Geschäftsessen im Restaurant

Von Andreas Thieme

Wer ein Schnellrestaurant mit Selbstbedienung vorschlägt, macht gleich den ersten Fehler. «Dort wird es schwer, eine Gesprächsatmosphäre zu erzeugen», sagt Stiltrainer Jan Schaumann aus Berlin. Grundsätzlich gelte: Derjenige, der die Einladung ausspricht, übernimmt die Restaurantwahl. Und er bezahlt meistens auch die Rechnung.

Als Einladender sollte man darauf achten, die Initiative zu übernehmen und für den anderen mitzudenken, rät der Knigge-Experte. Die Person, die einlädt, sollte etwa in Erfahrung bringen, ob der andere Vorlieben hat oder bestimmte Speisen nicht so gern mag. Im Zweifelsfall passe der gehobene Italiener - dort gibt es mit Fleisch, Fisch, Pasta, Pizza, Salaten und Suppen eine gute Auswahl.

Ein Geschäftsessen ist in erster Linie ein Geschäft und in zweiter ein Essen, sagt Jan Schaumann. Dementsprechend sei Geschäftskleidung zu diesem Anlass angemessen. Teils sei es aber legitim, sich an die Örtlichkeit anzupassen. Lädt der Chef ins rustikale Restaurant ein, darf die Garderobe lässiger sein. Im Zweifel dürfe man den Chef nach der Kleiderordnung fragen.

«Mit einem Sakko können Männer nichts falsch machen», sagt Imme Vogelsang von Etikette Trainer International (ETI) in Hamburg. Dasselbe gelte bei Frauen für Blazer, Anzug und Kostüm. Bluse und T-Shirt eigneten sich in eher entspannter Runde, besonders in den Farben Weiß und Hellblau. Ein solcher Anlass erlaube auch karierte oder gestreifte Muster.

Entscheidend ist die Zeit des Essens. «No brown after six», keine braunen Schuhe nach 18.00 Uhr, sei eine immer noch gültige Business-Etikette-Regel. Schwarz ist Vogelsang zufolge die Schuhfarbe am Abend. Für das Sakko gilt das nur bedingt: «Hier sollte man auf dunkle Töne wie Blau oder Grau setzen.» Schwarz sei zwar sehr elegant, für das Essen aber zu festlich. Das Hemd darf hellblau sein, am Abend lieber weiß.

Beim Essen sollte zudem leichte, nicht zu warme Kleidung getragen werden, rät Stiltrainer Schaumann. Eventuell darf die Krawatte sogar im Schrank bleiben. Denn Ausziehen geht gar nicht: «Was man bei der Vorspeise trägt, trägt man auch beim Dessert.»

Zu Tisch gilt es einige Verhaltensregeln zu beachten. Wird zu Beginn Brot gereicht, steht dieses Vogelsang zufolge auf der linken Seite und sollte nicht in die Mitte verschoben werden, wo später der Teller steht. Das Brot dürfe in ein mundgerechtes Stück gebrochen und auch in Dips oder Olivenöl getaucht, niemals aber «geschmiert» werden. Gläser mit Stiel sollten Gäste auch an diesem anfassen. «Nicht am Kelch, das erwärmt den Wein.» Zudem hinterlässt es teils fettige Fingerabdrücke.

Häufiger Stolperstein ist die Bouillon, hat Jochen Mai, Autor der «Karrierebibel» beobachtet. Grundregel sei: Nicht pusten, nicht schlürfen, nicht mit dem Brot tunken und den Löffel nur mit der Spitze zum Mund führen. Cremesuppen sowie Suppen mit Einlagen werden gelöffelt, klare Brühen dürfen hingegen auch getrunken werden. Vogelsang zufolge gilt dies aber nur, wenn die Suppe maximal Kaffeetassengröße hat oder in einem kleinen Glas serviert wird.

Die Regel weißer Wein zu weißem Fleisch und roter zu dunklem werde zudem nicht mehr so streng gesehen. «Erlaubt ist, was schmeckt», erläutert Mai. Vogelsang zufolge gibt es nicht nur Fischrezepte, die mit Rotwein zubereitet werden. Leichte Rotweine eigneten sich auch zu besonders fettreichen Fischen wie Heilbutt oder Lachs. Zum ersten Schluck fordert Mai zufolge allein der Gastgeber auf - solange gilt es zu warten. Wer keinen Alkohol mag, dürfe ihn ohne Angabe von Gründen ablehnen.

Wohin mit dem Besteck? Einmal aufgenommen, sollte das Besteck Mai zufolge die Tischdecke nicht mehr berühren. Bei Essenspausen wird es auf dem Teller und nicht auf dem Tellerrand abgelegt. «Bitte keine Brücken bauen», mahnt Vogelsang. Die Schneide des Messers zeige stets zur Gabel, deren Zinken nach oben. Wird das Essen beendet, liegen die Griffe auf circa fünf Uhr und das Besteck parallel zueinander.

Wer bezahlt, sollte idealerweise zu Beginn des Essens geklärt sein, rät Jan Schaumann. Keinesfalls sollte einfach am Ende die gesamte Rechnung übernommen werden. «Das ist unhöflich und kann den Gegenüber in eine unangenehme Situation bringen.» Ideal sei zu fragen «Darf ich Sie einladen?» und als Gastgeber später nicht am Tisch, sondern für den Gast nicht sichtbar am Tresen zu zahlen. Das vermeide den Eindruck der Rollenverteilung «gönnerhaft» versus «mittellos».

Wurde das Finanzielle nicht zu Beginn besprochen, sollte man später in jedem Fall auch das eigene Portemonnaie zücken, rät Imme Vogelsang. «Das signalisiert, dass man nicht darauf aus ist, sich aushalten zu lassen.» In der Regel bezahle aber der Chef. Angestellte müssen Vorgesetzte dagegen nicht einladen. dpa

Umgang mit einem Malheur bei Tisch

Ein umgestoßenes Weinglas beim Geschäftsessen ist kein Desaster - solange man gelassen damit umgeht, erläutert Karriere-Experte Jochen Mai. «Bitten Sie diskret den Kellner heran, der die Spuren beseitigt.» Ist der Nachbar nass geworden, genüge eine Entschuldigung und das Angebot, für etwaige Reinigungskosten aufzukommen. Die eigene Kleidung reinigt man auf der Toilette - nicht bei Tisch. Für Beobachter gelte: «Großzügig darüber hinwegsehen, nicht kommentieren.»