Weintrends Weinfeste werden individueller

Zu den großen Weinfesten im Land strömen Hunderttausende, der Trend geht aber in die andere Richtung: Gefragt sind intime Weinfeste mit individueller Note, wie eine Umfrage in den rheinland-pfälzischen Anbauregionen ergab. Rund 900 Weinfeste finden in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz statt.

Die Zeit von Ende August bis Mitte September ist traditionell die Hochsaison der Weinfeste im Land. «Das ist die Zeit vor der Lese, wenn die Trauben reifen und nicht mehr so viel Arbeit im Weinberg anfällt», sagt Markus Zöllner vom Verein Weinland Nahe. Zöllner beobachtet ein wachsendes Interesse bei Jugendlichen. Auch diese interessierten sich zunehmend für Qualitätsfragen. Die Zeit des «Hopp, hopp, hopp - Schoppe in de Kopp» sei vorbei.

«Der Regionalitätsgedanke aber auch der Qualitätsanspruch rückt immer mehr in den Vordergrund», bestätigt Christina Schreiner von der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH in Koblenz. Das spiegelt sich in den Gläsern: Das traditionelle Schoppenglas ist auf dem Rückzug. In den meisten Regionen wird Wein in kleinen Probiergläsern mit 0,1 Litern ausgeschenkt, in Rheinhessen werden hochwertige Weine in Gläsern mit Stil kredenzt.

Weinfeste mit einem besonderen thematischen Schwerpunkt sind ein Trend unter anderem in der Pfalz, wo es nach Angaben des Vereins Pfalzwein mit mehr als 200 Veranstaltungen so viele Weinfeste gibt wie sonst nirgends. Als Beispiel nennt Pfalzwein-Geschäftsführer Detlev Janik das Fest «schwarzrotgold» in Hambach (Kreis Neustadt an der Weinstraße) mit vielfältigen Anklängen an die Anfänge der Demokratie mit dem Hambacher Fest im Jahr 1832. Beliebt sind auch kulinarische Weinwanderungen - in Siebeldingen (Kreis Südliche Weinstraße), wo dieses Fest am 20. September steigt, gibt es neben Wein auch Sekt und Austern.

Einige Hoffeste ziehen nach Angaben Janiks mehr als Tausend Besucher an. Feste in kleinen Orten wie das Liebesbrunnenfest in Dackenheim seien Ausdruck eines funktionierenden Gemeinwesens. Aber auch die großen Feste wie der Dürkheimer Wurstmarkt müssen gestiegenen Ansprüchen an Weinqualität und Ambiente gerecht werden. Im vergangenen Jahr kamen 640 000 Besucher, die 320 000 Liter Wein tranken - also ein halber Liter pro Besucher. In diesem Jahr startet das nach Angaben der Veranstalter größte Weinfest der Welt am 11. September.

Weinfeste sind ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Umsatzzahlen sind kaum zu bekommen. Der Verein Weinland Nahe schätzt den wirtschaftlichen Wert des gerade beendeten Bad Kreuznacher Jahrmarkts auf mehr als eine Million Euro.

Beim Mainzer Weinmarkt stehen ab Donnerstag auch Weine aus der portugiesischen Region um Porto im Blick. Im vergangenen Jahr kamen 380 000 Besucher, ein Rekord. Zum «längsten Weinfest der Pfalz», dem Erlebnistag Deutsche Weinstraße, werden am Sonntag von Bockenheim (Kreis Bad Dürkheim) bis Schweigen-Rechtenbach (Kreis Südliche Weinstraße) mehr als 250 000 Besucher erwartet. dpa

Wissenswertes rund um den Wein

VERBRAUCH PRO KOPF: An Bier reicht Wein lange nicht heran - zumindest wenn es um den Verbrauch geht. Pro Kopf trinken die Deutschen rund 20 Liter Wein im Jahr. Beim Bier waren es 2014 mehr als 106. Während der Weinkonsum seit Jahren stabil bleibt, geht es beim Bier allerdings leicht abwärts.

WEINBAU AUF SYLT: Auch hoch im Norden ist Weinanbau möglich. Auf der Nordsee-Insel Sylt pflanzte der Rheingauer Winzer Stefan Ress rund 3000 Quadratmeter mit Reben an. Wichtig für das Reifen der Pflanzen im Norden ist der Anstieg der Durchschnittstemperaturen in den vergangenen Jahrzehnten. Bereits seit 1995 wird Wein auch in Hamburg angebaut. Die Trauben wachsen am Hafen oberhalb der Landungsbrücken.

DER ÄLTESTE WEINBERG: Er liefert noch immer Wein, obwohl er schon mehr als 400 Jahre alt ist: Der «Rhodter Rosengarten» liegt im Weinort Rhodt unter Rietburg (Landkreis Südliche Weinstraße). Der mündlichen Überlieferung nach soll er bereits vor dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) existiert haben. Damit ist der Rosengarten der älteste noch immer Reben tragende Weinberg in Deutschland.

MILLIONEN TRAUBEN: Rund 500 Millionen Rebstöcke stehen auf deutschen Weinbergen, schätzt der Sprecher des Deutschen Weininstituts, Ernst Büscher. Etwa ein Drittel davon trügen rote Trauben. Die durchschnittliche Erntemenge pro Jahr liegt insgesamt im Schnitt bei etwas mehr als 9 Millionen Hektolitern Weinmost.

PROMIS UND WEIN: Zwei Prominente mit dem Vornamen Günther haben in Weinberge an Mosel und Saar investiert. Günther Klum, Vater von Model Heidi Klum, lässt Wein in Piesport (Landkreis Bernkastel-Wittlich) anbauen. Laut Klum gab der Name den Ausschlag für die Entscheidung: Der Weinberg heißt Güntherslay. Auch Fernsehmoderator Günther Jauch hat 2010 das «Weingut von Othegraven» aus Familienbesitz übernommen.