Berlinale 70. Internationale Filmfestspiele Berlin

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters, der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller sowie die neue Berlinale-Leitung Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian werden die Jubiläumsausgabe des Festivals feierlich eröffnen. Als Moderator führt in diesem Jahr erstmals der Schauspieler Samuel Finzi durch den Abend. Die Veranstaltung wird ab 19:20 Uhr von ZDF/3sat im Fernsehen übertragen und auf www.berlinale.de live gestreamt.

Im Rahmen der Eröffnungsgala wird die Internationale Jury vorgestellt, zu der neben dem Schauspieler Jeremy Irons (Vereinigtes Königreich) die Schauspielerin Bérénice Bejo (Argentinien / Frankreich), die Produzentin Bettina Brokemper (Deutschland), die Regisseurin Annemarie Jacir (Palästina), der Drehbuchautor und Regisseur Kenneth Lonergan (USA), der Schauspieler Luca Marinelli (Italien) und der Filmkritiker, Regisseur und Programmer Kleber Mendonça Filho (Brasilien) gehören.

Im Anschluss an die Eröffnungsgala wird die Weltpremiere von Philippe Falardeaus My Salinger Year (Berlinale Special Gala) präsentiert. Der Regisseur und sein Filmteam, darunter Sigourney Weaver, Margaret Qualley, Douglas Booth, Yanic Truesdale, Xiao Sun, Brían F. O’Byrne, Hamza Haq, Joanna Rakoff, Luc Déry, Kim McCraw und Ruth Coady werden den Film im Berlinale Palast vorstellen.

Auf dem Roten Teppich wird neben den Mitgliedern der Internationalen Jury u.a. die Encounters-Jury - Shozo Ichiyama, Eva Trobisch und Dominga Sotomayor - sowie die Jury für den GWFF Preis Bester Erstlingsfilm erwartet, zu der in diesem Jahr Hala Lotfy, Ognjen Glavonić und Gonzalo de Pedro Amatria gehören. Auch die drei Jurymitglieder für den Berlinale Dokumentarfilmpreis – Alanis Obomsawin, Gerd Kroske und Marie Losier - sowie die Mitglieder der Internationalen Kurzfilmjury Fatma Çolakoğlu und Lemohang Jeremiah Mosese werden anwesend sein.

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Glamour und Skandale: 70 Jahre Berlinale

Sophia Loren bekommt Blumen am Flughafen, Romy Schneider winkt in die Menge und Julia Roberts steht auf der Berliner Mauer: Ein Blick auf denkwürdige Momente der Filmfestspiele - und ein Kapitel, das die Berlinale neu aufschlagen muss.

Klar, im ersten Moment sieht das sehr glamourös aus. Menschen strömen in Kinopaläste, die Autos sind charmanter als heute - und alle winken schön in die Menge. Mal fast zurückhaltend wie Schauspielerin Romy Schneider, mal selbstbewusst wie Sophia Loren mit großem Blumenstrauß. Den bekam man damals direkt am Flughafen.

Als die ersten Internationalen Filmfestspiele 1951 eröffnet wurden, erzählte man die Welt noch in Schwarz-Weiß-Fotos, und Berlin lag teilweise in Kriegstrümmern. Das Festival sollte etwas Glanz zurückbringen. Doch was im ersten Moment nur nach vergnüglicher Ablenkung aussieht, war auch politisches Kalkül. Dazu gleich mehr.

Wer sich ein wenig in die Zeit zurückversetzen will, kann Filme vom ersten Festival gucken - den Eröffnungsfilm «Rebecca» von Alfred Hitchcock zum Beispiel oder Disneys «Cinderella». Die Idee, ein Festival zu organisieren, kam 1950 auf. Vor 70 Jahren also. Mit Unterstützung des US-Filmoffiziers Oscar Martay war es 1951 soweit.

Berlin war damals in Sektoren aufgeteilt, und die Filmfestspiele sollten auch dem Osten zeigen, was im Westen möglich war. Ein «Schaufenster» der westlichen Welt, wie es damals in Berichten hieß.

Es kamen viele Berühmtheiten nach Berlin, etwa US-Star Gary Cooper und die Italienerin Loren am besagten Flughafen Berlin-Tempelhof.

Heute ist die Landebahn dort stillgelegt und das Leben deutlich schneller geworden. Die Filmfestspiele finden nicht mehr im Steglitzer Titania-Palast oder am Zoo-Palast statt, sondern am Potsdamer Platz. Auch ein tiefer Ausschnitt sorgt heute eher selten für Wirbel - anders als noch 1961 bei Jayne Mansfield.

Schaut man alte Fotos durch, sieht man die Zeit vorbeiziehen. Statt Petticoats und Pelzstolas sieht man später Plateausandalen oder dicke Creolen. Zum Beispiel bei Schauspielerin Shirley MacLaine in den 1970ern. Auf einem Foto steht die US-Amerikanerin neben einem Mann, dessen Vergangenheit gerade kritisch hinterfragt wird.

Der Mann mit Brille und Krawatte ist Alfred Bauer. Er war der erste Leiter der Berlinale und führte die Filmfestspiele von 1951 bis 1976. Nach seinem Tod wurde eine Auszeichnung nach ihm benannt - bis zuletzt wurde der Alfred-Bauer-Preis verliehen. Doch jetzt wird die Berlinale mit Bauers Vergangenheit konfrontiert.

Die Wochenzeitung «Die Zeit» berichtete vor Kurzem, Bauer sei während des Nationalsozialismus «hochrangiger Funktionär der NS-Filmbürokratie» gewesen. Er soll für die Reichsfilmintendanz gearbeitet und seine Rolle später verschwiegen haben. Das Festival setzte den Alfred-Bauer-Preis aus und will Bauers Vergangenheit mit externer Hilfe untersuchen lassen.

Beauftragt wurde das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München. Es soll ein Gutachten erstellen. «Wir sind überzeugt, dass zur Erforschung von Alfred Bauers Position im NS-Machtapparat eine externe und unabhängige Historiker*innengruppe herangezogen werden sollte», teilte die Berlinale zur Entscheidung mit. Die Ergebnisse des Gutachtens würden im Sommer erwartet.

Die Berlinale, die diesen Donnerstag beginnt, findet zum 70. Mal statt. An der Geschichte des Festivals lässt sich viel erzählen. Mit dem Mauerbau etwa waren die Ost-Berliner abgeschnitten, später gab es Versuche einer «TV-Brücke»: eine «tägliche Sondersendung für Bewohner Ost-Berlins», wie es auf der Internetseite der Berlinale heißt.

Nach und nach wurden die Filmfestspiele zur Plattform, auf der sich Ost und West annäherten. 1974 lief erstmals ein sowjetischer Film im offiziellen Programm, 1975 dann ein Film aus der DDR. Nach dem Mauerfall ließen sich Stars auf der angeknacksten Mauer ablichten - Julia Roberts und Sally Field händchenhaltend mit DDR-Grenzposten.

Gestritten wurde über etliche Filme. Über Michael Ciminos «The Deer Hunter», «Othello» von Orson Welles und Roman Polanskis «Ekel». Als 1986 «Stammheim» von Reinhard Hauff den Goldenen Bären gewann, beschimpfte Jurypräsidentin Gina Lollobrigida den Film als mies («lousy»).

Und über Michael Verhoevens Film «o.k.», der den Vietnamkonflikt mit Eva Mattes nach Bayern versetzte, zerstritt sich die Jury so sehr, dass sie zurücktrat. «Der Skandal rettet ein langweiliges Festival», schrieb die «FAZ» damals 1970. Im Jahr darauf wurde das sogenannte Forum gegründet, das es noch immer bei der Berlinale gibt.

Die Filmfestspiele sind eine Plattform für Regisseurinnen und Regisseure aus der ganzen Welt. Eine Sensation, als beispielsweise der Chinese Zhang Yimou den Goldenen Bären für seinen Film «Rotes Kornfeld» gewann. Heute laufen Produktionen von Filmemachern aus rund 70 Nationen auf der Berlinale.

Manche Filme kann man nur auf der Berlinale sehen. «Manch schöner Film wird zu sehen sein, der ganz bestimmt nie wieder in den Kinos auftaucht», schrieb zum Beispiel die «Berliner Zeitung» im Jahr 1993.

Mittlerweile ist aus der Berlinale - einst ein «Festspiel aus der Retorte», in eine «noch notleidende Nachkriegsstadt» gepflanzt, wie es die «Berliner Morgenpost» 2000 nannte - eines der bekanntesten Filmfestivals der Welt geworden. dpa