Armani - Chanel - Gaultier - Ralph & Russo Tops und Flops der Haute Couture

Vier Tage Haute Couture, das heißt vier Tage Paris im Ausnahmezustand. Zumindest an gefragten Orten wie dem Grand Palais oder dem Musée Rodin. Blogger queren selfievergessen wie Blinde die Straße, Fotografen wirken wie Jäger des verlorenen Schatzes, und Fashionistas schreien wie beim Pop-Konzert, wenn ihr Lieblingsstar aus dem Wagen steigt. Bei Armani war die Schauspielerin Diane Kruger, die den Hype um ihre Person nur mit einem «Erstaunlich» kommentieren konnte. Hier kommen die Tops und Flops der zu Ende gegangenen Haute-Couture-Schauen für Frühjahr/Sommer 2018.

 

Top: Die neue Eleganz. Der Schlabberlook im Stil der französischen Marke Vêtements hat erst einmal an Boden verloren. Auf den Laufstegen geht es wieder vornehm und angezogen zu (am Allerschönsten bei Dior), und auch das Publikum zieht die Blazermäntel, High Heels und schicken Kleider wieder aus den Kleiderschränken. Endlich!

Flop: Jean Paul Gaultier. Warum musste sich dieser großartige Schneidermeister ausgerechnet Pierre Cardin als Inspiration nehmen? Und damit den Futurismus der 1960er-Jahre. Wie direkt aus dieser Zeit hergebeamt wirkte die Schau dann auch. Schreckliche Farben wie Elektrischblau oder Giftgrün. Stoffe wie Gardinen. Haarhelme mit einer Art Antenne darauf, die wie Karnevalsperücken aussahen. Und psychedelische Muster, von denen einem schwindelig wurde. Zum Glück sah der 95-jährige Cardin, der in der Schau saß, am Ende noch recht wohl aus.

Top: Maskenball bei Dior. Die Kellner trugen Domino-Kostüme, Tänzerinnen mit Kartenkostümen schlängelten sich durch die Menge, der Champagner floss. Dazu gab es Süßigkeiten in Zahlenform und Zauberwürfel als Garderobenmarke. Das surreale Ambiente mit Hand- oder Lippenskulpturen erinnerte an Salvador Dalì. Dazu passte, dass die weißen Arme, die aus einer Wand herausragten, lebten. Einziger Fehler: das Mini-Konzert von Willow Smith. Der Auftritt verhinderte, dass sich die Tanzfläche zügig füllte. Und das bei einem Ball.

Flop: Die brodelnde Gerüchteküche. Wer folgt bei Chanel auf Karl Lagerfeld? Wann hört Armani endlich auf? Wird Maria Grazia Chiuri vom Dior-Atelier gemobbt? Steht Hedi Slimane als ihr Nachfolger fest? Und was ist mit Vuitton - Chefdesigner Nicolas Ghesquière scheint es nicht wirklich zu bringen? Und warum sitzt er bei Gaultier? Die Spekulationen um das sich stets drehende Designerkarussell erwiesen sich als müßig. Lagerfeld und Armani hielten sich wacker mit ihren Schauen, Chiuri zeigte gar die beste Präsentation der ganzen Couture-Woche. Und Hedi Slimane, das ist nun offiziell, geht zu Céline. Bleibt noch die Vuitton-Frage.

Top: Diane Kruger bei Armani. Ach, Diane! So gut sah die Schauspielerin bei der Armani-Schau aus, dass der meistgehörte Satz hier ein «Wie hübsch sie ist» war. Und dann half sie noch einer Frau, die ihr - wohl infolge von Luftnot - förmlich vor die Füße fiel, besorgt wieder auf die Beine. Schade, dass es mit einer Oscar-Nominierung für «Aus dem Nichts» nicht geklappt hat.

Flop: Das Wetter. Grau in Grau gab sich Paris dieser Tage. Am Montag regnete es in Strömen, am Dienstag kroch allen eine feuchte Kälte in die Kleider, am Mittwoch wurde es zwar wärmer, doch blieb hässlich bewölkt und schmuddelig. Cité de la Lumière? Von wegen. dpa

Gepflegt wie eine Parklandschaft - Chanel zelebriert in Paris Eleganz

Schluss mit Schluffi. Präzise Schnitte und edle Stickereien sind bei Haute Couture Trumpf. Auch im Publikum scheint der schlabbrige Oversize-Look der vergangenen Saisons ausgedient zu haben.

Ein plätschernder Brunnen, gepflegte Kieswege, berankte Arkaden: Eine idyllische Parklandschaft erwartete die Gäste der Chanel-Schau am Dienstag mitten im Pariser Grand Palais. Entsprechend harmonisch wirkten dann auch die Entwürfe. Blüten fand man überall - wie ein Aquarell über einen weiten Rock getuscht, als Stoffrose auf halbhohe Stiefeletten gestickt und in der Kelchform eines Rocks aus Seidentaft. Die Kostüme aus von Hand gezupftem Tweed kamen in Pastell- und bonbonfarben daher und schimmerten dezent dank eingestickter Pailletten. Chanel-Designer Karl Lagerfeld zeigte Couture vom Feinsten. Jeder Entwurf war mit höchster Präzision geschnitten und verziert. Ob nun in Form roséfarben dahinfliegender Federn oder glitzernder Edelsteine.

Lagerfeld, der am Ende der Schau mit einem gepflegten Bart herauskam, hatte sich von einem Foto von Coco Chanel von 1937 inspirieren lassen. Sie trägt darauf einen mit Stoffblüten geschmückten Schleier und ein besticktes langes Kleid. Eine ähnliche Kopfbedeckung setzte er den Mannequins auf. Und transportierte so die Eleganz des Bildes von damals auf den Laufsteg.

Überhaupt scheint Eleganz bei diesen Haute-Couture-Schauen für Frühjahr/Sommer 2018 wieder «en vogue». Der von der Marke Vêtements im vergangenen Jahr in Mode gebrachte «Schluffi»-Look hat zumindest in Paris ausgedient. Im Publikum sieht man wieder hohe Hacken und Blazermäntel, Pelzjacken und Goldschmuck. Oder einen lässigen Jet-Set-Look, wie er in den 1970er-Jahren angesagt war. Dazu passte die Schau des US-Duos Proenza Schouler am Montagnachmittag. Die Designer Lazaro Hernandez und Jack McCollough griffen indianische und westliche Elemente auf und zeigten eine Mischung aus Hippie-Chic und Offiziers-Stil.

Die Entwürfe von Ralph & Russo sind durch das offizielle Verlobungsfoto von Meghan Markle und Prinz Harry in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Markle trägt darauf einen schwarzen Entwurf der britischen Marke mit zartem Oberteil und einen mit Federn bestickten Rock. In einem ähnlichen Stil waren die Entwürfe, die Tamara Ralph und Michael Russo bei den Couture-Schauen zeigten - lange Roben aus halbtransparenter Seide mit aufwendig gerafften Röcken und kunstvollen Stickereien, dazu ein Hauch von Fernost mit an Kimonos erinnernden Kleidern. Markle saß zwar nicht im Publikum, dafür aber die Sängerin Kylie Minogue.

 

Farben und Formen der Natur wollte Iris van Herpen in ihrer Kollektion nachbilden. Sie lud zur Schau ins Naturkundemuseum, was perfekt zu den organisch wirkenden Entwürfen passte. Erdfarben dominierten, während die Muster an Versteinerungen erinnerten. Wie schon oft arbeitete die niederländische Modedesignerin mit kunstvoll geschwungenen Schnitten, die allerdings diesmal alltagstauglicher und tragbarer als sonst wirkten. Einige Models erinnerten in ihren Roben an Schmetterlinge. Die hätte auch Karl Lagerfeld für seine blühende Parklandschaft noch gut gebrauchen können. dpa