Szene Was 2015 angesagt war

Was war vergangenes Jahr Trend? Eine Auswahl, was 2015 Szene-Hits waren:

 

APPLE WATCH: Am Anfang war viel Werbung und Tamtam - das angeblich persönlichste Gerät von Apple. Vielleicht ist es aber zunächst doch nur eine Uhr mit Plastikarmband, vom Design her fast Billig-Look.

 

BINGE-WATCHING: Binge-Watching (Schauen mehrerer Folgen an einem Stück; auch: Komagucken) ist bei US-Serien von «House of Cards» bis zum Beispiel «Transparent» längst angesagt. Streamingdienste wie Netflix befeuern den Trend. In diesem Jahr fiel auf, dass jetzt auch große Sender dieses Verhalten ihren Zuschauern bei deutschen Produktionen nahelegen - indem sie Folgen vorab online stellen und dicht programmieren (etwa: «Weissensee»/ARD, «Blochin»/ZDF, «Deutschland 83»/RTL).

 

BOWL UND BOWLE: zwei Revivals - zum einen scheint die Schüssel

(engl.: bowl) für alles Mögliche passend zu sein, zum anderen die gute alte Bowle (ja, das Getränk aus dem Partykeller der 70er; jetzt aber leichter und weniger dosenfrüchtelastig). Aus Schüsseln wird jetzt übrigens nicht mehr nur Erbsensuppe gelöffelt, sondern auch In-Food wie Linsen, Bohnen, Tofu, Quinoa oder Avocado - wobei mancher die gehypten (fetten) Avocados für out hält. Stichwort: «Overcado»!

 

CEVICHE: Das In-Food des Jahres war wohl Ceviche, das für Peru-Fans und Kenner der lateinamerikanischen Küche zwar ein alter Hut ist, aber als Gastro-Trend in Europa und Deutschland eher neu und plötzlich auf den Speisekarten vieler angesagter Lokale auftauchte.

Bei dem Verfahren und den verschiedenen Gerichten werden Fisch und Meeresfrüchte mit Limetten zubereitet. Die Säure gart es dann quasi.

 

CORNERN: Das coolere Wort für Abhängen mit Freunden. Das ist es aber eben auch nur fast: Die Straßenecke (engl.: street corner) machte in diesem warmen Sommer sogar Clubs und Bars Konkurrenz. Trauben junger, hipper Menschen tranken in den Städten Bier auf dem Bürgersteig. Vom einfachen Abhängen mit Kumpels unterscheidet es sich, da es eben nicht unbedingt Freunde sind, sondern die Zusammensetzung wechselt.

 

DADBOD: Was Normcore 2014 war (also der Anti-Hipster-Hype um den Normalo-Look in der Mode), war 2015 der angebliche Trend zum «Dad Bod» - dem Vaterkörper, der Papa-Plauze. Die männliche Normalstatur plötzlich voll im Trend? Jedenfalls zeigten sich auch Hollywood-Stars mit Bäuchlein am Strand. Als Ausgangspunkt der Diskussion galt ein Artikel der US-Studentin Mackenzie Pearson («Why Girls Love The Dad Bod»). Der Dadbod ist laut Pearson ein Mix aus Bierbauch und bisschen trainiertem Oberkörper. Experten waren skeptisch: Die Modebranche werde weiter auf trainierte Typen statt Bäuche setzen.

 

EMOJI: Emojis sind ja schon seit längerem die neue Weltsprache, in diesem Jahr sorgten die milliardenfach genutzten Bildchen der digitalen Kommunikation aber für besonders viel Aufsehen, unter anderem weil die britischen «Oxford Dictionaries» das Gesicht mit Freudentränen (Face with Tears of Joy) zum «Wort des Jahres» (Word of the Year) kürten.

 

FOODPORN: Mancher sagte, Instagram sei schon wieder out, bei vielen kam das Foto-Netzwerk aber erst 2015 an - und damit Hashtags wie #Foodporn (leckeres Essen) oder #Earthporn (schöne Landschaften).

 

GHOSTING: In diesem Jahr populär gewordenes Wort aus Amerika fürs Schlussmachen ohne jegliche Erklärung. Wenn sich der Partner in Luft aufzulösen scheint und nicht mehr meldet und reagiert. Es wirkt so, als habe man mit einem Gespenst oder Geist (ghost) zu tun gehabt.

 

HALF-BUN: Der voriges Jahr so gehypte Dutt wurde dieses Jahr vom «Half-Bun» (funktioniert wie das Original - nur dass die meisten Haare noch offen nach unten hängen) eingeholt. Der neue Männerdutt - oder besser: neue Hipster-Trend - war angeblich der «Man Braid» (geflochtene Bauernzöpfe wie beim Wikinger Ragnar Lothbrok (Travis

Fimmel) aus der Fernsehserie «Vikings»). Männer mit Bart kriegen zudem nie genug und tendierten 2015 angeblich zur Bartverlängerung - «Beard-Extensions» heißt das dann.

 

IDENTITÄT: Der 90er-Begriff Unisex ist out, jetzt ist aber von Genderbending die Rede (also: das (andere) soziale Geschlecht äußerlich übernehmen). In In-Vierteln und Clubs sah man Männer in

Spitzen- und Schluppenblusen (nicht mehr nur Frauen in Männerhemden).

 

JAN BÖHMERMANN: Das TV der Jungen ist ja angeblich YouTube, doch Jan Böhmermann macht sein Ding multimedial in Netz und Fernsehen (seit diesem Jahr läuft sein «Neo Magazin Royale» sogar im Hauptprogramm vom ZDF). Ob «Varoufake», «Laugengebäck», «Polizistensohn» oder seine

100 Fragen ohne Antwort auf Facebook kurz nach den Terroranschlägen von Paris: Jan Böhmermann perfektionierte 2015 die Kunst, auch bei Leuten Gesprächsthema zu sein, die seine Show gar nicht gucken. Als «POL1Z1STENS0HN» mit dem Lied «Ich hab Polizei» landete er sogar in den Musik-Charts. Und selbst die «New York Times» berichtete über ihn und seine Mission, die Deutschen zum Lachen bringen zu wollen.

 

KAFFEE: Bleibt immer angesagt, ist aber eben nicht immer ein Heißgetränk. 2015 wurde «Cold Brew» zum größeren Thema. Das ist kein kalt gewordener Kaffee, sondern aufwendig mit kaltem Wasser aufgesetzter Kaffee, der stundenlang im Kühlschrank zieht.

 

KOKOSWASSER: Als Erfrischung und sogenannte Entgiftung wurde Kokosnusswaser zum Sommer-Trend. Es soll helfen, Toxine abzubauen, von innen Feuchtigkeit spenden und sogar ausgeschwitzte Elektrolyte zurückgeben. Ob 2016 noch jemand von dem Naturprodukt spricht?

 

LIKE MICH AM ARSCH: So fasste die Band Deichkind den Überdruss an Facebook in einem Lied zusammen. Deutschsprachig überraschend und den Zeitgeist treffend waren im Pop auch Sarah Conor («Muttersprache»), das Musikerinnen-Duo Schnipo Schranke («Pisse»), Joris («Herz über

Kopf») oder die Hip-Hop-Stars K.I.Z. («Hurra die Welt geht unter»).

 

MANSPLAINING: Von «Man» (Mann) und «explaining» (erklären) - neues Wort im deutschen Feuilleton, im Zusammenhang mit einem Buch der feministischen, amerikanischen Denkerin Rebecca Solnit. Phänomen

dahinter: wenn Männern Frauen besserwisserisch die Welt erklären.

 

NAMEN: Nach den Bestsellern «Schantall, tu ma die Omma winken!» und «Schantall, tu ma die Omma Prost sagen!» wurde Vornamen-Bashing jetzt langsam mal out. «Alpha-Kevin» (Dümmster von allen) wurde beim Online-Voting zum «Jugendwort des Jahres» disqualifiziert, um keinen zu diskriminieren. Sieger wurde dann - nach «Läuft bei dir» (2014) - das kaum geläufige «Smombie» (Smartphone-Zombie).

 

OMAHAAR: Als «Granny Hair» wird es bezeichnet, wenn die Haare silbern wie bei Oma sind: Lady Gaga, Rihanna und Kelly Osbourne machten diesen Trend mit. Beim Friseur sitzt man dafür stundenlang. Es ist wie beim Männerdutt: Nicht jeder findet es schön.

 

OVERNIGHT OATS: Das Porridge- und Haferschleim-Revival hatte eine neue Auswirkung: Overnight Oats - über Nacht in Milch eingelegte Haferflocken.

 

PALEO: Essen, das schon in der Steinzeit da war, erlebte dieses Jahr unter dem Stichwort «Paleo» oder auch «Paläo» (von Paläolithikum =

Alt-Steinzeit) einen größeren Hype: Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, Beeren, Kastanien, Gemüse, Pilze, Nüsse und Honig. Alles, was durch Ackerbau und Viehzucht dazukam, lässt man weg.

 

PRENZLSCHWÄBIN: Das Lästern über Prenzlauer-Berg-Mütter und ach so hippe Leute erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt mit besonders aufsehenerregenden Videos der «Prenzlschwäbin», also der Schauspielerin Bärbel Stolz, die mit viel Selbstironie das politisch korrekte Leben im Berliner Viertel Prenzlauer Berg parodiert.

 

QUANTIFIED SELF: Der Mensch wird maschinistisch. Viele finden es toll, Körperwerte in Einzeldaten zu zerlegen. Activity-Tracker (auch Fitness-Armband, Fitness-Tracker, Smart-Band genannt) sind seeehr angesagt. Die Datensammelei bei Sport oder sogar Schlaf ist Megatrend. Wie ist mein Puls, wie viele Schritte bin ich heute gelaufen, wie viele Stockwerke? Am besten noch mit Freunden und Bekannten per App messen.

 

«R», GENERATION R: Nach «Generation X» und «Generation Y» kommt jetzt angeblich die «Generation R» der Relaxten, die der Jugendforscher Klaus Hurrelmann ausrief. Leute mit weniger Druck, die angeblich wieder mehr Zeit haben, übers Leben und die Gesellschaft nachzudenken.

 

SELFIESTANGEN: Selfie-Sticks waren eine Peinlichkeit des Jahres - die Stangen, die als eine Art verlängerter Arm bei Handy-Selbstporträts dienen. Sie waren 2015 in immer mehr Museen oder Parks unerwünscht.

 

STROMOS: Vielleicht nur eine weitere Begriffstotgeburt, aber der «Stromo» - aus «straight» (hetero) und «homo(sexuell)» (schwul) zusammengesetzt - soll ein neuer Typ Mann sein. «Stromos» stehen zwar auf Frauen, lassen sich aber gern auch von Männern bewundern. Ein neuer moderner Mann - nach dem Metrosexuellen (Klischee-Maskulines verweigernd), dem sogenannten Spornosexuellen (Sport/Porno-Typen) oder Lumbersexual (Holzfäller-Look: Muskeln, Bart, kariertes Hemd).

 

THERMOMIX: Der kochende Mixer wurde 2015 zum großen Thema für Hobbyköche und Medien. Discounter versuchten sich an Klonen der recht teuren Vorwerk-Küchenmaschine (etwa 1000 Euro), die wiegen, kochen, garen, Teig kneten oder auch Eis machen kann.

 

URBAN BEEKEEPING: Nach dem «Urban Gardening», also dem Gärtnern in der Stadt, schien nun plötzlich das Imkern in der Stadt, also das «Urban Beekeeping», zu boomen. 

 

VICTORIA: Im Kino war 2015 wenig innovativ - Erfolge waren vor allem Fortsetzungen («Star Wars», James Bond, «Fack ju Göhte 2»): Der komplett schnittfreie Berlin-Echtzeitthriller «Victoria» war jedoch eine wuchtige Erfahrung. Zuletzt war als deutscher Film vielleicht «Lola rennt» (1998) so atemberaubend.

 

WERMUT: In den Szene-Metropolen Europas kommt der Wermut (international «Vermouth») angeblich wieder (also: nicht immer nur Gin Tonic trinken!). «Aperol is so over», hieß es im Londoner «Telegraph». Wermut sei ja auch eine Schlüsselzutat des Classic Martini, den etwa James Bond und die «Mad Men»-Protagonisten mögen.

 

WURST: Der Fleischfrei-Trend ging trotz Steinzeit-Paläo-Hype weiter.

In Supermärkten schien Veggie-Wurst zur Massenware zu werden - etwa sogenannter Vegetarischer Schinken-Spicker einer Fleischfabrik. Auch der Fleischersatz Quorn schien plötzlich überall erhältlich.

 

X-ROLL: Auch als Blackroll bekannte Rolle, die zum Lockern nach dem Training benutzt wird. Soll viele Muskeln ansprechen und die Faszien

- Bindegewebe um die Muskeln - stimulieren. Faszientraining war 2015 der letzte Fitness-Schrei. Soll straffen und Schmerzen beseitigen.

 

Y-TITTY: Auch YouTube-Stars werden älter und historisch - die Pioniere vom Comedy-Trio Y-Titty gaben Ende des Jahres die Auflösung ihrer Gruppe bekannt. Philipp Laude (Phil), Matthias Roll (TC) und Oguz Yilmaz (OG) waren mit mehr als drei Millionen Abonnenten für deutsche Verhältnisse sehr erfolgreich auf der Videoplattform.

 

YUCCI: Vielleicht nur eine weitere Begriffstotgeburt, soll aber als Wort den reicheren Posthipster beschreiben: «Young Urban Creative» - Menschen mit den Insignien des Hipsters (Schnurrbart, Wohnung im In-Viertel), aber mit mehr Geld.

 

ZAHLEN: Nach Zahlen malen, Mandala-Malen, Malbücher - der Trend zum Ausmalen galt dieses Jahr vielleicht als farbenfroher Protest gegen Selbstoptimierung und Smartphone-Stress. Star der Ausmal-Szene ist die schottische Illustratorin Johanna Basford («Enchanted Forest»). dpa