Für einen Dollar durch die USA

Von Nicole Jankowski

Amerika. Hier ist alles möglich. Auch Wohnmobilurlaub ab 1 Euro pro Woche. Das versprechen zumindest Angebote für sogenannte Überführungsfahrten. Dabei bringt der Urlauber ein fabrikneues Fahrzeug vom Herstellungsort zur Vermietstation. Wer weiß, was er bei diesen Offerten beachten muss, kann so eine traumhafte Urlaubsreise zu einem echten Schnäppchenpreis erleben.

Als Vermittler für amerikanische Wohnwagenhersteller wie Road Bear, Moturis, Apollo oder El Monte treten in Deutschland verschiedene Reiseveranstalter auf. So hat unter anderem Dertour die Vermittlung von Wohnwagenüberführungen im Programm. Der Reiseveranstalter Canusa Touristik aus Hamburg bietet die Schnäppchen ebenfalls an - sowohl in den USA als auch in Kanada. "Wer eine Überführung bucht, muss flexibel in der Fahrstrecke und beim Termin sein", erklärt Michael Thoss von usareisen.com aus dem rheinland-pfälzischen Dienheim. Auch er listet für seine Kunden die Fahrten von insgesamt acht Anbietern in den USA und Kanada auf.

Wohnmobil-Überführungen locken vor allem mit besonders günstigen Preisen. Während die normale Miete für zwei Wochen in der Hauptsaison bei mehreren Tausend Euro liegen kann, liegen die Specials oft weit darunter. Die Preise unterscheiden sich jedoch von Veranstalter zu Veranstalter. "Jeder Vermieter hat andere Kosten beziehungsweise Inklusivleistungen", betont Karen Prante vom Team Campmobile USA/Kanada bei Dertour. Man sollte jedoch über einen deutschen Vermittler buchen, rät Thorsten Koch vom Verein Wohnmobil Abenteuer.

In einem Streitfall sei so der Gerichtsstand in Deutschland. Außerdem wichtig: ausreichender Versicherungsschutz. Unter Umständen sei eine Zusatzhaftpflichtversicherung nötig, empfiehlt der Experte, der auf der vereinseigenen Internetseite Wohnmobil-Neulinge und -Freunde zu Fragen rund um die Urlaubsform berät.

Bei Dertour werden Überführungsfahrten oft von Wiederholungstätern gebucht, die zuvor schon einen oder mehrere Wohnmobil-Urlaube gemacht haben. Meist ist dabei der Weg das Ziel. Ausgangspunkt sind meist die großen Wohnmobilfabriken im Raum Chicago. Die Zielorte können dagegen sehr stark variieren. "Das ist von Vermieter zu Vermieter unterschiedlich", erklärt Karen Prante von Dertour. Thorsten Koch vom Verein Wohnmobil Abenteuer nennt die häufigsten: "Es gibt Touren nach Florida, nach Colorado, nach Las Vegas und natürlich Richtung Kalifornien mit L.A. und San Francisco."

Von San Francisco nach Boston beträgt die Strecke zum Beispiel 3000 Meilen, rund 4800 Kilometer. "Muss man diese in 14 Tagen runterreißen, hat das mit Urlaub nichts mehr zu tun", betont Koch. Für interessante Highlights neben der Strecke bleibt da erst recht keine Zeit. Der Experte nennt damit zwei der wichtigsten Kriterien, die Urlauber bei der Buchung einer Wohnmobilüberführung beachten sollten: die Dauer, die für die Überführung veranschlagt ist. Und die Anzahl der Freimeilen. Meist beinhaltet der Preis 2500 Freimeilen. "Ist man am Ende der Reise angekommen und hat mehr Meilen gefahren als vertraglich vereinbart, so zahlt man für jede Meile extra", erklärt Thorsten Koch.

Der Urlauber sollte sich daher fragen, was er auf seiner Fahrt wirklich sehen will. Wer auf der Strecke von Chicago nach Los Angeles Abstecher zu Highlights wie Grand Canyon, Las Vegas oder den Nationalparks plant, für den wird es schnell teurer. Da mache es oft mehr Sinn, den Wagen vor Ort zu mieten und auf ein Frühbucher-Special zu setzen. "Beachten sollten Kunden außerdem, dass noch Benzin- und Campingplatz-Kosten hinzu kommen", ergänzt Sandra Kaufmann von Canusa.

Auch die Jahreszeit spielt bei den Überführungsfahrten eine Rolle
"Meist sind die Fahrten im Frühjahr - März oder April", gibt Karen Prante von Dertour zu bedenken. Familien mit schulpflichtigen Kindern scheiden daher von vornherein als Kunden aus. Außerdem sei es in den Übernahmeorten oft noch entsprechend kalt, ergänzt die Fachfrau. Da könne man zum Beispiel auf dem Weg durch die Rocky Mountains überrascht werden, weiß Thorsten Koch. "Dann macht das Fahren eines Wohnmobils keinen Spaß mehr und kann zum Alptraum werden." Bei Temperaturen im Minusbereich dürfen außerdem die Tanks des Wohnmobils nicht befüllt werden, weil das Leistungssystem durch den Frost zerstört werden kann. Schäden, für die im Fall der Fälle der Mieter haftet.

"Gegebenenfalls muss man seine Route dem Wetter anpassen", betont auch Michael Thoss von usareisen.com. Das heißt, man wählt eine Route, bei der man so schnell wie möglich von Chicago zum Golf von Mexico fährt und dann an der Küste entlang über New Mexico nach Nevada/Utah oder Kalifornien. In den warmen Gefilden können dann auch alle Annehmlichkeiten wie Toilette, Dusche, Waschbecken und Spüle genutzt werden.

Wohnmobil-Experte Thorsten Koch macht noch eine weitere Einschränkung, die der Urlauber beim Traum vom Schnäppchen-Urlaub bedenken sollte. "Bei den Fahrzeugen handelt es sich um Neufahrzeuge. Die USA haben hier nicht die Fertigungsstandards der europäischen Wohnmobilbauer." Es könne durchaus passieren, dass es den einen oder anderen Werkstattbesuch gibt.

Die Angebote für Wohnmobilüberführungen sind dennoch bei allen Anbietern meistens in kürzester Zeit vergriffen. "Diese Specials sind bei uns sehr beliebt und teilweise wirklich schnell ausgebucht", sagt Sandra Kaufmann von Canusa Touristik. Dertour gibt die Angebote tagesaktuell an die Reisebüros. Kunden können dann direkt vor Ort buchen. Die Anzahl der Überführungsfahrten variiert dabei jede Saison - "je nachdem, was die Vermieter an neuen Fahrzeugen kaufen", erläutert Karen Prante.

Das bestätigt auch Michael Thoss von usareisen.com. Der Veranstalter legt deshalb im Vorfeld Interessenlisten für bestimmte Vermieter an. "Wenn die Angebote dann rauskommen, sind sie oft innerhalb von ein, zwei Tagen ausgebucht", erklärt er. Unbegrenzte Möglichkeiten ja. Aber eben keine unbegrenzte Auswahl. dpa