Sterneküche Als Azubi in New York

Von Jenny Filon

Das Badezimmer von Grayson Altenberg beginnt am Fußende seines Bettes: eine runde Duschkabine, ein kleines Waschbecken, ein Spiegel. Direkt neben seinem Bett befindet sich die Küche: zwei Herdplatten, zwei Tassen in einem Hängeregal. Den kleinen Kühlschrank kann er aus dem Bett heraus öffnen. Ein Fenster gibt es nicht. Tageslicht fällt nur durch einen Schacht in der Decke in den Raum. Auch ein Schrank fehlt. Seine Hemden liegen sorgfältig gefaltet auf schmalen Regalböden, die Altenberg unter der Decke angebracht hat. Die Toilette hat keine Tür. Weil dafür einfach kein Platz ist.

Grayson Altenberg lebt auf neun Quadratmetern. Und damit in einer der wohl kleinsten, voll ausgestatteten Wohnungen der Upper West Side - einem der begehrtesten Viertel Manhattens, westlich vom Central Park. Da, wo die monatlichen Mieten für ein Studio bei rund 3000 Dollar beginnen und Stars wie Al Pacino, Denzel Washington, Matt Damon, Michael J. Fox, Bono oder Sting zu Hause sind.

Ein Makler hat dem 22-Jährigen geholfen, die 1100 Dollar (etwa 990 Euro) teure Wohnung zu finden. Denn Altenberg kam im August mit Nichts außer einem großen Rucksack aus seiner Heimat Wisconsin nach New York City, um «es in der großen Stadt zu schaffen und nicht im Mittleren Westen hängenzubleiben», wie er sagt. Das Lincoln Ristorante im Lincoln Center, ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern, hatte ihm eine Stelle als Kochlehrling angeboten. Der einzige Wunsch: eine Wohnung nah an der Arbeitsstelle. Mit wenig Platz hatte er gerechnet.

«Es klingt nach einem New Yorker Klischee», sagt er, «aber um es hier zu schaffen, muss man einfach nehmen, was kommt». Eigentlich war er davon ausgegangen, sich wenig Raum mit vielen Mitbewohnern teilen zu müssen. «Dass ich jetzt sogar meine eigene Wohnung in der Upper West Side habe - für das gleiche Geld, das ich in Harlem für ein Zimmer in einer WG gezahlt hätte - ist ein Traum.»

Grayson Altenberg ist glücklich mit dem, was er hat. Das Glas sei für ihn immer halb voll, sagt er. Er könne schließlich jeden Tag im Bett frühstücken. Einen Tisch besitzt er nicht, auch ein Stuhl hat in dem kleinen Zimmer keinen Platz. Schlafen, frühstücken, seine japanischen Messer schleifen, Fitnesstudio, Arbeit: Um in der kleinen Wohnung klarzukommen, hat sich der angehende Koch eine tägliche Routine angewöhnt. «Ich mache jeden Tag das Gleiche», sagt Altenberg und lacht. Wenn er etwas aus dem Regal benutzt, stellt er es gleich wieder zurück. Wenn er kocht, spült er anschließend sofort ab. «Ich kann kein Chaos hinterlassen. Dafür habe ich gar keinen Platz.»

Noch etwa zwei Jahre will der junge Amerikaner, der deutsche Vorfahren hat, in New York bleiben. Dann zieht es ihn nach Europa. Er ist ehrgeizig. Eines der besten Restaurants der Welt, das «Noma», befinde sich in Kopenhagen. In Dänemark würde er gerne weiterlernen.

Doch jetzt wohnt er erstmal auf neun Quadratmetern in der Upper West Side. Macht sich zum Mittagessen warmes Bruschetta auf seinen zwei Herdplatten, geht zum Duschen oft lieber ins Fitnessstudio, denn da gebe es alles, sagt er. «Auch Internet und Fernsehen», fügt er hinzu. «Für mich ist das Gym wie mein zweites Zuhause.» dpa

Lincoln Ristorante in New York at Lincoln Center, NYC, lincolnristorante.com