Oktoberfest München Wiesn eröffnet - O'zapft is

Punkt 12 Uhr war es im Schottenhamel Festzelt soweit: Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter zapfte mit vier Schlägen das erste Fass Wiesnbier an. Mit seinem Ausruf O'zapft is beginnt das 181. Oktoberfest. Sein Vorgänger Christian Ude brauchte in den vergangenen Jahren jeweils nur zwei Schläge.

Doch beim größten Volksfest der Welt lauern Fettnäpfchen. Warum man zuerst auf die Schürze und dann aufs Dekolleté schauen sollte und wie ein Bier richtig bestellt wird, zeigt das Wiesn-ABC (Das Foto zeigt den neuen Marstall, der das Hippodrom von Sepp Krätz ablöste).

A wie Anstich: Um Punkt 12 Uhr sticht der Münchner Oberbürgermeister am ersten Wiesn-Samstag in der Anzapfboxe im Schottenhamel-Zelt das erste Fass an und ruft: «Ozapft is!» In diesem Jahr musste die Boxe umgebaut werden. Nachdem mit Christian Ude mehr als 20 Jahre lang ein Linkshänder das Fass anstach, folgt ihm mit Dieter Reiter nun ein Rechtshänder.

B wie Bier und Brezn: Sie bilden so etwas wie die Corporate Identity des Oktoberfestes. Kein Wiesn-Plakat kommt ohne Bilder von Brezn und Bierkrügen aus. In diesem Jahr ist das Bier so teuer wie noch nie, die Maß knackte erstmal die 10-Euro-Grenze.

C wie Campingplatz: Der zweite Hotspot neben der Theresienwiese ist ein Campingplatz in Thalkirchen, ein wenig außerhalb der Innenstadt. Da nisten sich vorzugsweise australische Touristen ein, um von dort aus Tag für Tag auf die Wiesn zu pilgern.

D wie Dirndl-Dekolleté: Holz vor der Hüttn kann im Dirndl nicht schaden. Wer den Blick ins Dekolleté wagen will, sollte aber vielleicht vorher kurz auf die Dirndl-Schürze schauen. Hat die Dame den Knoten von ihr aus betrachtet links gebunden, gibt es noch Chancen. Ist er rechts, ist sie vergeben.

E wie Endlose Warterei: Wer im Bierzelt feiern will und keine Reservierung hat, braucht Geduld und starke Nerven. Vor allem junge Leute stehen schon Stunden, bevor die Zelte öffnen, an den Eingängen an, um einen Platz zu ergattern.

F wie Flirten: Das Flirten gehört zur Wiesn wie Brezn, Bier und Blasmusik. Schließlich bringen Dirndl und Lederhose oft - zumindest optisch - das Beste im Menschen zum Vorschein.

G wie Gspusi: Klappt es mit dem Flirten, ergibt sich daraus vielleicht ein Gspusi, ein kleines Techtelmechtel.

H wie Hügel: Im Winter fahren Kinder mit dem Schlitten hinunter, zur Wiesn-Zeit geht es auf dem Hügel hinter den Bierzelten alles andere als jugendfrei zu. Paare, die frisch zusammengefunden haben, kommen sich dort näher, Wiesngäste erleichtern ihre Blase - oder schlafen ihren Rausch aus. Spätestens in Woche zwei ist der Geruch in Hügel-Nähe kaum noch zu ertragen.

I wie Italiener-Wochenende: Das mittlere Wiesn-Wochenende gilt traditionell als besucherstärkstes Wochenende - und vor allem zehntausende italienische Gäste tragen ihren Teil dazu bei.

J wie Jubel: Er brandet auf, wenn der Bürgermeister das erste Fass angestochen hat und das Bier endlich in Strömen fließt.

K wie Käferzelt: Hier knutschten die Effenbergs, und zum traditionellen Wiesn-Besuch des FC Bayern bringen die Spieler ihre Frauen mit. Das Käfer-Zelt am Ende der Bierstraße ist nobel und das Promi-Zelt Nummer eins. Nach dem Wegfall des Hippodroms muss der Nachfolger Marstall erst noch beweisen, ob er sich als Promi-Zelt und Käfer-Konkurrenz etablieren kann.

L wie Lebkuchenherz: Spatzl, Mausi oder der schlichte «Gruß vom Oktoberfest» - wer ohne Lebkuchenherz von der Wiesn nach Hause geht, ist selber schuld.

M wie Maß: Die Maß ist weiblich und sie wird mit kurzem a und scharfem s gesprochen. Wer «ein Maaaß Bier» bestellt, outet sich sofort als Zuagroaster.

N wie Noagerl: Der unappetitliche Rest in der Maß heißt Noagerl und teilt die Welt in drei Typen von Menschen: Die, die einfach drauf verzichten, die, die ihn trinken, und die, die ihn gleich in die nächste Maß kippen.

O wie Olympia-Looping: Die Looping-Achterbahn gehört zu den berühmtesten und traditionellsten Fahrgeschäften auf der Wiesn.

P wie Prosit der Gemütlichkeit: Es ist der Wiesn-Schlachtruf schlechthin. Wenn er ertönt, heißt es: Hoch die Krüge und gsuffa.

Q wie Querulant: Nicht jeder mag die Wiesn. Vor allem Anwohner werden zu Querulanten, wenn sie sehen, was die Oktoberfest-Besucher in ihren Vorgärten und Hinterhöfen anstellen.

R wie Rindvieh: Auf der Wiesn, zu Füßen der Bavaria, gab es bis vor Kurzem einen Altar für ein Rindvieh. Er erinnerte aber nicht etwa an einen der vielen Ochsen, die am Oktoberfest-Spieß ihr Leben lassen mussten, sondern an eine Kuh, die kurz vor Wiesn-Start vor dem Schlachter geflohen war und auf der Theresienwiese von der Polizei erschossen wurde.

S wie Schießbude: Da gilt der Mann noch als Mann: Am Gewehr zeigen Oktoberfest-Besucher ihren Frauen oder neuen Bekanntschaften, was sie können. Manchmal klappt's auch wirklich mit der Plastik-Rose.

T wie Teufelsrad und Toboggan: Die beiden Fahrgeschäfte, die zu den ältesten auf der Wiesn gehören, zelebrieren das Fremdschämen und die Schadenfreude. Während die Gäste sich mit Seilen und Bällen unsanft vom Teufelsrad vertreiben lassen, fallen die meisten auf dem Förderband zur Toboggan-Rutsche ganz von selbst.

U wie Umsatz: Wer wieviel verdient auf der Wiesn, ist ein großes Geheimnis. Allein die rund sechs Millionen Maß aber, die im Schnitt pro Jahr verkauft werden, bringen schon 60 Millionen Euro.

V wie Vollrausch: Auch wenn die Verantwortlichen immer wieder den traditionellen Charakter der Wiesn betonen: Für sehr viele ist das Oktoberfest in erster Linie die größte Party der Welt, die nicht selten im Vollrausch endet.

W wie Weinzelt: Kaum zu glauben, aber nicht überall auf der Wiesn gibt es Bier aus Maßkrügen. Im Weinzelt trinkt man - wie der Name schon sagt - Wein. Außerdem gibt es Weißbier.

X wie xuffa: Zugegeben, die gebräuchlichste Schreibweise ist das nicht. Aber wenn es zur Wiesn wieder heißt «oans, zwoa, drei...», dann kann der bierselige Münchner «gsuffa» rufen oder eben auch «xuffa». Rein grammatikalisch ist «xuffa» (oder «gsuffa») das Partizip perfekt von saufen. Faktisch aber ist es natürlich in erster Linie ein Imperativ und die Aufforderung, die Maß Bier gen Himmel zu recken, anzustoßen und das Glas dann zeitnah zu leeren.

Y wie Yangon: Die Wiesn ist längst ein Exportschlager. Sogar in Yangon in Myanmar gibt es ein Oktoberfest.

Z wie Zapfenstreich: Um 22.30 Uhr ist Schluss. Ab dann gibt es in den Wiesn-Zelten kein Bier mehr. Die letzte Stunde verbringen die Ordnungskräfte vor allem damit, betrunkene Gäste aus den Zelten zu treiben. Um Punkt 23.30 Uhr nämlich machen sie zu. GW/dpa

Die Wiesn-Zelte im Vergleich

Erstmals seit Jahrzehnten gibt es in diesem Jahr ein neues Zelt an der Bierstraße auf dem Münchner Oktoberfest. Weil der Hippodrom-Wirt Sepp Krätz wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, musste sein Promi-Zelt Hippodrom den begehrten Platz direkt am Haupteingang räumen. An der Stelle steht nun zum ersten Mal der Marstall, der seinem Vorgänger zumindest optisch gar nicht so unähnlich ist.

In allen Zelten wird gefeiert, geflirtet und getrunken - doch es gibt große Unterschiede. Je nachdem, für welches der Zelte man sich entscheidet, findet man junges oder gesetzteres Publikum, eingefleischte Münchner oder Touristen aus aller Welt. Hier eine kleine Zeltkunde:

ARMBRUSTSCHÜTZENZELT Das Armbrustschützenzelt stand schon im Jahr 1895 auf dem Oktoberfest, die Boxen und Balkone sind nach heimischen Tieren benannt: Von A wie Adler bis W wie Wildsau. Hier wird die Schützen- Tradition hochgehalten. In einem Zeltanbau gibt es eine 30 Meter lange Schießbahn, auf der seit 1935 während der Wiesn die Deutschen Armbrust-Meisterschaften stattfinden.

AUGUSTINER Im Zelt der ältesten Münchner Brauerei feiern vor allem Münchner sich selbst und die bayerische Gemütlichkeit. Nur hier wird das Bier noch aus traditionellen Holzfässern gezapft, den Hirschen. Doch auch im Augustiner tanzt man auf den Bierbänken, die rund 6000 Besuchern Platz bieten.

BRÄUROSL Das Pschorr-Traditionszelt Bräurosl ist nach der Tochter des früheren Brauereibesitzers Pschorr benannt. Auch dort geht es weitgehend urig und gemütlich zu - mit Ausnahme des ersten Wiesn-Sonntags. Dann feiern hier tausende Homosexuelle den «GaySunday».

FISCHER VRONI Bei der Fischer Vroni feiern gerne ältere Gäste, aber auch Touristen. In diesem vergleichsweise kleinen Zelt gibt es eine bayerische Spezialität, die sich kein Wiesn-Besucher entgehen lassen sollte: leckeren Steckerlfisch, Fisch am Stock.

HIMMEL DER BAYERN Ziemlich jugendlich ist das Publikum im Hacker-Festzelt «Himmel der Bayern». Mit seiner weiß-blauen Decke und kleinen Wölkchen gilt es als eines der schönsten Zelte auf der Wiesn.

HOFBRÄU-ZELT Es ist eins der größten und sicherlich das lauteste Zelt: Im Hofbräu-Festzelt treffen sich vor allem Touristen aus aller Welt, die das Bier schon im Hofbräuhaus kennen und lieben gelernt haben. Hier wird getrunken, getanzt und gesungen. Aus dem Zelt dröhnt schon am frühen Morgen, bevor die Musik anfängt, Grölen über den Festplatz.

KÄFER-ZELT Nirgendwo geht es exklusiver zu als in Käfer's Wiesnschänke. Fußballstars vom FC Bayern, Verona Pooth und Ralph Siegel - die Promi-Dichte ist hoch. Im Käfer-Zelt gibt es neben Bier auch Wein und Champagner.

LÖWENBRÄU-FESTHALLE Ein großer Löwe über dem Eingang brüllt «Löööööwenbrääääu» und zieht damit Einheimische und «Zuagroaste» gleichermaßen an. Mit mehr als 8000 Plätzen gehört die Festhalle zu den größeren Zelten. Hier heißt es: Gaudi für jeden, egal woher, egal wie alt.

MARSTALL Wo jahrzehntelang Promis im Hippodrom feierten, steht nun der Marstall. Vieles ähnelt im Marstall allerdings dem Vorgänger: Champagnerbar, Tischdecken und erlesene Speisekarte - vom Tartar vom Wagyu-Ochsen über Hendl und Backerl vom Milchkalb bis zum veganen Holzfäller-Tofu-Pflanzerl. Ob sich davon auch wieder Promis von Beckenbauer bis Heino anziehen lassen, muss sich erst noch zeigen.

OCHSENBRATEREI In der Ochsenbraterei geht es zünftig zu. Seinen Namen hat das Zelt von dem großen Ochsen am Spieß, der nicht nur Dekoration über dem Eingang, sondern auch die wichtigste Attraktion im Innern dieses Festzelts ist. Seit fast 130 Jahren werden hier jedes Jahr ganze Ochsen am Stück gebraten. Auf einer großen Tafel lesen die Gäste den Namen des Ochsen, der sich gerade am Spieß dreht.

SCHOTTENHAMEL Im Schottenhamel wird das größte Volksfest der Welt traditionell eröffnet. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) stach dort alle Jahre wieder vor den Augen der bayerischen Politprominenz das erste Fass an, in diesem Jahr ist zum ersten Mal sein OB-Nachfolger Dieter Reiter (SPD) dran. In den Tagen nach dem Anstich strömen überwiegend junge, feierfreudige Menschen aus München und Umgebung in das Zelt.

SCHÜTZENFESTZELT Auch im Schützenzelt werden urbayerische Gemütlichkeit und Feierfreude in Ehren gehalten. Zum Löwenbräu-Bier wird die Spezialität des Hauses serviert: in Malzbier gebratenes Spanferkel.

DAS WEINZELT Im Weinzelt liegt der Fokus - wie der Name schon sagt - nicht auf dem Bier. Dort gibt es kein Helles in Maßkrügen, sondern nur Weißbier, Wein und Champagner. Gesungen und gefeiert wird hier trotzdem. «Fesche Madln haben ihren Spaß an den vielen Bars und fesche Burschen an den Madln», wirbt die Homepage.

WINZERER FÄHNDL Zur Jubiläums-Wiesn 2010 leistete sich die Paulaner-Brauerei einen kompletten Neubau. Als erstes Festzelt bekommt das Winzerer Fähndl eine zentrale Bierversorgung: Eine Ringleitung im Boden garantiert, dass der Bierfluss nicht ins Stocken gerät.

Die Zelte der «Oidn Wiesn»:

FESTZELT «TRADITION» Zünftige Blasmusik und Alt-Münchner Schmankerl: Hier kommen traditionsbewusste Gäste auf ihre Kosten, denen Landhaus-Mode und Mini-Dirndl ein Gräuel sind. Trachtler, Schuhplattler und Goaßlschnalzer sorgen für «griabige» (gemütlich-kernige) Stimmung.

MUSIKZELT «ZUR SCHÖNHEITSKÖNIGIN» Volksmusik zum Zuhören und Mitmachen - damit will das Zelt lebendige Tradition bieten. Unter dem Motto «Musiziert wird, was auf den Tisch kommt» bieten vielfach junge Gruppen bodenständige bayerische Volksmusik, angereichert mit experimentellen Elementen, Rock oder Klängen anderer Völker. Gstanzl - der bayerische Spottgesang in Reimform - ist ebenso zu hören wie traditionelle Blasmusik. Um dem Namen des Festzeltes gerecht zu werden, wird jeden Tag ein Madl zur Schönheitskönigin gekrönt.

Abdankbier bis Zeigelbier - Wörterbuch listet 100 Bier-Begriffe auf

Es gibt nicht nur Weißbier oder Wiesnbier: Im Bayerischen Wörterbuch, an dem die Kommission für Mundartforschung an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften seit Jahren arbeitet, sind mehr als 100 verschiedene Bier-Begriffe, teils Jahrhunderte alt, aufgelistet. Hier einige etwas unbekanntere Beispiele - vom Apostelbier bis zum Zeigelbier.

ABDANKBIER bekommen die Burschen, die ein frisch vermähltes Brautpaar nach der Hochzeit nach Hause begleiten - damit sie endlich verschwinden.

APOSTELBIER bezeichnet ein Bier, das gemeinsam mit zwölf anderen getrunken wird.

BRENTENBIER ist abgestandenes Bier, das vom Hahn abtropft.

DREIBIER ist auf der Wiesn durchaus verbreitet und bezeichnet ein alkoholisches Kaltgetränk, das um drei Uhr nachmittags getrunken wird.

FLIEGENBIER soll (Frucht-)Fliegen fangen.

GRÄBNISBIER/LEICHENBIER/TOTENBIER trinkt man auf einer Beerdigung.

HÄFTLEINBIER soll das Heiratsversprechen noch einmal bekräftigen. Es trinken allerdings nicht die künftigen Eheleute gemeinsam, sondern deren Eltern.

HANDSCHUHBIER bezeichnet Weißbier aus einem kleinen Fass.

HEILIGVATERBIER ist ein Starkbier «von besonderer Güte», das einst in Paulaner-Klöstern gebraut wurde.

KINDLEINBIER gibt es zur Taufe.

KRÄNZLEINBIER gibt es beim alkoholischen Kaffee-Kränzchen - früher vor allem bei Dienstboten.

Ein MUMMELSBIER tischt der Wirt seinen Freunden still und heimlich auf.

NOAGERL ist auch heute noch ein gebräuchlicher Begriff für den unappetitlichen Rest in der Maß.

PLEMPEL meint schlechtes, abgestandenes Bier.

SALVATORBIER ist aus reinem Malz und ohne Hopfen gebraut, stark, aber nur acht Tage haltbar.

Für ein STEHBIER setzt man sich nicht hin.

STUHLFESTBIER wird getrunken, wenn das Aufgebot für die Hochzeit bestellt wird.

ZEIGELBIER bezeichnet privat gebrautes und ausgeschenktes Bier. dpa