Deidesheimer Hof Helmut Kohl als Gast

Von Jasper Rothfels

Kurz vor der Beisetzung von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) wird im Deidesheimer Hof besonders intensiv des «ganz unkomplizierten Gastes» gedacht. Während seiner Amtszeit hat Kohl manchen Staatsgast in das historische Lokal in Deidesheim geführt und war dort auch danach gern gesehen. Heute ist die «Kohl-Nische» im Gastraum, in der er bei seinen Privatbesuchen saß, verwaist. Sein Foto an der Wand ziert ein schwarzes Band.

Eigentümerin Luisa Hahn sagte, sie sei zutiefst schockiert gewesen, als sie von Kohls Tod erfahren habe. «Weil wir natürlich sehr, sehr eng verbunden sind mit der Familie Kohl, mit Herrn Dr. Kohl und auch seiner jetzigen Frau. Wir waren sehr, sehr traurig und sind sehr, sehr traurig», sagte Hahn.

Ungezählte Male hat der Staatsmann das Lokal in der Mitte des malerischen Weinortes besucht, zuletzt vor etwa ein bis eineinhalb Jahren. Dass er gesundheitlich schwer angeschlagen war und im Rollstuhl saß, habe dabei keine Rolle gespielt. «Es war alles gut», erinnerte sich die Restaurantchefin.

Schon als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident kam Kohl nach ihren Angaben in den Deidesheimer Hof, der etwa 20 Autominuten von seinem Wohnort Ludwigshafen-Oggersheim entfernt ist. Während seiner Kanzlerschaft rückte das Lokal wie Oggersheim ins Interesse der Weltöffentlichkeit.

«Er hat unser Haus auch berühmt gemacht», sagte Hahn. Viele Fotos an den Wänden erinnern daran, dass der frührere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow, der ehemalige russische Präsident Boris Jelzin, der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel und andere hier in Begleitung des Kanzlers tafelten. Meist saßen sie im Restaurant St. Urban im Wappenzimmer, dessen Wände unter anderem das Wappen des Bischofs von Speyer und das Hahnsche Familienwappen zieren.

Einigen wurde Pfälzer Saumagen serviert, zum Beispiel der britischen Regierungschefin Margaret Thatcher. «Es ist halt das regionale Gericht», sagte Hahn. Die «Eiserne Lady», wie Thatcher genannt wurde, fühlte sich in Deideshim trotz Skepsis gegenüber dem zusammenwachsenden Deutschland offensichtlich sehr wohl. Das geht aus einem Brief hervor, mit dem sie sich nach ihrer Rückkehr bei dem Lokal bedankte. Stolz präsentiert Gastronomin Hahn das Schreiben, das über der Treppe zum Untergeschoss hängt. Die damalige Speisekarte erinnert daran, dass es vor dem Saumagen Pfälzer Kartoffelsuppe und danach Dampfnudeln gab.

Kam Kohl privat, wurde er oft spontan per Telefon angekündigt. «Ganz kurzfristig und völlig unkompliziert», sagte Hahn. Der Besuch war mitunter abendfüllend: Von 19.00 Uhr bis 21.00 oder 22.00 Uhr saß man in der «Kohl-Nische», die Personenschützer saßen woanders. Die anderen Gäste hätten sich angesichts des prominenten Gastes sehr gefreut und seien begeistert gewesen, berichtete die Hotelchefin.

Kohl habe ganz höflich und zuvorkommend auf sie reagiert. «Wirklich ein ganz unkomplizierter Gast.» Seine kulinarische Vorliebe galt dabei nicht nur dem Saumagen. Ob Nudeln, Reh oder Hirsch: Kohl habe alles gegessen, berichtete Hahn.

Der Altkanzler war natürlich nicht der einzige prominente Gast des Deidesheimers Hofs, zu dem auch ein Gourmetrestaurant und ein Hotel gehören. Andere Fotos zeigen Talkshow-Liebling Reiner Calmund, den jungen Michael Schumacher, Talkmaster Alfred Biolek und den bereits verstorbenen Sänger Udo Jürgens sowie den ebenfalls verstorbenen Schauspieler Pierre Brice. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) war schon zu Gast, ebenso die Chefin der Landes-CDU, Julia Klöckner. dpa