Wein aus dem Libanon

Von Nina C. Zimmermann

Es gibt Weintrinker, die einmal im Jahr irgendwo in Europa beim Winzer ihres Vertrauens eine große Menge einkaufen und nichts anderes in ihrem Glas dulden. Damit bringen sie sich allerdings um neue Geschmackseindrücke, die zum Beispiel Wein aus dem Nahen Osten bietet.

«Man verpasst viel, wenn man nichts anderes probiert», sagt «Master of Wine» Caro Maurer, die auf der internationalen Fachmesse ProWein in Düsseldorf durch eine Verkostung libanesischer Weine führte. «Ich sage nicht, dass man unbedingt dabei bleiben sollte, aber man sollte offen für Neues sein.»

Libanon sei in Bezug auf Wein «das Frankreich des Nahen Ostens», dessen Rebsäfte den internationalen Vergleich nicht scheuen müssten, fügt sie hinzu. Michael Karam, Autor und Experte des Verbands Wines of Lebanon, geht sogar soweit, den Wein aus seiner Heimat als den «wahrscheinlich besten» zu bezeichnen, «den Sie nie getrunken haben». Viele Weine haben Maurer zufolge einen französischen Touch, einen klassischen Alte-Welt-Stil.

Fast überall in dem Mittelmeerstaat wird Wein angebaut. Zentrum ist das in Nord-Süd-Richtung verlaufende, auf einer Höhe von rund 1000 Metern gelegene Bekaa-Tal. Es steht zwar unter mediterranem Klimaeinfluss. Durch die Höhenlage wird es aber nachts recht kalt, so dass die Trauben laut Maurer ihre Frische und Säure behalten können und sich ihr Zuckergehalt in Grenzen hält.

Noch höher hinauf, bis auf 1500 Meter, geht es in der Weinbauregion Batroun im Norden des Landes, die Maurer als sehr felsig beschreibt. Weitere wichtige Regionen sind Jezzine im Süden des Landes, Chouf oberhalb der Hauptstadt Beirut und Metn am Mont Liban, wo Temperaturen von mehr als 35 Grad tagsüber im Sommer normal sind.

«Libanon hat keine richtige Geschichte für Weißwein», sagt Maurer, die mehrere Kellereien vor Ort besucht hat. Chardonnay sei eine der wenigen dort angebauten weißen Rebsorten, etwa von der Batroun Mountains Winery. Bekannter sei das Land für Rotwein, oft als Cuvée im Handel. Karam nennt als Beispiele dafür im «ernsten» Bordeaux-Rhone-Stil erzeugte Rote aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah.

Daneben gebe es «sonnigere, fruchtigere» Cuvées aus Cinsault, Grenache, Carignan, Mourvedre und Tempranillo. Diesen Weinen schreibt Maurer eher einen Neue-Welt-Stil zu, dem sich vor allem die jüngeren Winzer des Landes verschrieben hätten.

Bei manchen der 40 Kellereien kommt die Expertise aus Frankreich: Das Chateau Florentine in Chouf beschäftigt laut Maurer zwei Winzer aus Dijon. Der Winzer und Mitinhaber der Domaine des Tourelles im Bekaa-Tal, Faouzi Issa, habe sein Wissen in Bordeaux erworben.

Das Land kann allerdings auf eine lange, eigene Erfahrung in Sachen Weinbau zurückblicken: Möglicherweise gab es schon 7000 vor Christus erste Versuche, erläutert der Verband Wines of Lebanon. Auf jeden Fall aber begannen die Phönizier ab 3000 vor Christus, Wein zu erzeugen und zu exportieren. Ab dem frühen 16. Jahrhundert war die Weinherstellung außer zu religiösen Zwecken verboten. Den Grundstein für den modernen Weinbau legten dann Mitte des 19. Jahrhunderts Jesuiten, die Messwein anbauten. Unterbrochen wurde er vom 15-jährigen Bürgerkrieg ab 1975. Seit 1992 geht es aber wieder voran.

Verbraucher müssen Maurer zufolge im Handel mit Preisen zwischen 8 und 25 Euro pro Flasche libanesischem Wein rechnen. Sie geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren noch viel Spannendes dabei zu entdecken gibt. Allerdings habe sie, wie sie sagt, bei ihrem Besuch an allen Ecken gespürt, dass das Land insbesondere wegen der Syrien-Krise wirtschaftlich zu kämpfen hat. Noch hat sich das nicht auf den Weinbau ausgewirkt. dpa

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