Weingut Wörner setzt auf Sonne, Mond und Sterne

Von Christiane Gläser

Wenn Harald Wörner in Unterfranken durch seine Weinberge streift, muss er sich auch durch hohes Gras kämpfen. Während seine Kollegen die Flächen zwischen den Reben meist diszipliniert kurz schneiden, lässt der Winzer der Natur vollständig ihren Freiraum. "Wenn man die Kräuter und Pflanzen in Ruhe lässt, dann stellt sich auch bei der Flora ein ideales Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen ein", ist der 41-Jährige überzeugt.

 

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Deshalb sind auch Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel tabu. Und wenn Wörner im Weinberg oder im Weinkeller Hand anlegt, dann nur unter Beachtung der Mondphasen. So schneidet und entblättert er die Reben beispielsweise nur bei abnehmendem Mond und bei Neumond. Wörner geht es um Energie und Schwingungen.

Er setzt darauf, dass das Überirdische, der Kosmos Einfluss auf die Natur hat. Es gibt den Trauben eine hohe bioenergetische Schwingung mit, sagt er. "Eine innere Schwingung oder auch Vitalenergie, die unseren Körper nicht nur satt macht, sondern auch unsere inneren Organe vitalisiert."

Und genau die will der naturverbundene Winzer bewahren und später im Weinglas schmecken und mit allen Sinnen des Körpers erleben. Zum Konzept gehören auch Liebe und Dankbarkeit. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass man den Winzer mit seinen Rebenstöcken reden sieht.

"Wenn man in der Natur bewusst arbeitet, kann man sich mit jedem Rebstock einzeln unterhalten, ihm alles Gute wünschen, seine Aura fühlen und mit ihm in Einklang und Harmonie sein", sagt Wörner dazu. Seine Ideen habe er aus vielen verschiedenen Lehren gezogen, darunter Feng Shui. In seinem Keller steht kein Weintank auf einer Wasserader - damit auch dort das Chi, also die Lebensenergie, fließen kann.

Wörner, zweifacher verheirateter Familienvater und Besitzer eines kleinen Schlossweingutes, ist sicher, dass sein «Cosmowein» auch den Energiefluss der Körperenergien positiv beeinflusst. Weitere positive Folgen seien ein sehr niedriger Schwefelgehalt sowie gute Erfahrungsberichte von empfindlichen Menschen gegenüber Histamin oder Säuren. "Quantenphysiker empfehlen zum Beispiel die Einnahme von bioenergetischen Produkten zum Vorbeugen von Burnout", sagt Wörner. Rund 15 000 Flaschen Wein, Sekt oder Edelbrand produziert Wörner auf diese Weise pro Jahr.

Viele Kollegen belächeln den diplomierten Winzer. Doch der Unterfranke ist nicht der Einzige, der bioenergetische Lehren mit der Lebensmittelproduktion kombiniert. Und für deren Produkte gibt es Abnehmer. "Es ist eine relativ kleine Gruppe, die von diesem Einfluss überzeugt ist. Es ist eine Nische und das wird es wohl auch bleiben", sagt Marktforscherin und Expertin für Agrar- und Ernährungswissenschaft Monika Hartmann von der Uni Bonn.

Und genau diese Nische will Wörner abdecken. Mit seinem bioenergetischen Wein spricht er diese kleinere Zielgruppe an. Nichtsdestotrotz ärgert es ihn, wenn seine Weine bei der Qualitätsweinprüfung nicht so gut ankommen, obwohl sie bei einem der größten international anerkanntem Weinwettbewerbe, der Austrian Wine Challenge AWC Vienna, hoch prämiert wurden.

"Das ist nicht ungewöhnlich", sagt Lebensmittelchemiker Michael Zänglein von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Während es bei der amtlichen Weinprüfung eher um Weine geht, die den Geschmack der breiten Masse ansprechen sollen, müssen sie bei Weinwettbewerben herausstecken, um aufzufallen. "Geschmacksabweichungen werden als Fehler oder Mängel angesehen, weil sie nicht zu den Erwartungen der Verbraucher passen", begründet Zänglein. Der Winzer, der ungewöhnliche Wege gehen will, müsse sich also entscheiden, ob er die Masse erreichen oder mit einem besonderen Profil auffallen will.

"Fakt ist, dass es Energien in den Lebensmitteln gibt, die für uns gut sind oder eben nicht. Es hat natürlich Auswirkungen, wenn jemand seine ganze Liebe und Energie in ein Produkt steckt. Aber der Geschmack wird allein davon nicht beeinflusst", sagt Weinfachberater und Sensoriker Hermann Mengler vom Bezirk Unterfranken dazu.

Wörner hat sich vor fünf Jahren für den ungewöhnlichen Weg entschieden. Bis dahin hat er beinahe alles maschinell gemacht - auch die Weinlese selbst. "Heute fühle ich mich wieder als Naturmensch." Und wenn die Natur ihren Einklang trotz seines Bemühens nicht findet und die Ernte deshalb schlecht ausfällt? "Dann sehe ich das als Opfer an die Natur und bin auch mit geringen Erträgen höchster Güte zufrieden." dpa