Weingut Sorentberg Italienischer Riesling an der Mosel

Von Birgit Reichert

Es ist ein alpiner Aufstieg: Nach vorne gebückt, die Hand links am Draht, kraxelt Jungwinzer Ivan Giovanett den steilen Weinberg in die Höhe. Bei 80 bis 90 Grad Steigung kommt selbst der Südtiroler ins Schwitzen. Oben angekommen, blickt der 32-Jährige stolz auf die erste Ernte am Sorentberg, die er mit seinem Winzerkollegen Tobias Treis aus Reil an der Mosel gerade einbringt. «Für uns ist ein Traum wahr geworden», sagt Giovanett. Das Duo hat vor zwei Jahren den brachliegenden Weinberg in Reil gekauft, neu bepflanzt und ein einmaliges deutsch-italienisches Projekt gestartet.

«Wir sind das einzige grenzüberschreitende Riesling-Joint-Venture in Deutschland», sagt Giovanett, dessen Familie im italienischen Neumarkt das Weingut Castelfeder betreibt. Es gebe zwar Winzer, die Kooperationen oder Beteiligungen mit Weingütern im Ausland hätten. Aber so ein gemeinsames Weingut, wie es Giovanett und Treis 2012 gegründet haben, gebe es nicht noch mal, bestätigt der Geschäftsführer des Vereins Moselwein in Trier, Ansgar Schmitz. 2015 kommen nun die ersten 15 000 Flaschen Sorentberg auf den Markt. «Die Nachfrage ist bereits groß», sagt der Südtiroler.

Die Jungwinzer hatten sich 2004 beim Studium an der Rheingauer Weinbau-Hochschule in Geisenheim kennengelernt. «Uns hat die Begeisterung für den Riesling sofort verbunden», sagt Treis (34). Doch «Klick» für das gemeinsame Projekt hat es bei den Freunden erst Ende 2011 gemacht. Treis kannte den seit fast 25 Jahren brachliegenden Sorentberg in einem Seitental der Mosel. Die Einzellage war aufgegeben worden, weil sie mitten im Wald liegt und ein gefundenes Fressen für Rot- und Schwarzwild war.

Die Winzer kauften ein 3,3 Hektar großes «Filetstück» aus der Lage - und los ging's: Wucherendes Gebüsch und Pflanzen mussten abgefräst, alte Pfähle entfernt und die Erde glatt gewalzt werden. Dann wurden 15 000 französische Riesling-Reben gesetzt. Ein drei Kilometer langer Wildzaun soll Fressdiebe künftig draußen halten. «Es war die reinste Knochenarbeit», sagt Treis, der jüngst auch das elterliche Weingut Julius Treis in Reil (Kreis Bernkastel-Wittlich) übernommen hat.

Beim Schuften machten die Männer zwei Entdeckungen: Zum einen stießen sie unter Dornen und Gestrüpp auf noch rund 1000 alte Reben, die jetzt wieder frei wachsen. Zudem fanden sie im roten Schieferboden Steine mit Muscheleinschlüssen, die sie im Landesamt für Geologie in Mainz untersuchen ließen.

Das Ergebnis: «Das ist Wissenbach-Schiefer, der sich aus der Eifel herzieht - und den es in keinem anderen Weinberg an der Mosel gibt», berichtet Treis. Er ist sicher, dass man den seltenen Boden mit seinen Mineralien auch im Wein schmeckt. «Die Winzer, die früher hier Parzellen hatten, sprachen immer von besonders würzigen Weinen.»

Das Weingut Sorentberg werde die Weine weltweit vermarkten, sagt Giovanett. Dazu sollen die Vertriebswege des Familienweinguts in Südtirol genutzt werden, das pro Jahr eine halbe Million Flaschen in 21 Länder exportiert. Hauptmärkte des Sorentberg-Riesling seien Deutschland, Italien und die USA.

Für die Mosel ist das Neuanbau-Projekt ein Gewinn: Denn seit längerem ist die Rebfläche im bundesweit fünftgrößten Weinanbaugebiet rückläufig. In den letzten Jahren habe sich der Trend zwar verlangsamt, sagt Moselwein-Geschäftsführer Schmitz. Unterm Strich aber sei die Anbaufläche in den letzten 25 Jahren um rund ein Viertel auf heute 8800 Hektar gesunken.

Zum Glück gebe es immer wieder Jungwinzer, die alte Weinberge neu bewirtschafteten und vor dem endgültigen Verfall retteten, sagt Schmitz. Auch andere Anbaugebiete wie Mittelrhein oder Ahr kämpften damit, dass ältere Winzer für die harte Arbeit am Steilhang keine Nachfolger mehr finden. An der Mosel sei das Problem aber größer, weil der Anteil der Steillagen besonders hoch sei: Rund die Hälfte aller Weinberge hat eine Steigung von mehr als 30 Prozent. dpa