Gault Millau 2011 - die besten Restaurants in Hessen

Den 37-jährigen Mario Lohninger, der in Frankfurt die drei Restaurants "Silk", "Micro" und "Lohninger" führt, kürt die französischen Gourmet-Bibel Gault Millau in ihrer jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2011 zum "Koch des Jahres". Aus der Begründung: "Voller Entdeckerfreude und Erneuerungsdrang bietet Lohninger, bei dem alles so salopp wirkt, aber vollkommen ausgereift ist, in drei Restaurants pointenreich und leidenschaftlich drei Küchen."

Lohninger bereitet seit 2004 im "Silk", einer "edel gepolsterten Liegewiese mit entspannter Lounge-Atmosphäre, phantasievolle zukunftsweisende Küche" und im "Micro" an "großen Holztischen kosmopolitische Gerichte". Beide Restaurants gehören zum "Cocoon-Club" des Kult-DJ Sven Väth. Sein im März 2010 eröffnetes "Lohninger" betreibt der Österreicher aus Maria Alm bei Salzburg als veredeltes Beisl (Gasthaus) mit Gerichten seines Heimatlandes. Diese Breite seines Repertoires erarbeitete sich Lohninger bei weltbekannten Köchen wie Wolfgang Puck in Los Angeles, Guy Savoy in Paris und David Bouley in New York.

Für Gerichte wie das gekochte Schulterscherzl mit Wurzelgemüse, Apfelkren, Schnittlauchsauce, Crèmespinat und Rösterdäpfeln erhielt er vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, im "Lohninger" 16 von 20 möglichen Punkten, für Hummer in Lotuswurzel-Tempura mit Yuzo- Crème (Zitrusfrucht) im "Micro" 17 und für geräucherten Black Cod (kabeljauähnlich) mit Mandel-Panna cotta und Gazpacho im "Silk" 18 Punkte. Die beeindruckten Tester: "Es gibt nicht viele Köche, die aus scheinbar harmlosen Zutaten etwas so Freudvolles erarbeiten können." Eine höhere Bewertung als Lohningers 18 Punkte haben hierzulande nur 12 Köche. In seiner Freizeit ist der Gastronomensohn passionierter Ski- und Motorradfahrer sowie Musikfreak (U2, Pink Floyd).

18 Punkte schaffte auch wieder der im letzten Jahr wegen "Schwächen beim Handwerk und Abschmecken" auf 17 Punkte abgewertete Juan Amador in Langen. Er "agiert nicht mehr als Performance-Künstler, sondern überzeugt in seiner baskisch-französisch-deutsch ausgerichteten Küche durch Geschmacksleistungen: vom Ochsen-Tatar auf einem Sockel aus Gänseleber und Gelee von Zwiebelpüree und Béchamel, gekrönt von einem pochierten Wachtelei im knusprigen Brotmantel und umrahmt von Roten Rüben, Pommerysenf-Eis und Gurkenschäumchen bis hin zum Dessert Mein Schwarzwald aus kräftiger dunkler Guanaja-Schokolade mit eingelegter Kirsche und Schwarzwälder Speck".

16 Punkte erkochte sich erstmals Matthias Schmidt von der "Villa Merton" in Frankfurt. Er "setzt kunstgerecht verschiedene Konsistenzen und Temperaturen ein, lässt Weiches auf Knuspriges, Kühles auf Warmes stoßen. Das amüsiert nicht nur den Gaumen, sondern bringt auch geschmackliche Raffinesse ins Spiel, z.B. bei superber Taubenbrust mit Muskatblüte und gefrorenem Lauch in traumhaftem klaren Taubenjus oder bei vortrefflicher Auster mit Holundergelee, saurem Traubensaft, Kaffeeöl, Buchweizen und Wildreis-Popcorn." 15 Punkte und damit jene Klasse, in der nach Gault Millau-Verständnis Kochen zur Kunst wird, erreichten die vier Frankfurter Köche

Jo Ballmann vom "Holbeins" durch "beiläufig wirkende und dadurch um so mehr entzückende Teller wie die mit Tintenfischfarce und Gemüse gefüllten Calamaretti, zu denen es köstlichen Kräutersalat gab",

Alexander Gschaider im Restarant "Die Leiter" mit "lustvoll zubereiteten Gerichten wie Dorade Royale auf Kräuter/Kartoffel-Fondue und kalter Gemüsesauce",

Thomas Haus vom "Goldmans" durch "delikates Rindercarpaccio mit Tahiti- Vanille und gesalzener Zitrone",

Martin Kofler vom "Döpfners im Maingau" durch "geröstete Kartoffelsuppe mit Blutwurstkrapfen" sowie

André Großfeld vom "Grossfeld - Gastraum der Sinne" in Friedberg. Er "beeindruckte durch Roastbeef in bester Konsistenz auf hauchdünnem Bohnenragout und servierte dazu eine Kaperntarte, Zwiebelgemüse und ausgebackenen Ochsenschwanz".

Die beiden hessischen Kochkönige Amador und Lohninger haben vier Kronprinzen mit jeweils 17 Punkten:

Patrick Bittner vom Frankfurter "Gourmet-Restaurant français": Er "bietet eine aromenstarke Küche und glänzt vor allem durch äußerst präzise Garzeiten. Was wir bei aller technischen Perfektion jedoch bisweilen vermissen, sind frische Ideen. Vieles wirkt voraussehbar und ohne echte Überraschungsmomente, Manches allzu bekannt." Wegen dieser Schwäche wurde er von 18 auf 17 Punkte abgewertet.

Bei Carmelo Greco in der Frankfurter "Osteria Enoteca" entstammten "viele Speisen der mütterlichen, ländlichen Cucina casalinga, doch er filtert das Essenzielle heraus und bereitet alles innovativer, leichter und taktvoller zu". (Greco übergab nach Redaktionsschluss den Osteria-Herd an Farrokh Okhovat- Esfehani, der aus der "Villa Philippe" in Kronberg kam, und will nächste Woche in dem seit Jahren leerstehenden früheren "Bistrot 77" in Frankfurt- Sachsenhausen sein "Ristorante Carmelo Greco" eröffnen.)

Benedikt Faust bot im "L'Etable" in Bad Hersfeld "eine beeindruckenden Vielfalt, die spielerisch, leicht und mit fröhlicher Fantasie erdacht wirkte". (Er verließ nach Redaktionsschluss das Restaurant, das bis 8. März 2011 geschlossen bleibt. Danach kocht Patrick Spies, der in der "Villa Hammerschmiede" in Pfinztal bei Karlsruhe mit 17 Punkten bewertet ist.)

Christoph Rainer hat in der "Villa Rothschild" in Königstein "ein Händchen für Edelprodukte, aus denen geschmackliche und optische Wunderwerke entstehen wie die marmorierte, durch grünes Apfelgelee gekrönte Gänsestopfleberschnitte, die er mit geeistem Lakritz und Salzbutterbrioche serviert".

Sven Messerschmidt konzentriert sich im "Schwarzenstein" in Geisenheim "auf die französische Klassik, die er mit besten Produkten und pointierten Würzungen immer wieder erfrischend neu interpretiert. Ein schönes Beispiel hierfür sind butterzarte Calameretti, die Messerschmidt mit Couscous füllt, der durch winzige Olivenschnipsel und einen Hauch Minze eine interessante Verfremdung erfährt. Dazu etwas Ragout aus leicht angetrockneten Tomaten mit Basilikum und ein intensiver Bouillabaisse-Sud, und man meint das Mittelmeer zu schmecken."

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 72 Restaurants in Hessen. 57 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen müssen. Das schaffen unter den erstmals bewerteten Restaurants das "Del Pescatore" und "Medici" in Frankfurt, das "Ox" in Hilders (Rhön) und das "Kraftwerk" in Oberursel mit jeweils 14 Punkten sowie der "Gutsausschank im Baiken" in Eltville und das "Himmel und Erde" in Limburg (je 13 Punkte).

Die besten Restaurants des Gault Millau in Hessen

1 Silk in Frankfurt, Amador* in Langen (18 Punkte),

3. Gourmet-Restaurant français***, Micro und Osteria Enoteca in Frankfurt, Schwarzenstein in Geisenheim, L'Etable in Bad Hersfeld, Villa Rothschild in Königstein (17 Punkte),

9. Kronenschlösschen in Eltville, Emma Metzler, Ernos Bistro, Lohninger**, Tiger-Restaurant und Villa Merton* in Frankfurt, Hessler in Maintal, Bel Etage* in Marburg (16 Punkte),

18. Die Leiter*, Döpfners im Maingau*, Goldmans* und Holbeins* in Frankfurt Grossfeld* in Friedberg, Zur Krone in Höchst/Odenwald, Sängers in Bad Homburg, Siesmayer in Königstein, La Villa in Rüsselsheim, Ente in Wiesbaden (15 Punkte)

*Aufsteiger **Newcomer ***Absteiger

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