Geizig oder großzügig Wie viel Trinkgeld ist korrekt?

Von Philipp Laage

Wie viel Trinkgeld sollen wir denn geben?" Das ist im Urlaub eine häufig gestellte Frage. Man möchte einerseits nicht als Knauserer erscheinen, andererseits ist die Reisekasse nicht unendlich belastbar. Die Höhe des "Tip" hängt außerdem stark vom Kulturkreis ab: Was in Nordeuropa angemessen ist, lässt den Kellner in Südeuropa pikiert zurück. "Je weiter man in Europa nach Süden kommt, umso höher wird das Trinkgeld", erklärt Etikette-Trainerin Imme Vogelsang aus Hamburg. Die folgende Übersicht zeigt, was in den liebsten Ferienregionen der Deutschen üblich ist.

Deutschland und die Alpenländer: Die meisten Deutschen machen Urlaub im eigenen Land. "Trinkgelder sind bei uns ein freiwilliges Dankeschön für guten Service", sagt Christopher Lück vom Hotel- und Gaststättenverband. Ist der Gast im Restaurant zufrieden, rundet er den Rechnungsbetrag um 5 bis 10 Prozent auf. Zahlt er mit Karte, lässt er das Trinkgeld am besten bar auf dem Tisch liegen. Für Barkeeper gebe es keine Regeln, der "Tip" hängt vom eigenen Ermessen ab. Wer im Hotel einen Kofferträger nutzt, sollte ein kleines Trinkgeld geben.

Ähnlich in Österreich: Im Restaurant seien 10 Prozent angemessen, erklärt Österreich Werbung. "Üblicherweise wird beim Bezahlen gleich aufgerundet und der Betrag inklusive Trinkgeld beglichen." Taxifahrer und Tourguides werden nach eigenem Ermessen belohnt.

Bei den Eidgenossen ist das Trinkgeld dagegen schon im Endbetrag inbegriffen, wie Schweiz Tourismus erklärt. Der Gast darf trotzdem freiwillig noch etwas draufschlagen - 5 bis 10 Prozent seien üblich. Übersteigt die Rechnung 100 Franken, sinkt der Prozentsatz. Für Kofferträger seien zwei bis fünf Franken pro Gepäckstück üblich, ebenso für die Zimmerreinigung pro Nacht.

Mittelmeer: In den meisten Mittelmeerländern macht der Urlauber im Restaurant mit rund 10 Prozent Trinkgeld nichts falsch. Nur in Frankreich gebe man - anders als in vielen Reiseführern beschrieben - nicht unbedingt 10 Prozent der Rechnungssumme obendrauf, erklärt Atout France. Selbst Franzosen gäben oft nur ein kleines Trinkgeld.

Anders als in Deutschland schlägt man den "Tip" in Spanien, Italien und Griechenland aber nicht gleich auf die Rechnung, sondern zahlt zuerst den exakten Betrag. "Lassen Sie das Trinkgeld auf dem Tisch in der Ablage der Rechnung oder geben Sie es direkt dem Kellner", rät Carmen Frentiu vom spanischen Fremdenverkehrsamt.

Zahlt man mit Kreditkarte, gebe man das Trinkgeld am besten zusätzlich in bar, erklärt die Kulturabteilung der türkischen Botschaft in Berlin. Beim Barzahlen ist am Mittelmeer auch das Aufrunden vor allem in kleineren Restaurants nicht verpönt, wie zum Beispiel das griechische Fremdenverkehrsamt bestätigt. In der Türkei hilft die Redewendung "üstü kals?n", was so viel bedeutet wie: "Den Rest können Sie behalten."

Ein paar Grundsätze gelten überall: Im Taxi wird in der Regel aufgerundet. Ein Barkeeper müsse kein Trinkgeld bekommen - das hänge vom Service ab, so etwa die Italienische Zentrale für Tourismus. Ein kleiner "Tip" ist aber willkommen. Kofferträger im Hotel dagegen sollten pro Gepäckstück auf jeden Fall etwa ein bis zwei Euro bekommen. Für die Putzkraft sind zwei bis fünf Euro pro Nacht angemessen - je nach Service, Zufriedenheit und Standard. Das Trinkgeld für einen lokalen Guide ist Ermessenssache. Am besten legt die Reisegruppe zusammen, zum Beispiel zwei Euro pro Person und Tag. Dafür gibt es aber keine festen Regeln.

Skandinavien: Die nordeuropäischen Länder sind insgesamt sehr zurückhaltend. In Dänemark wird der Service nicht gesondert entlohnt, wie Pia de Grahl von Visit Denmark bestätigt. "Selbst das kleinste Trinkgeld ist ein Ausdruck für Zufriedenheit, und kein Trinkgeld kein Ausdruck von Unzufriedenheit."

Auch in Schweden werde in der Regel wenig bis gar kein Trinkgeld gegeben, sagt Sabine Klautzsch von Visit Sweden. Gäste könnten den Betrag im Lokal aber um ein paar Kronen aufrunden und dem Barkeeper das Wechselgeld auf der Theke liegen lassen. "Aber das ist jedem selbst überlassen." Fühlt man sich als Tourist bei so viel Zurückhaltung schlecht, kann man eine andere Regel beherzigen: "Man sagt oft und gern 'Tack', also Danke. Für alles. So oft wie möglich."

USA: Im Land der Dienstleistungskultur genießt Service einen hohen Stellenwert. Das Trinkgeld ist demnach höher, es liegt zwischen 15 und 20 Prozent. Eine Richtlinie kann die Höhe der "Tax", also der Steuer, im jeweiligen Bundesstaat sein. In New York etwa sind es 8,8 Prozent. "Das verdoppelt man und schlägt das Ergebnis als Tip drauf, dann hat man guten Gewissens 18 Prozent gegeben", sagt Lena Schütz von der deutschen PR-Vertretung New Yorks.

Das Trinkgeld wird meist direkt auf die Rechnungssumme aufgeschlagen: "Um den Service nicht zu unterbrechen, alles in einem Abwasch", rät Georgios Tserdakidis von Visit California. Der Barkeeper bekommt etwa einen Dollar pro Drink, ebenso wie der Kofferträger für ein Gepäckstück. Für die Putzkraft können fünf Dollar für drei Nächte als Orientierung dienen.

Arabischer Raum: In Ägypten und Tunesien liegt der Urlauber mit 10 Prozent der Rechnungssumme nicht falsch. Zahlt er alles mit Kreditkarte, geht der Bonus meist nicht an den Kellner, sondern an den Restaurantbesitzer, erklärt Mohamed Desouky von Egypt Travel. Deshalb sei es sinnvoller, das Trinkgeld nach dem Bezahlen extra zu geben, rät Andrea Philippi vom Fremdenverkehrsamt Tunesien. Ein touristischer Busfahrer erhält in Ägypten umgerechnet etwa 1 bis 3 Euro pro Tag pro Person, ein Tourguide etwas mehr. Ist die Gruppe klein, sind für den Fahrer insgesamt 15 bis 20 Euro angemessen, für den Führer etwa 20 bis 30 Euro. dpa