Von Jens Albes
Auch in Rheinland-Pfalz nehmen große Städte die zunehmende Vermietung von Wohnungen über Internetportale immer kritischer in den Blick. Es geht um die mögliche Zweckentfremdung von Wohnraum. «Auf Grund der angespannten Wohnungsmarktlage in Mainz beobachten wir seit einiger Zeit die Angebote auf den einschlägigen Portalen, die Ferienwohnungen vermitteln», teilte Marc André Glöckner, Sprecher der Landeshauptstadt, mit. Vermietungsplattformen im Netz sind beispielsweise Airbnb, Booking.com und Wimdu.
Die Trierer Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Elvira Garbes (Grüne) erklärte: «Eine ausschließliche Überlassung von ganzen Wohnungen an Touristen halte ich grundsätzlich für unvertretbar.» Dieser Wohnraum stehe «den Menschen, die eine Wohnung suchen, nicht zur Verfügung. Der Wohnraum in Trier wird dadurch verknappt.» Weniger kritisch sei eine vorübergehende Überlassung von Wohnungen, ergänzte Garbes. «Diese Form der touristischen Vermietung sollte jedoch durch den Gesetzgeber auf wenige Wochen im Jahr eingeschränkt werden. Mein Vorschlag wären da etwa vier bis sechs Wochen im Jahr.»
Die Stadt Mainz würde es laut Glöckner begrüßen, «wenn das Land Rheinland-Pfalz eine landesrechtliche Regelung zur Zweckentfremdung erlassen könnte. Dies vor allem vor dem Hintergrund eines sich weiter verschärfenden örtlichen Wohnungsmarktes.» Bei einer Zuspitzung der Zweckentfremdung von Wohnraum «wäre dann das notwendige Instrumentarium bereits anwendbar und müsste im Bedarfsfall nicht erst durch das Land auf den Weg gebracht werden».
Auch das Finanzministerium hatte nach eigenen Angaben im März 2018 im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen Rheinland-Pfalz die Frage aufgeworfen, ob die Kommunen eine gesetzliche Regelung für nötig halten. Erst vor einer Woche, am 28. Juni, gab es ein Gespräch mit interessierten Städten und einem Bonner Experten, der aus der kommunalen Praxis berichtete. Vereinbart wurde laut Ministerium, dass die Städte nun prüfen, ob die Situation bei ihnen die Einführung eines «Zweckentfremdungsverbotes» von Wohnungen rechtfertige. Dafür wäre ein Landesgesetz nötig, das die Kommunen ermächtigte, kommunale Satzungen zum Verbot einer Zweckentfremdung zu erlassen.
Die Trierer Bürgermeisterin Garbes listete noch andere Argumente gegen die ausschließliche Überlassung ganzer Wohnungen an Touristen auf: Die Nachbarn seien «ständig mit Personen konfrontiert, die sie nicht kennen und wissen nicht mehr, wer im Hause lebt oder wer nur zu Besuch ist. Das Wohnen in solchen Objekten wird unangenehm, weil die temporären Mieter sich oft nicht an Hausregeln und Ruhezeiten halten.» Die Zahl von Airbnb-Wohnungen und -Zimmern in der Universitätsstadt Trier schätzt Garbes aufgrund von Stichproben auf 200 bis 250. In Wirklichkeit dürfte die Zahl noch etwas höher liegen.
Die meisten anderen rheinland-pfälzischen Städte scheinen Wohnraumvermietung über das Internet bislang weniger kritisch zu sehen. Der Sprecher von Kaiserslautern, Matthias Thomas, schätzte die Zahl der Airbnb-Unterkünfte in seinem Stadtgebiet auf rund 100. «Auf unsere Übernachtungszahlen haben die Airbnb-Betriebe bis jetzt keine signifikanten Auswirkungen. Auch von den (traditionellen) Ferienwohnungen haben wir noch keine negativen Rückmeldungen darüber erhalten, dass ihre Buchungen zurückgegangen sind.»
In der industriegeprägten Stadt Ludwigshafen hieß es, Airbnb-Angebote gebe es gemäß Internetrecherche lediglich vereinzelt. Stadtsprecher Florian Bittler sagte: «Airbnb spielt in Ludwigshafen anscheinend nur eine untergeordnete Rolle.»
In der Stadt Koblenz am Zusammenfluss von Rhein und Mosel prüft laut Sprecher Thomas Knaak immerhin das Baudezernat momentan die Rechtslage. «Bisher gehen wir davon aus, wenn jemand eine Ferienwohnung vermieten möchte, wird eine entsprechende Baugenehmigung für die Immobilie benötigt, die nach den einschlägigen Vorschriften der Baunutzungsverordnung erteilt werden kann», ergänzte Knaak. Die Einnahmen müssten in der Steuererklärung angegeben werden.
In Trier gilt seit Jahresbeginn zusätzlich eine Bettensteuer für touristische Betriebe von 3,5 Prozent der reinen Übernachtungskosten. Bürgermeisterin Garbes erklärte: «Die Stadt wird aktiv prüfen, ob sich alle Anbieter, die private Übernachtungen über Online-Portale - also auch Airbnb - anbieten, auch anmelden. Das wurde im Vorfeld der Einführung der Steuer den Hoteliers ausdrücklich versprochen, um an dieser Stelle auch Steuergerechtigkeit herzustellen.»
Zwei deutsche Großstädte, Dortmund und erst kürzlich Frankfurt am Main, haben sich mit Airbnb sogar schon auf eine automatische Abführung des Tourismusbeitrags geeinigt. So wird Airbnb nach eigenen Angaben vom 1. August an für alle Frankfurter Gastgeber, die über die Plattform eine Unterkunft vermieten, bei jeder Buchung den Beitrag mit den Übernachtungskosten einziehen. Anschließend würden diese zwei Euro pro Übernachtung und Person an Frankfurt ausgeschüttet. Dies entlaste Gastgeber und Stadtverwaltung.
Bisher mussten die Airbnb-Gastgeber den Beitrag von ihren privat reisenden Gästen kassieren und an die Stadt weiterreichen. Auch der Frankfurter Tourismusbeitrag wird seit Januar 2018 erhoben. Das Geld ist zweckgebunden und soll der Förderung des Tourismus dienen. dpa