Sternekoch Marcel Schiefer steigt aus Kochen ohne Michelin-Stern

Von Ulrike Hofsähs

Gerade erst hat Marcel Schiefer wieder einen Stern erkocht. Sein «Restaurant Schorn» in Düsseldorf wurde zum dritten Mal mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet für «eine Küche voller Finesse». Und doch steigt Schiefer aus, gibt die Ehre zurück und schließt das Restaurant zum Jahresende. Der 28-jährige Rheinländer will mehr Zeit für seine kleine Familie haben. Und er sagt: «Ich will anders arbeiten.» 

Als Schiefer 2012 erstmals in den Guide Michelin kam, war er der jüngste Sternekoch des Jahrgangs. Seine Speisekarte kennt keine Schnörkel. «Kalbsbäckchen, Kohl, Senf, Kümmel» steht darauf oder für ein Dessert «Mandarine, Milchschokolade, Earl Grey, Haferflocken».

Der Guide Michelin befand in seiner im November erschienenen Ausgabe für 2016: «Der Chef kocht modern mit klassischen Wurzeln.» Das «Restaurant Schorn» führt Schiefer mit seiner Frau Anne.

Von dem Gastroführer ausgezeichnet zu werden, ist der Traum der Spitzenköche und der Lohn für stetige, intensive Arbeit. In Nordrhein-Westfalen gibt es 45 Restaurants mit einem oder mehreren Sternen, 290 sind es bundesweit. In dieser Liga wird mit großem Aufwand und edlen Zutaten gekocht, es entstehen wunderschöne Kompositionen für das Auge und aromenreiche, unvergessliche Gerichte.

Dazu Kerzen, gestärktes Leinen, funkelnde Gläser, tolle Weine. Das alles hat seinen Preis - nicht nur für die Gäste.

«Ein Sternerestaurant ist so zeitintensiv, dass keine Zeit für anderes bleibt», sagt Schiefer. Der Rheinländer mit dem dunklen Schopf kocht zwar «total gerne» - aber nicht mehr jeden Tag zwölf Stunden. Sein kleiner Sohn ist auch ein Grund. Er sehe den Zweijährigen kaum, erzählt der junge Vater. Wenn im Restaurant die Lichter ausgehen, schläft der Junge schon lange. Wenn es geht, holt er den Kleinen von der Tagesmutter ab, ehe der Arbeitstag am Herd beginnt. «Papa arbeiten» kann der Zweijährige längst sagen.

Seit 2014 haben Schiefer und sein Team ein zweites Standbein mit einem modernen, gutbürgerlichen Speiselokal in einem dörflich geprägten Stadtteil von Düsseldorf. Auch hier wird in der Küche frisch verarbeitet, dampft der Rotkohl im Topf, werden Klöße geformt. Die Schwellenangst, die viele Gäste vor einem Sternerestaurant haben, haben sie an den rustikalen Holztischen nicht.

Auch ohne Stern wird Schiefer hier am Herd stehen. Aber es gibt nicht, wie in der Edelgastronomie, die Erwartung, dass der Küchenchef immer präsent ist. Der 28-Jährige plant zudem Events, Caterings, Kochkurse und Weinseminare. «Ich koch weiter tolle Sachen, nur nicht in einem mit einem Stern ausgezeichneten Restaurant», sagt er.

Beim Guide Michelin ist eigentlich nicht vorgesehen, dass die Auszeichnung zurückgegeben wird, denn der Band liegt ja gedruckt vor. «Der Stern erlischt, wenn ein Restaurant schließt», sagt Sprecherin Sarah Tomasso.

Generell sei Kochen auf Sterne-Niveau ein Mannschaftssport. Dennoch spiele der Küchenchef als Kapitän der Mannschaft eine besondere Rolle. Die anstrengende, kreative Arbeit verlangt viel von den Alpha-Tieren in der Küche. «Wir sind alle sehr, sehr eigen», sagt Schiefer. dpa