Hotels für die Generation Y Alle wollen individuell sein

Von Jule Zentek

Eine einsame Empfangshalle, beliebige Architektur, WLAN nur in der Lobby: Ein solches Hotel lockt heutzutage keine jungen Menschen an. Für die Millenials ist der Online-Check-in und das Öffnen der Zimmertür per Smartphone keine Zukunftsspielerei. Im Hotel wollen sie sich im besten Fall wohlfühlen wie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Die Hotellerie hat erkannt, dass ihr die viel beschworene Generation Y davonläuft, wenn sie sich nicht modernisiert.

Und so legen die großen Hotelketten neue Marken auf, die frisch und modern sein wollen. Best Western hat zum Beispiel "Vib", Hyatt die zwei Brands "House" and "Andaz", Mariott das "Moxy" und Starwood "Aloft", wie die Zeitschrift "fvw" in einem Marktüberblick zeigt. Auch deutsche Ketten gehen bei dem Trend mit. Vier Beispiele:

Accor Hotels "JO&JOE": Die Budget-Hotels sind explizit für Millenials konzipiert, wie das Unternehmen jetzt verkündet hat. Die Häuser sollen sowohl "Townster" (Einheimische) als auch "Tripster" (Touristen) ansprechen, die sich per App vernetzen können. Die Hotels erinnern schon fast an Hostels, so gibt es zum Beispiel eine Gemeinschaftsküche. Die Unterkünfte sollen cool und anders sein, eben junge Leute ansprechen: Gruppenreisende können etwa in Hängematten, Jurten oder Wohnwägen übernachten. Bis 2020 sind 50 Häuser weltweit geplant, etwa in Paris, Warschau und Rio de Janeiro.

Steigenberger "Jaz": Die Marke gibt es bisher in Amsterdam, ab Anfang nächstes Jahr wird es sie auch in Stuttgart geben. Check-in und Check-out sowie bargeldloses Zahlen sind über die App Hotelbird möglich. Im Hotel selbst soll Abendunterhaltung geboten werden: Im "Jaz" in Amsterdam etwa finden Konzerte statt, die auch mal mit Aftershow-Partys enden. Dabei ist die Kommunikation zwischen Einheimischen und Touristen das Ziel. "Ein Besuch soll ein Erlebnis über den klassischen Hotelaufenthalt hinaus sein durch Sessions heimischer Musiker und Begegnungen mit Einwohnern", erkärt Jannah Baldus von der Steigenberger Hotelgruppe.

Lindner "me and all": Ab Oktober gibt es ein Haus in Düsseldorf. Auch dort sollen Touristen auf ansässige Bewohner treffen. "Wir wollen keinen geschlossenen Betrieb wie für die meisten Hotels üblich, sondern offene Events, zu denen auch die Einheimischen eingeladen sind", sagt Catherine Bouchon von der Lindner Hotelgruppe. Wieder dient das Smartphone als Türöffner für die Zimmer. Und es gibt noch mehr Technik: "Jeder kann seine Musik und seine Filme sehen, Netflix-Verbindung ist möglich, und in jedem Zimmer gibt es einen Hotspot", sagt Bouchon.

Carlson Rezidor "Radisson Red": Ein Haus der Marke steht schon in Brüssel, weitere sind in Planung. Auch hier läuft einiges digital ab. Mit der Red-App kann man bezahlen, ein- und auschecken und sogar mit anderen Hotelgästen chatten. Begegnung ist auch hier Teil des Konzepts. "Poolbilliardtisch und Tischtennisplatten sorgen für eine kreative Abwechslung", sagt Arno Schwalie, Vizepräsident Zentral- und Südeuropa bei der belgischen Hotelgruppe. Highspeed-Internet gehört zur Grundausstattung. Neuste Technik sei wichtig, damit die Gäste sich überall mit ihrer Umgebung verbinden können.

Wer sich die Konzepte anschaut, erkennt drei Trends:

1) TECHNOLOGIE: Digitalisierung sei das große Stichwort, sagt Martin Linne von der Gesellschaft für Tourismusforschung. Fernseher und WLAN-Hotspots reichen längst nicht mehr aus. Wer zeitgemäß sein will, müsse modernste TV-Geräte sowie kostenfreies und überall verfügbares WLAN bieten können. Die Hotelzimmer sollen außerdem individuell anpassbar sein: "Das ist zum Beispiel durch spezielle Lichteffekte, Lüftungsmöglichkeiten und eine App, mit der sich Härtegrad und Höhe vom Bett einstellen lassen, möglich", sagt Linne. Denn der Gast wolle auch auf Reisen das Gefühl haben, nach Hause zu kommen - was Airbnb schon lange erkannt hat und deshalb genauso bewirbt.

2) AUTHENTIZITÄT: Nicht nur das Design soll erfrischend sein, ein Umdenken findet auch beim Service statt. Die Hotelmitarbeiter müssen zum Beispiel auch Insider-Tipps für Stadttour und Nachtleben geben können. Denn gerade die persönliche Nähe zum Gast sei der Grund für den Erfolg der Privatunterkünfte aus der Share Economy, die hier ebenfalls als Vorbild dient. Das Ziel: Die Gäste sollen vor Ort genauso leben und sich bewegen wie die Einheimischen.

3) INDIVIDUALISIERUNG: Der Standard-Look vieler Hotels ist nicht mehr so gefragt. "Sie sind einfach zu gleich, das langweilt", sagt Linne. Also müssen kreative Extras her: Statt der Minibar im Zimmer gibt es zum Beispiel eine Maxibar in der Lobby. Oder vom Hotel angebotene Stadtführungen. Wichtig sei dabei, die individuellen Ideen auch konsequent durchzusetzen, so der Experte.
Dass die Hotels sich von der Masse absetzen und spezialisieren müssen, bleibt nicht ohne Folgen: "Nicht alle Gästesegmente können dadurch bedient werden", sagt Tobias Warnecke vom Hotelverband Deutschland. Das heißt: Die neuen und hippen Konzepte sind nichts für jeden Gast. Doch die Generation Y einfach der Konkurrenz von Airbnb und Co. zu überlassen, ist keine Option mehr. Und die großen Ketten haben ja immer noch ihre etablierten Häuser. dpa