Die Architektur des Gartens

Von Dorothée Waechter

Gemeinschaftsgärten schießen seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden. Sie machen den Anbau von Kräutern, Gemüse und Obst für den eigenen Verbrauch populär. In den Großstädten erkennt man, dass öffentliches Grün von besonderem Wert ist. Da stellt sich die Frage, wie der moderne Hausgarten aussieht. «Zunächst denkt man dabei an einen sterilen, quadratischen und praktischen Garten», sagt Brigitte Röde, Landschaftsarchitektin aus Köln.

Bei ihren Kunden beobachtet sie, dass der Garten aber sehr individuell bepflanzt sein sollte. Und: «Es geht den Menschen heute ganz deutlich um das Wohlfühlen im Garten, wobei dieses Gefühl nicht mit dem Modebegriff Wellness gleichgesetzt wird.»

Für Peter Berg, Buchautor und Gartenbau-Techniker aus Sinzig (Rheinland-Pfalz), sind modern-minimalistische Gärten «ideale Orte, in denen Strenge und Freiheit formuliert, aber nicht diktiert werden». Ein entscheidendes Merkmal des modernen Gartens sieht er in der Beziehung zwischen Garten und Haus. «Der Garten ordnet sich nicht mehr der Architektur unter, sondern stellt die Verbindung zur Kulturlandschaft dar», erläutert der Gartenbaumeister.

Das wird umgesetzt, indem Formen und Linien der Architektur des Hauses im Garten aufgegriffen und fortgesetzt werden. Dabei wird das Grün hinterm Haus als bewusster Kontrast zum schnellen, hektischen Alltag eingesetzt. Der Garten wird zum Ruhepol. Die Beete sind nicht überladen, sondern reduziert bepflanzt.

Sie werden außerdem harmonisch gestaltet. Und bewusst ausgewählte Accessoires wie eine schöne Gartenlampe setzen Akzente. Zugleich aber scheint der Garten endlos zu sein. «Die Grundstücksgrenze als solche wird nicht definiert», sagt Berg.

Das Gartenstück wird auch mit der Innenarchitektur des Hauses in Verbindung gesetzt: «Der Garten wird aus der Wohnung heraus erlebt», sagt Röde. So wird der Bereich, den die Bewohner durch die Scheibe sehen, bewusst so bepflanzt, dass sie etwas Besonderes wie einen Brunnen oder einen Rosenbogen sehen. Das Fenster wirkt dann wie ein Wandbild.

Recht weit oben auf der Wunschliste ihrer Kunden steht nach Aussage von Gartenarchitektin Röde ein Pool. «Mit dem Wasserbecken werden Urlaub, Wohlfühlen und Entspannung assoziiert», erklärt sie. Manchmal reicht schon ein kleines Becken, um das Gefühl zu erzeugen. Auch mit weiteren Elementen wird im Garten inzwischen gespielt: Neben Luft und Wasser kommt Feuer immer häufiger vor. «Dieser Wunsch kann beispielsweise mit Feuerschalen auf der Terrasse umgesetzt werden», sagt Röde.

Klare Formen kennzeichnen den modernen Garten - das zeigt sich in der Materialauswahl. «Großformatige Platten sind sehr beliebt», erläutert Röde. Die Expertin berichtet, dass sich ihre Kunden entweder gerne für heimische Natursteine oder für Beton entscheiden. Die Option, billige Importware zu verwenden, scheidet für viele aus.

«Auch bei Hölzern legen die Kunden Wert darauf, zertifizierte Ware zu verwenden.» Die Pflanzen sollen laut Berg etwas Besonderes sein - keine Allerweltsbäume, die in jedem Garten stehen. «Ich verwende gerne ungewöhnliche Gehölze wie den Persischen Eisenholzbaum, der nicht zu schnell wächst und ohne Zutun ein schönes Astgerüst entwickelt», erzählt der Gartenbau-Techniker Berg. Mit Gräsern gestaltet er Linien und setzt einen Kontrast zu farbigen Blüten.

Röde berichtet, dass viele Menschen nicht mehr warten wollen, dass Bäume heranwachsen. So wählen sie statt einer nur 1,50 Meter großen Kastanie gleich einen ausgewachsenen Baum aus, der dazu vielleicht aus einem Biergarten oder einem Park kommt. Die Pflanze hat also auch noch eine Geschichte - Röde spricht von einer «Baumpersönlichkeit».

Gartenbesitzer nehmen gerne Pflanzen, die wenig Arbeit machen. «Früher musste der Garten pflegeleicht sein, heute sollte er pflegearm sein», hat Röde beobachtet. Auch einen ungeschulten Gärtner müsse man problemlos mit der Pflege beauftragen können. Wer sich selbst mit Spaß am Wochenende darum kümmert, will wissen, wie das Zusammenspiel der Vorgänge in der Natur funktioniert. So ist das Bewusstsein für heimische Pflanzen gewachsen, weil in der öffentlichen Diskussion deutlich wird, dass sie die Lebensgrundlage für Insekten und Vögel darstellen.

Hobbygärtner merken laut Röde daher: «Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird durchaus kritisch gesehen.» Und viele Gartenbesitzer verzichten lieber auf eine Pflanze, wenn sie nicht gesund wächst, als dass sie mit allen Mitteln gesund erhalten wird. «Ein moderner Gartenbesitzer weiß, dass die Natur nicht alles kann», sagt Röde. «Aber für ihn ist das Gärtnern eine wunderbare Tätigkeit, um aus der hektischen Welt auszusteigen.» dpa