Tourismusabgabe Geldquelle oder Bremse für Fremdenverkehr?

Von Friederike Marx

Marode Radwege, veraltete Schwimmbäder, fehlende Busparkplätze: Wie lässt sich die Infrastruktur für den Fremdenverkehr in Zeiten klammer Kassen erhalten, fragen sich viele Kämmerer. Kurtaxe dürfen in der Regel nur Städte und Gemeinden verlangen, die als Kurorte oder Heilbäder klassifiziert sind. In einigen Bundesländern können anerkannte Fremdenverkehrsorte eine Abgabe von Unternehmen erheben, die vom Tourismus profitieren. Der Deutsche Tourismusverband (DTV) plädiert dafür, diese Abgabe auszuweiten. Könnte das dem Fremdenverkehr schaden?

"Was bringt das schönste Wellnesshotel am Ort, wenn die historische Innenstadt bröckelt, das Museum nicht geöffnet hat und die Grünanlage in armseligem Zustand ist?", argumentiert DTV-Präsident Reinhard Meyer. Sein Vorschlag: Nicht nur Hotels und Gaststätten, sondern auch der Einzelhandel, Tankstellen oder Friseure sollten Beiträge leisten. Kommunen mit vielen Touristen sollten eine Abgabe erheben dürfen, die sie zweckgebunden für den Fremdenverkehr nutzen, etwa für Infrastruktur oder Werbung.

Der schleswig-holsteinische Landtag machte vergangenen Sommer den Weg frei für eine Tourismusabgabe. Städte und Gemeinden, die das Prädikat "anerkannter Tourismusort" tragen, können eine Abgabe von touristischen Unternehmen verlangen, die von der öffentlichen Infrastruktur profitieren. Dazu gehören unter anderem Hoteliers, Gast- und Pensionswirte, aber auch Tankstellen und der Einzelhandel.

In Sachsen und Baden-Württemberg können nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindebundes auch Fremdenverkehrsgemeinden ohne besondere Klassifizierung Kurtaxe von ihren Gästen beziehungsweise Tourismusbeiträge von Unternehmen erheben, die besonders vom Fremdenverkehr profitieren. "Das kommt unserer Forderung entgegen, allen Städten und Gemeinden zu gestatten, entsprechende Abgaben zu erheben, wenn sie die dazugehörigen Aufwendungen hatten", sagt Carsten Hansen vom Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Lediglich rund 330 Städte und Gemeinden sind dem DTV zufolge als Kurorte oder Heilbäder klassifiziert und dürfen auf jeden Fall Kurtaxe zum Unterhalt der Einrichtungen erheben. Die Abgabe, die Gäste zahlen müssen, lag 2013 nach einer Umfrage des Deutschen Heilbäderverbandes zwischen 0,80 und 3,60 Euro pro Nacht und Person.

Auch in anderen europäischen Ländern werden Urlauber zur Kasse gebeten. In Frankreich gibt es beispielsweise die Taxe de séjour (Touristensteuer) - 0,20 Euro bis 1,50 Euro pro Nacht und Person waren es 2013. Kurtaxe oder Abgaben werden unter anderem auch in der spanischen Region Katalonien sowie in Ungarn oder Österreich fällig.

Wie viele Kommunen hierzulande eine Tourismusabgabe erheben und in welcher Höhe, darüber gibt es keine Angaben. Ob Unternehmen die Kosten an ihre Kunden weiterreichen, ist ihnen überlassen. Der Handelsverband (HDE) lehnt jedenfalls eine Ausdehnung der Tourismusabgabe ab. "Der Einzelhandel ist bereits heute über die Gewerbesteuer der wichtigste Partner der Städte und Gemeinden", sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Auch beim Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) stößt der Vorschlag auf wenig Gegenliebe. "Wir erwarten zunächst die Abschaffung der Bettensteuer, die es noch in etwa 20 Kommunen gibt und über die vor Gericht verhandelt wird", sagt Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Hotels und Pensionen dürften nicht doppelt belastet werden. Man könne über eine Tourismusabgabe diskutieren. Details müssten aber am Ort geklärt werden. "Es dürfen nur die Unternehmen beteiligt werden, die originär vom Tourismus profitieren, und es muss Differenzierungen bei der Belastung geben", sagt Hartges.

424,1 Millionen Übernachtungen in deutschen Unterkünften zählte der DTV im vergangenen Jahr - ein Plus von drei Prozent im Vergleich zu 2013 und das fünfte Rekordjahr in Folge. Droht eine Ausweitung der Tourismusabgabe, den Boom zu gefährden?

"Grundsätzlich ist aus Marketingsicht alles problematisch, was den Urlaub verteuert", sagt Tourismusexperte Volker Böttcher von der Hochschule Harz in Wernigerode. Bisher sei allerdings nicht erkennbar, dass der Städtetourismus unter derartigen Abgaben leide. Das gelte auch für die Bettensteuer.

"Solange Abgaben im vernünftigem Rahmen bleiben, sind keine negativen Folgen zu erwarten", sagt auch Martin Lohmann, Leiter des Instituts für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa. "Kommunen, für die der Tourismus eine Rolle spielt, brauchen eine entsprechende Infrastruktur". Investitionen könnten sich positiv auswirken. dpa