Dubai und seine Wolkenkratzer

Von Detlef Berg

Wer an Dubai denkt, hat vor allem eine bunte Glitzerstadt in der Wüste vor Augen. Wolkenkratzer, Luxushotels der Superlative, riesige klimatisierte Shopping Malls und künstliche Inseln im Meer prägen das Bild des Emirats. Aber es gibt auch eine andere Seite Dubais, die lange keine Rolle spielte, aber immer interessanter wird: Kunst und Kultur bekommen zunehmend ihre Chance.

Architekten durften in Dubai schon lange ungewöhnliche Visionen Wirklichkeit werden lassen. Alles ist eine Nummer größer, mindestens - jüngstes Beispiel ist der Burj Khalifa, das mit 828 Metern größte Hochhaus der Welt. Allerdings brachte der Bau des milliardenteuren Turms selbst Dubai in Finanzierungsschwierigkeiten. Heute zählt der Burj Khalifa zu den beliebtesten Attraktionen des Emirats. Mit seinen unterschiedlich hohen, röhrenförmigen Baukörpern, die in einer Spitze auslaufen, lässt das Bauwerk an eine überdimensionierte Rakete denken. Die 189 Stockwerke beherbergen neben einem Luxushotel auch Büros, private Apartments und das höchste Restaurant der Welt.

In 452 Metern Höhe ist eine Aussichtsplattform öffentlich zugänglich. Das ist Weltspitze, und nirgendwo sonst ist der Fahrstuhl schneller: In 60 Sekunden katapultiert er die Besucher zur verglasten Open-Air-Terrasse mit 360-Grad-Panoramablick. Atemberaubend im wahrsten Sinn des Wortes ist die Aussicht - die anderen Wolkenkratzer sehen von hier oben aus wie Miniaturen. Am Fuß des Burj Khalifa erstreckt sich ein künstlich angelegter See. Ab 18.00 Uhr startet dort eine Wasser-, Licht- und Musikshow, die allabendlich Tausende Besucher anlockt. 1000 Wasserfontänen, 6600 Lichtquellen und 50 Farbprojektoren machen die Vorführung möglich, bei der die Fontänen im Rhythmus klassischer, orientalischer oder moderner Musik tanzen.

Rund um die künstliche Seenlandschaft laden Cafés und Restaurants ein. Das ganze Viertel, das sich Downtown nennt, kommt gut bei den Besuchern an, erzählt eine Reiseführerin. «Gerade europäische Touristen schätzen die großzügig angelegten Fußgängerbereiche mit den Open-Air-Restaurants. Wer will bei dem schönen und angenehm warmen Wetter auch schon in klimatisierten Räumen sitzen?», fragt sie.

Aber auch mit Kunst und Kultur wollen die Tourismusverantwortlichen Besucher nach Dubai locken. Bisher gab es neben dem Dubai Museum, das bei jeder Stadtrundfahrt zum Programm gehört, nur wenige Angebote. Zwar lohnt ein Besuch des im historischen Al-Fahidi-Forts gelegenen Museums, das den Aufstieg Dubais zur Glitzermetropole anschaulich dokumentiert.

Viel spannender ist aber zum Beispiel ein Ausflug ins Industrieviertel Al Quoz, das sich zur Heimat der jungen, aufstrebenden Kunstszene entwickelt. Angelockt von Lagerhallen, die nicht nur günstig zu mieten waren, sondern auch viel Platz und hervorragende Lichtverhältnisse boten, haben sich hier seit 2003 zahlreiche junge Künstler und Galerien niedergelassen.

Mayla Atassi, eine Galeristin aus Syrien, zählt zu denen, die bei der Entwicklung der lokalen Kunstszene eine Pionierrolle eingenommen haben. Bereits 1995 gründete sie ihre Green Art Gallery. «Das war ein gewagter Schritt», bekennt ihre Tochter Yasmin, die die Galerie vor drei Jahren von der Mutter übernahm. «Kaum jemand interessierte sich damals für moderne arabische Kunst, und es gab nur wenige, die diese Kunstwerke auch kaufen wollten.»

Heute ist das Interesse weitaus größer. Zum einen wird das islamische Abbildungsverbot von Menschen im modernen Dubai nicht mehr so eng gesehen, zum anderen wollen viele leere Hotelwände mit Kunstwerken bestückt werden. Längst hat Yasmin Atassi eine große Galerie in der Al Serkal Avenue im Al Quoz Viertel - und es gibt inzwischen ein halbes Dutzend Galerien in unmittelbarer Nachbarschaft. Gezeigt werden meist Arbeiten von Künstlern aus dem Nahen Osten. Viele leben wie der Iraner Kamrooz Aram oder der Palästinenser Shadie Habib Allah in Amerika, andere kommen aus der Türkei oder Nordafrika.

Kunst aus nur einer Region zu zeigen, das wäre gegen seine Philosophie, betont dagegen Ramin Salsali. Der deutsch-iranische Geschäftsmann hat in Dubai im vergangenen Jahr das erste private Kunstmuseum in weitem Umkreis eröffnet. «Ich möchte dort nicht nur iranische Kunst zeigen», betont er. «In Deutschland gibt es ja auch kein Museum, das nur Kunst aus dem Allgäu ausstellt.» Er sieht die Kunst als einzige Möglichkeit, Grenzen zu überwinden.

Und er lobt ausdrücklich die «Rathauspolizei» von Dubai - die habe nur einmal kurz vorbeigeschaut und dann ohne Probleme die Genehmigung für die Einrichtung des Museums erteilt. Ein Besuch der im November 2011 eröffneten Ausstellung lohnt sich - zu sehen sind zum Beispiel so interessante Arbeiten wie die von Ayman Yossri Daydban mit dem Titel «Um Frieden zu haben, musst Du Krieg führen» oder von Sheikha Lateefa Bint Maktoum aus der königlichen Familie mit der durchaus kritischen Fotoarbeit «Beobachter des Fortschritts».

Zwei junge Frauen im traditionellen Abaya-Gewand sind vom neuen Museum begeistert. Wenn wir das nur unseren Vätern zeigen könnten, sagen sie. Doch Dubai verändert sich, gerade auch durch die Kunst. Mit dem Pavilion Downtown Dubai haben Kunstschaffende seit vergangenem Jahr einen Treffpunkt, in dem nicht der Kommerz, sondern der Austausch im Vordergrund steht.

Wer sich als Tourist im Restaurant, der Espresso-Bar oder im Schischa-Café niederlässt, hat gute Chancen, mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen, und damit auch darauf, eine ganz andere Sichtweise auf die Glitzermetropole kennenzulernen. dpa

Informationen: Fremdenverkehrsamt Dubai, Bockenheimer Landstraße 23, 60325 Frankfurt, Tel: 069/710 00 20, dubaitourismus.ae