Frankenwein Neuer Bocksbeutel kommt gut an

Größer, weniger Bauch, mehr Kanten - mit diesem Design sollte der neue Bocksbeutel erst Winzer und schließlich Kunden überzeugen. Ende 2015 wurden die neuen Flaschen für den Frankenwein öffentlich vorgestellt, seit Herbst 2016 sind sie im Handel zu finden. Der Fränkische Weinbauverband und die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) sind bislang zufrieden.

"Der Aufwand und der Ärger haben sich gelohnt", sagte LWG-Direktor Hermann Kolesch. Anfangs seien viele skeptisch gewesen und hätten auf das traditionelle Design beharrt. Mittlerweile seien aber viele Kritiker überzeugt: "155 Erzeuger mit mehr als der Hälfte der fränkischen Rebfläche sind auf den neuen Bocksbeutel PS umgestiegen." PS steht für den Hamburger Designer Peter Schmidt. Er hat der Flasche ihre neue Form gegeben.

Auch Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Weinbauverbandes, sieht eine Erfolgsgeschichte: "Wir hoffen, dass bis zum Jahresende zwei Drittel der Bocksbeutel-Weine in den neuen Bocksbeutel PS gefüllt werden." Jedes Jahr werden rund 45 Millionen Flaschen Frankenwein abgefüllt; etwa 15 Millionen davon sind Bocksbeutel.

Die Winzer können nach wie vor wählen, welche Flasche sie nehmen. Preislich mache das keinen Unterschied, sagte Nikolaus Wiegand von der Glashütte Wiegand. Der Flaschenlieferant produziert weiterhin beide Designs. "Wir werden den alten Bocksbeutel nicht aktiv auslaufen lassen." Wer die neuen Flaschen nimmt, muss also lediglich seine Abfüllanlage anpassen und eine Lizenzgebühr von einem Cent pro Flasche an den Weinbauverband zahlen. Damit sollen unter anderem die Entwicklungskosten refinanziert werden. Sechs Millionen neue Bocksbeutel hat die Glashütte seit Herbst verkauft.

Ein großer Abnehmer ist die Winzergemeinschaft Franken GWF. Sie produziert etwa ein Fünftel des Frankenweins. Mehr als fünf Millionen Bocksbeutel füllt die Winzergemeinschaft Jahr für Jahr ab. "Der PS läuft wie geschnitten Brot", sagte GWF-Vorstandsvorsitzender Andreas Oehm. Mit dem neuen Bocksbeutel habe der Frankenwein ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen und gleichzeitig das Qualitätsversprechen verankert. Denn wer in den neuen Bocksbeutel abfüllen will, muss strenge Kriterien erfüllen: eine bestimmte Punktzahl bei der amtlichen Qualitätsweinprüfung und einen bestimmten Maximalertrag pro Hektar.

Aber kommt das Design auch beim Verbraucher gut an? Immerhin sollte damit vor allem der Verkauf des Frankenweins angekurbelt werden. "In den Supermärkten steht ja oft neu und alt nebeneinander. Da sieht man deutlich, dass da eher bei den neuen Bocksbeuteln zugegriffen wird", sagte Kolesch von der LWG.

Und doch machen längst nicht alle Bocksbeutel-Abfüller Frankens mit. Viele wollen die Umstellung zunächst beobachten, andere sehen keinen Bedarf. Dazu gehören auch große Weingüter wie das Würzburger Bürgerspital. Die Umstellung wäre ein sehr großer Aufwand, auch weil die Bürgerspital-Bocksbeutel ein Siegel im Glas integriert haben, sagte Weingutsdirektor Robert Haller. "Wir beschäftigen uns mehr mit der Qualität der Weine als mit den Flaschen. Wir sind da ein bisschen altmodisch."

Die Geschichte des Bocksbeutels

Der Bocksbeutel klingt für Nicht-Franken zunächst vor allem komisch. Das Wort könnte sich Experten zufolge sowohl vom niederdeutschen Booksbüdel (Bücherbeutel) als auch vom Hodensack eines Ziegenbocks ableiten.

Die Flaschenform an sich ist schon sehr alt und geht zurück auf oft lederne Feldflaschen. Weiteres Vorbild waren die Pilgerflaschen aus Glas oder Keramik. Auch sie waren eher kugelig und in der Mitte flach gedrückt. Das hatte den Vorteil, dass sie nicht wegrollten und eng am Körper getragen werden konnten, ohne zu stören.

Typisch für den Frankenwein ist der Bocksbeutel seit mindestens 1728. In diesem Jahr beschloss die Stadt Würzburg, dass nur die edelsten Tropfen des Bürgerspitals in die bauchigen Flaschen gefüllt werden durften.

Heute sind in den Bocksbeuteln qualitativ hochwertige Weine vor allem aus Franken zu finden. Auch Winzer aus dem geografisch nahen Baden nutzen die Flaschenform. Zudem ist sie - in der "alten" Version - in Portugal gebräuchlich und wird auch in Griechenland und Norditalien verwendet. Der Begriff Bocksbeutel ist von der Europäischen Union als geschützter Begriff anerkannt.

Schlegelflasche, Bocksbeutel, Rheingau-Flöte und Sachsen-Keule

Deutschland hat 13 Wein-Anbaugebiete und mindestens vier verschiedene Flaschenformen. "Gebietstypische Flaschen sind nicht selten. Die Anbaugebiete versuchen, sich mit der eigenen Flaschenform auf dem Markt zu profilieren", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut mit Sitz in Mainz. Ein Überblick:

SCHLEGELFLASCHE: Das ist die bekannteste Flaschenform. Es handelt sich dabei nämlich um eine ganz normale längliche Weinflasche. Sie fasst meist 0,75 Liter und hat eine von unten nach oben gerade laufende Linie. Sie wird vornehmlich für Weißwein und Dessertweine genutzt.

BURGUNDERFLASCHE: Sie ist ebenfalls eine Hochflasche, die allerdings am Bauch ein bisschen fülliger ist. Sie wird meist für Rotwein verwendet.

BORDEAUX-FLASCHE: Sie hat sozusagen Schultern. Die Flaschenlinie ist gerade und läuft erst im oberen Bereich eng auf den Verschluss zu. In diese Flaschen werden vor allem Rotweine (grünes Glas), aber auch Weißweine (weißes Glas) abgefüllt.

BOCKSBEUTEL: Kleine kugelige Form mit flach gedrücktem Bauch. In diese Flasche kommen per Verordnung nur hochwertige Weine - meist sind sie aus Franken. Aber auch Winzer aus Portugal, Baden-Württemberg, Nord-Italien und Griechenland verwenden diese Flaschenform für ihre Weine.

SACHSEN-KEULE: Wie der Name schon verrät, wirkt diese Flaschenform wie eine Keule. Sie ist unten schmaler als in der Mitte und läuft dann wieder gerade auf den Verschluss zu. Mit dieser Form sollte der Wein aus dem Elbtal sofort erkennbar gemacht werden.

RHEINGAU-FLÖTE: In die Flöte, die schmaler als eine normale Weinflasche ist, kommt nur Qualitätswein aus dem Rheingau. Sie ist mit ihren 35 Zentimetern höher als andere Weinflaschen - nebst Wulst als Abtropfrand an der Flaschenöffnung. dpa