch arbeitet und kaum Sport treibt.

L WIE LEIBSPEISE: Nach einer vor kurzem in Düsseldorf vorgelegten Auswertung des Menüanbieters Apetito ist die «Currywurst mit Westernpommes» bereits seit mehr als einem Jahrzehnt unangefochten das Lieblingsessen der Deutschen in der Kantine am Arbeitsplatz.

M WIE MANTAPLATTE: heißt eine Kombination aus Currywurst mit Pommes frites, Ketchup und Mayonnaise, die vor allem im Ruhrgebiet beliebt ist. Das Menü wird auch süffisant «Schimanski-Teller» genannt, nach dem legendären Tatort-Kommissar. Weitere Kosenamen für die Currywurst sind «Asi-Teller», «Bratwurst-Carpaccio» oder «Kanzler-Teller».

N WIE NUMMER 721319: So lautet die Nummer, unter der die Berlinerin Heuwer sich ihre Currywurst-Soße im Jahre 1959 patentieren ließ. Ihr extravaganter Name dafür: «Chillup».

O WIE OPIUM DES VOLKES: 800 Millionen Currywürste verdrücken die Deutschen laut dem Deutschen Currywurst-Museum jedes Jahr. 70 Millionen davon allein in der Bundeshauptstadt.

P WIE PLAKAT: «Currywurst ist SPD» - mit diesem Slogan zogen Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten 2012 in den Landtagswahlkampf. Das Plakat ging als Sieger aus einem Wettbewerb hervor und bekam Tausende «Gefällt mir»-Klicks auf Facebook.

Q WIE QUALEN: Curry hat stets eine gewisse Würze, doch manche Imbissbudenbesitzer tröpfeln geradezu höllisch scharfe Soßen auf die Wurst. Statt Geschmack gibt es dann Atemnot, Magenkrämpfe und Schweißausbrüche.

R WIE RUHRGEBIET: Neben Berlin und Hamburg gilt das Ruhrgebiet als die dritte Hochburg der Currywurst. Im Gegensatz zur Hauptstadt ist die Currywurst dort häufig keine Brüh- sondern eine würzige Bratwurst und wird meist mit einer Schneidemaschine statt von Hand zerkleinert.

S WIE SCOVILLE: Scoville bezeichnet das Maß für Schärfe. Benannt ist die Skala nach dem US-Pharmazeuten Wilbur Scoville. Die Skala reicht von Null bis 16 Millionen.

T WIE TOURISTENATTRAKTION: Für Berlin-Besucher ist die Wurst eine Attraktion für sich. Sie zieht es meist zu bekannten Imbissen wie Konnopke oder Curry 36 sowie in das 2009 eröffnete Currywurst-Museum.

U WIE UNGENIESSBAR: Die Nationalelf musste auf Currywurst bis zum Weltmeistertitel verzichten. Mannschaftskoch Holger Stromberg achtete in Brasilien stets auf eine ausgewogene Ernährung für die Spieler.

V WIE VOLKSWAGEN: 1973 kam beim Autobauer in Wolfsburg die erste werkseigene Currywurst auf den Teller. 2012 produzierte die VW-Fleischerei in geheimer Rezeptur mehr als sechs Millionen Würste. Aneinandergereiht ergeben sie eine Strecke von Flensburg bis zum Gardasee.

W WIE WETTBEWERB: Ess-Meisterschaften rund um die Wurst werden in Deutschland immer beliebter. Dabei geht es in der Regel nicht um die Anzahl der verspeisten Würste, sondern um immer schärfere Soßen.

X WIE XXL: Die längste Currywurst der Welt: Werbewirksam schaffte es ein Großkücheneinrichter in Wolfenbüttel mit seiner 175,5 Kilogramm schweren und 320 Meter langen Currywurst ins Guinness Buch der Rekorde 2012.

Y WIE YOUTUBE: Wurst im Web: Auf 48 500 Treffer bringt es das Suchwort Currywurst auf dem Videoportal - mit Clips über Rezepte, Fernsehbeiträge und Schärfe-Wettessen. Die Currywurst-Community auf Facebook zählt mehr als 22 400 «Gefällt mir»-Klicks.

Z WIE ZUTATEN: Die klassische Currywurst besteht aus Schweinefleisch. Eine selbst gemachte Berliner Curry-Tunke enthält meist passierte Tomaten oder Tomatenmark, Currypulver, Chilipulver, Paprika edelsüß und rosenscharf, Worcestershiresoße, Zucker, Salz und Wasser. Als Geheimtipp gelten Coca Cola, Kaffee und Orangen. dpa

Wer hat's erfunden?

Hansestadt und Hauptstadt streiten seit Jahrzehnten: Wer hat denn nun die Currywurst erfunden? Mit seiner 1993 erschienenen Novelle «Die Entdeckung der Currywurst» reklamiert der Hamburger Schriftsteller Uwe Timm die Idee mit dem fettig-würzigen Snack jedenfalls klar für seine Heimatstadt. In der fiktiven Geschichte stolpert die Hanseatin Lena Brückner nach Kriegsende auf einer Treppe. In der einen Hand Curry, in der anderen Ketchup, vermischt sie die Zutaten - und kreiert per Missgeschick die Wurstsoße.

Die Berliner berufen sich stattdessen auf eine reale Person, Herta Heuwer. Selbst die Google-Suche spuckt die 1999 gestorbene Imbissbudenbesitzerin als Mutter der Currywurst aus. Laut dem Deutschen Currywurst-Museum in Berlin rührte Heuwer am 4. September 1949 in Charlottenburg aus Langeweile das erste Mal eine Soße aus Tomatenmark, Worcestershiresoße, Currypulver und anderen Gewürzen zusammen und goss sie über eine gebratene und klein geschnittene Brühwurst. Zehn Jahre später ließ sich Heuwer die Soße unter dem Namen «Chillup» als Patent Nummer 721319 schützen. Ihr Rezept nahm sie 40 Jahre später mit ins Grab.