Absinth Die Geheimnisse der grünen Fee

Von Jens Hoffmann

Der Kräuterschnaps Absinth, aus Wermut, Fenchel und Anis, war das Kultgetränk des 19. Jahrhunderts. Picasso, van Gogh und Toulouse-Lautrec liebten ihn, und oftmals diente er ihnen als Inspirationsquelle. Freunde des Absinth können hiervon viele Geschichten erzählen, dieser Drink war immer schon die Eintrittskarte für einen lustigen Abend. "Nach dem ersten Glas sieht man die Dinge so, wie man sie gerne sehen möchte, am Ende sieht man die Dinge so, wie sie sind" sagte Oscar Wilde zum Absinth-Genuss.

Absinth, die "Grüne Fee", hat einen legendären Ruf. Diesem folgte ich in die Region France Comté und nahm an einer Verkostung in der Schnapsbrennerei Les Fils D'Emile Pernot - La Cluse et Mijoux teil. Wer Absinth trinkt, kann sich in einer anderen Welt bewegen: Ein schöner Trinkspruch, und die kleine Reise beginnt. Im Paris des 19. Jahrhunderts liebten Bohèmian wie Künstler das grüne Getränk, das beim Vermischen mit Wasser eine milchige Farbe bekommt. Einige meinten, der Absinth gibt dem Leben einen Sinn und seine feierliche Färbung.

Absinth | Die Geheimnisse der grünen Fee, Foto © Jens Hoffmann

Erfunden wurde der Absinth in der Schweiz vom französischen Arzt Pierre Ordinaire. Er benutze ihn als Medizin, als Mittel gegen Ruhr, Typhus und Malaria. Die Patienten mochten seine Medizin. Nach diesem Erfolg wurde er gewerblich zusammengemixt und gebrannt. Im Jahr 1800 wurde auf der Schweizer Seite die erste Absinth-Destillerie gegründet um Zollgebühren zu umgehen. Später verlagerte man die Produktion dann in die Franche-Comté.

Absinth | Die Geheimnisse der grünen Fee, Foto © Jens Hoffmann

Im Jahr 1805 entstand in Pontarlier, die als "Hauptstadt der grünen Fee" gilt, die erste Brennerei in Frankreich. Die bekannte Schmugglerroute in der Franche-Comté öffnete viel Phantasie für Geschichten und Mythen, aber seinen globalen Siegeszug begann der Absinth in Paris.

Absinth | Die Geheimnisse der grünen Fee, Foto © Jens Hoffmann

Hier trank man ihn vor dem Essen und danach. Um ihn attraktiver zu machen, entwarf man Plakate mit verführerischen Frauen, die am Absinthglas nippten und die Männer offensichtlich betörten. Wir alle kennen das Plakat mit einer schönen jungen Frau, gehüllt in einen durchsichtigen Schleier als einzige Bekleidung, die ein Absinth-Glas empor hält und ihr Gegenüber umschmeichelt.

Absinth | Die Geheimnisse der grünen Fee, Foto © Jens HoffmannÄhnlich erging es uns bei der Verkostung bei "Les Fils D'Emile Pernot - La Cluse et Mijoux". Die Stimmung stieg nach der Theorie über die Beigaben - Anis, Fenchel, Zitronenmelisse - und der anschließenden Verkostung. Nachdem alles richtig gemixt ist, legt man einen Löffel auf das Glas, darauf ein Stück Zucker. Nun gibt man Wasser auf den Zucker, jede Sekunde einen Tropfen. So entsteht im Glas ein wolkenartiges Weiß mit leicht grünlicher Färbung.

Anfangs bedurfte es zwar noch etwas Mut, die hochprozentige "Grüne Fee" hinunterzuspülen, aber im Nu stellten sich überaus angenehme Effekte ein, denn die ansprechenden Poster im Verkostungsraum ließen mich in Gedanken ausgiebig in schillernder Gesellschaft jener Absinth berauschten Damen verweilen.

Die Theorie, das Nervengift Thujon sei für die Wirkung des Absinth verantwortlich, ist heute widerlegt. Es ist es der hochkonzentrierte Alkohol in Verbindung mit Zucker, der den ihn so wirkungsvoll macht. Absinth ist ein interessanter und belebender Drink, fernab von seinem ehemaligen Ruf als "Schwester des Todes", den er erhielt, nachdem der Künstler Alfred de Musset sich 1857 damit zu Tode trank. Ihm folgten noch weitere Opfer, woraufhin Absinth in Frankreich verboten wurde. Der größte französische Produzent Pernod wich sodann nach Spanien aus, das sich, wie auch Portugal, nicht dem Verbot angeschlossen hatte. Erst im 20. Jahrhundert wurde der Absinth wieder legalisiert.

Heute ist er wieder der besondere Drink, der gerne vor und nach dem Essen getrunken wird. Fazit: Ein Besuch der Absinth-Route in der Franche-Comté mit einer Verkostung in der Brennerei ist weitaus mehr als ein spannendes, grünes Erlebnis … à votre santé.

www.routedelabsinthe.com/de, www.franche-comte.fr., www.emilepernot.fr