Von Kirsten Han
Der Geruch von heißem Malz erfüllt die kleine Küche in der Wohnung von Nick Lewty und Natasha Hong in Singapur. Um einen großen Stahltopf schart sich eine Gruppe Menschen. Alle wollen den wabernden, nicht sehr appetitlich aussehenden Inhalt einmal umrühren, denn daraus wird einmal Bier.
Lewty und Hong zeigen an diesem Abend einigen Anfängern die Grundbegriffe des Bierbrauens zu Hause. Lewty begann vor drei Jahren, sein eigenes Bier zu brauen. Damals wollten ein Freund und er billiges Bier machen, während sie daheim Fußball guckten. Von dem Brau-Bausatz für Anfänger ist nichts geblieben. In seiner Heimbrauerei setzt der Physiker jetzt Computerprogrammen ein, um die Temperatur genau zu messen und zu kontrollieren. Auch ein professionelles Zapfsystem steht zur Verfügung, wie auf Lewtys und Hongs Internetseite Beer Can Lah zu sehen ist.
«Ich glaube er genießt es, sich sechs Stunden lang auf eine Aufgabe zu konzentrieren, auf deren Ergebnis er stolz ist», sagt Hong über Lewty, der mit seinen Schläuchen, Pumpen und Ventilen hantiert.
Im Gegensatz zu den Nachbarländern Malaysia, Indonesien und Thailand, wo dies verboten ist, dürfen Hobbybrauer in Singapur bis zu 30 Liter im Monat für den Eigenbedarf herstellen. Die Brauer-Community ist relativ klein. Der von Lewty und Hong ins Leben gerufene «Singapore Homebrewers Club» habe 79 Mitglieder, etwa 40 von ihnen Aktive, erzählt Lewty.
In dem Stadtstaat gibt es nach Schätzung des Inhabers von iBrew, einem Laden für Brauausrüstung, etwa 100 bis 200 aktive Hobbybrauer. In seinem Laden verkauft er Ausrüstung. «Wenn ich Glück habe, dann kommen drei von zehn Kunden, die Einsteigerpakete gekauft haben, wieder und kaufen Nachschub. Und von den Dreien wird nur einer ein richtiger Hobbybrauer», sagt Raymond Lim.
Bier war in Singapur schon in der Vergangenheit teuer, doch in diesem Jahr erhöhte die Regierung die Verbrauchsabgabe für Alkohol um 25 Prozent auf 60 Singapur Dollar (35 Euro) pro Liter reiner Alkohol. Eine Halbliterflasche deutsches Bier kostet umgerechnet mehr als vier Euro, heimisches Bier etwa die Hälfte. Selbst brauen könnte eine billigere Alternative sein, aber für viele ist der Preis nicht der ausschlaggebende Faktor.
«Selbst brauen ist für mich ein Hobby, das man anfängt, weil man etwas erschaffen möchte, worauf man stolz ist», meint Neo Say Wee. Der ehemalige Hobbybrauer arbeitet für eine Kleinbrauerei.
Brauen in Singapur hat seine ganz eigenen Herausforderungen. «Es ist nicht wirklich hilfreich, dass es in Singapur so warm ist. Da sind sehr viele Bakterien in der Luft», erklärt Hong. Die Temperatur ist wichtig, vor allem im Gärprozess. Im Gegensatz zu klassischen Braunationen wie Deutschland oder England, wo die Gerste an der freien Luft gären kann, braucht man im tropischen Klima Singapurs bessere Kühlung. Brauer müssen entweder für Kühlschränke Platz finden, oder mehr für die Klimaanlage ausgeben.
Die überzeugten Hobbybrauer halten diese Hindernisse nicht ab. Jeden August organisiert Lim einen Brau-Wettbewerb. Nicht nur Bierliebhaber haben auf der «iBrew Challenge» Gelegenheit, Gleichgesinnte zu treffen. Auch eine breitere Öffentlichkeit kann die Erzeugnisse probieren. Nach 300 Besuchern im Vorjahr erwartet Lim in diesem Jahr bis zu 500.
Mit ihrem Verein hätten sie vielen Brauern geholfen, sich weiter zu entwickeln, sagt Hong. Sie hofft, dass handwerklich gebrautes Craft Beer mit steigender Bekanntheit auch immer beliebter wird. «Wir haben keine Trinkkultur hier», sagt sie. In Kursen will sie den Bewohnern Singapurs dazu ausbilden, gutes Bier zu schätzen. «Ich will zeigen, dass es da draußen besseres Bier gibt.» dpa