Gastronomie Den Beruf des Kochs liebt fast keiner

Von Steffi Prutean

Verkäuferin und Koch scheinen in Brandenburg geschmähte Berufe zu sein. Lehrstellen dafür gibt es landesweit, aber auch solche für Fachinformatiker, Elektroniker, Pharmakanten und Werkzeugmechaniker. «Dienstleistungsberufe sind bei Jugendlichen nicht mehr so beliebt», sagt Wolfgang Spieß, Bereichsleiter Bildung in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam. Das hänge mit den Arbeitszeiten zusammen, die auf Wochenenden und Abende fielen.

Vom Beruf des Kochs zeigten die Medien zudem ein nicht reales Bild, meint Wolfgang Völker, in der IHK Ostbrandenburg Frankfurt (Oder) für Aus- und Weiterbildung zuständig. Er verweist auf Kochshows und Starköche. Die Wirklichkeit sehe anders aus, betont er. So müsse ein Koch auch bei Sommerhitze am heißen Herd stehen. Vor zehn Jahren gehörten Köche und Restaurantfachleute noch zu den beliebtesten Berufen.

Nach Einschätzung der Fachleute kommt der Berufsorientierung große Bedeutung zu. Diese läuft im Land nicht systematisch genug, wie Völker einschätzt. «Die Jugendlichen sind auf ein bis zwei Berufe fokussiert ohne Alternativen zu kennen.» Deutschlandweit gibt es rund 350 Ausbildungsberufe. «In den letzten fünf Jahren waren immer ausreichend freie Plätze vorhanden.» Die IHK meldete aktuell mehr als 400 freie Plätze in Ostbrandenburg.

In Potsdam verweist Spieß auf ein anderes Problem: Landesweit pendeln rund 4000 Azubis zur Ausbildung nach Berlin. «Wir gehen davon aus, dass sie nicht wissen, dass es in ihrer Nähe eine adäquate Ausbildung gibt», sagt er. Mit einer Kampagne «Mach es in Brandenburg» wirbt die Kammer für eine Ausbildung in der Mark. Zudem legte sie ein 500-Euro-Programm für Azubis auf, damit sie in Lehrgängen beispielsweise Sprachen oder Mathematik verbessern können. «Sie können bis zu 500 Euro Unterstützung erhalten.» Ende Juni hatte die Kammer fast 1300 freie Lehrstellen im Angebot.

Für die Lausitz bietet die IHK Cottbus 677 freie Lehrstellen, Stand Ende Juni. Gesucht werden vor allem Köche, Restaurant- und Hotelfachleute. Wie bei den beiden anderen Kammern auch wurden bereits Hunderte neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, genau 670, teilte die Kammer mit. Ehrenamtliche Betreuer unterstützen Azubis, denen die Ausbildung schwer fällt. Diese bundesweite Initiative Vera hilft beispielsweise auch bei der Vorbereitung von Prüfungen, wie es in einer Mitteilung hieß.

Die Kammern berichten von Messen, Börsen und anderen Veranstaltungen um Jugendliche in die für sie passenden Berufe zu bringen. Auch kooperieren sie mit Verbänden, Handwerkskammern, Arbeitsagenturen und Initiativen. Dennoch bleibt die Situation schwer. «Heute müssen sich die Unternehmen bei den Jugendlichen bewerben», sagt Völker.

Nach Einschätzung der IHK Ostbrandenburg macht den Firmen das Leistungsniveau vieler Schüler zu schaffen. Völker sagt, vielen Bewerbern fehle es an Flexibilität, Ausdauer, Disziplin. Bei anderen sind Abitur und Studium das Ziel. Entsprechend weniger Zehntklässler gebe es für die Ausbildung. «Die Wertigkeit eines Ausbildungsberufes wird nicht mehr erkannt.»

Völker berichtet aus der Praxis: Jugendliche bewerben sich oft auf mehrere Stellen und erhalten mehrere Zusagen. Sie unterschreiben mehrere Lehrverträge und warten bis kurz vor Ausbildungsbeginn mit ihrer endgültigen Entscheidung. Die anderen Verträge lassen sie sausen. Wie soll ein Betrieb dann noch einen Bewerber finden? Im vergangenen Jahr gab es in Ostbrandenburg rund 50 solcher Fälle. dpa