Mallorca und die Russen

Von Brigitte Kramer

Wer Russisch kann, findet auf Mallorca sofort einen Job. Das hoffen zumindest viele Kellner, Verkäuferinnen und Rezeptionisten, die seit dem Ende der Urlaubssaison auf der spanischen Ferieninsel arbeitslos sind. Sie nutzen den ruhigen Winter, um sich weiter zu bilden und Russisch zu lernen.

Die Nachfrage nach Russisch-Kursen habe sich vervielfacht, heißt es in der staatlichen Sprachenschule in der Inselhauptstadt Palma de Mallorca, die derzeit elf Kurse anbietet und einen großen Andrang verzeichnet. Elena Nosowa vom russischen Kulturverein Libuwa unterrichtet Anfänger bis zum Saisonstart im Frühjahr kostenlos. Das Alphabet und die Aussprache, die vielen Spaniern schwer falle, seien die ersten Hürden, sagt sie.

Die meisten Russen, die nach Mallorca kommen, sprechen nur ihre Muttersprache. Deshalb müssen sich die Bewohner der Mittelmeerinsel umstellen. Mallorca und die anderen Balearen-Inseln sind - neben Katalonien - das beliebteste Reiseziel der Russen in Spanien. 2007 kamen nach Angaben der Tageszeitung «El Mundo» 40 000 russische Besucher im Jahr, 2012 fast 150 000, in ganz Spanien waren es 2012 mehr als eine Million.

Die russischen Urlauber sind begeistert von Mallorca. Sie schätzen Sicherheit, Sonne und Shopping-Möglichkeiten, wie eine Umfrage der spanischen Fremdenverkehrsbehörde jüngst zeigte. Und sie verändern das Inselleben. Das Wirtschaftsportal «Mallorca Rusia» hilft spanischen Unternehmern bei der Suche nach russischen Investoren. Einige Hotels, Diskotheken und Restaurants haben schon den Besitzer gewechselt. «Die Russen sind hier sehr beliebt», sagt Portal-Betreiberin Elwira Galimowa.

Auch viele Immobilienmakler kommen mit Russen ins Geschäft. Vor allem Luxushäuser von überschuldeten Spaniern sind gefragt. Spaniens staatliche Bank zur Abwicklung fauler Immobilienkredite, Sareb, bietet derzeit im Internet rund ein Dutzend Villen auf Mallorca an: Reste der Immobilienblase, die nach der Sanierung des Finanzsektors nun günstig verkauft werden. Die Gegenden von Calvià und Andratx im Südwesten sind besonders beliebt.

Rund 5 000 Bürger aus Russland und den Nachbarstaaten Ukraine, Georgien sowie Weißrussland leben nach amtlichen Statistiken bereits fest auf Mallorca. Mehr als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung der Balearen sind Ausländer, darunter 36 000 Deutsche. Die Kultur- und Geschäftswelt hat sich bereits auf die russischsprachige Gemeinde eingestellt: Auf Mallorca gibt es speziell für das russische Publikum eine Zeitung, eine Zeitschrift, einen Radiosender, zwei Kulturzentren, mehrere Gastronomie-Importläden und ein russischsprachiges Taxiunternehmen.

Der Chefredakteur der Zeitung «Vesti Mallorca», Anton Polletaew, sagt: «Wir haben enge Verbindungen untereinander.» Er bietet seinen Lesern alle zwei Wochen Informationen von der Insel-Gemeinde, zu Immobilien und touristischen Themen.

Russische Reiseveranstalter und Fluglinien sprechen von 30 Prozent Wachstum für die kommende Sommersaison. Mit Sprachkursen und Übersetzungsdiensten, die die Handelskammer einheimischen Unternehmern anbietet, bereitet Mallorca sich auf die russischen Besucher vor. Es sind immer mehr Hinweisschilder und Werbetafeln in kyrillischer Schrift zu sehen - um diese zu entziffern, ist ein Anfängerkurs in Russisch allemal gut. dpa