Sortiermaschine für Spitzenweine

Von Andrea Löbbecke

Blitzschnell sausen die Weinbeeren über das blaue Band, um am Ende im «guten» Bottich oder in der Ausschussrinne zu landen. Mit dem Ergebnis ist Kai-Uwe Vieth noch nicht ganz zufrieden, immer wieder tippt er neue Befehle in den Computer, tüftelt an den Druckluftdüsen. Der Naturwissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (Karlsruhe) testet im Hof des Weingutes der Hochschule Geisenheim im Rheingau eine neu entwickelte Traubensortieranlage.

Läuft alles nach Plan, dann trennt das Gerät nicht nur faule von guten Beeren, sondern auch große von kleinen oder helle von dunkleren. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Entwicklung mit etwa einer halben Million Euro.

Die Ernte zu sortieren, das ist in einigen Betrieben üblich, vor allem in Spitzenweingütern. Allerdings geschieht dies meist durch vieler Hände Arbeit an großen Tischen und lohnt sich nur für Weine der höheren Qualität. Es sind auch schon maschinelle Sortierer auf dem Markt, die faule von gesunden Trauben trennen. «Wir gehen nun weiter und wollen zusätzliche Parameter ergänzen», sagt Weinbauingenieurin Magali Lafontaine von der Hochschule Geisenheim.

So kann etwa die Trennung der Beeren nach Größe den Geschmack des künftigen Weins beeinflussen. «Die Aromen stecken in der Schale, und bei kleinen Beeren ist das Verhältnis von Schale zu Fruchtfleisch größer», erklärt die Versuchsingenieurin.

Das gleiche gelte für die Farbintensität bei Rotweinen, denn die Pigmente sitzen wie die Aromen in der Schale. «Allerdings haben kleine Beeren auch weniger Kerne, in denen ebenfalls Aromen stecken», sagt Lafontaine. «So kann der Winzer mit der Einstellung der Maschine den Stil seines Weins bestimmen.» Die optische Anlage sortiert auch Fremdkörper aus dem Lesegut, etwa Blätter, Schnecken und Insekten. Wenn Marienkäfer mit in die Kelter rutschen, dann könne dies den Geschmack des Weines beeinflussen, erklärt Lafontaine.

«Wir begrüßen die Entwicklung solcher Maschinen», sagt der Referent für Weinwirtschaft beim Deutschen Raiffeisenverband in Berlin, Stefan Kolb. «Es ist jedoch fraglich, ob das praktikabel ist.» Wichtig sei, dass auch große Mengen Trauben in kürzester Zeit verarbeitet werden können. In größeren Betrieben könnten an einem Tag rund 100 Tonnen Trauben anfallen, rechnet Kolb vor. Während der mehrwöchigen Lese summiere sich dies in einer Genossenschaft schnell auf mehr als zwei Millionen Liter Most für Qualitätswein.

Ob sich die Investition in eine Sortieranlage lohne, das hänge auch davon ab, ob sich die Mehrkosten über einen höheren Weinpreis erwirtschaften ließen. Für Winzer könnte es nach der Einschätzung von Kolb interessant sein, einzelne Chargen ihrer Ernte sortieren zu lassen - und dafür einen Dienstleister zu engagieren.

Ähnliche Anlagen sind schon an vielen Stellen im Einsatz, zum Beispiel bei der Schüttgutsortierung von Tabak, Tee, Trockenfrüchten oder auch Diamanten und Mineralien, erklärt Vieth. Im Hof des Weingutes werden die Trauben zunächst entrippt, also von den Stilen befreit. Die einzelnen Beeren fahren dann mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde unter einer Hochgeschwindigkeitskamera entlang. Diese scannt die Früchte und wertet die Daten blitzschnell aus. Was als «schlecht» erachtet werden kann, hat die Software vorher gelernt. Dazu können Schimmel, Ohrwürmer und Blätter zählen. Per Druckluft wird dann alles rausgeblasen, was nicht in die Kelter gelangen soll.

Den unterschiedlichen Reifegrad der Beeren erkennt das Gerät anhand von Farbnuancen, künftig soll auch der Zuckergehalt erfasst werden. Ziel der Forscher ist, dass die Anlage mehrere Tonnen Trauben pro Stunde bewältigt. Wann die Maschine in Serie gehen kann und was sie kosten wird, kann Vieth noch nicht abschätzen. Die nächste Bewährungsprobe steht im Juni 2014 an - dann sollen die Weine verkostet werden, die mit Hilfe der Anlage in den Geisenheimer Fässern gereift sind. dpa

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