Bouvet-Ladubay Der Schatz von Saumur

Als vor einigen Jahren ein Teil der Schlossmauern von Saumur abrutschte, sprach eine Einheimische gegenüber dem französischen Fernsehsender TF1 die Hoffnung aus, dass nun endlich das magische Schwert von Etienne Bouvet gefunden würde. Welch Aberglaube angesichts des genialen Geschäftssinns eines Mannes, der 1851 arm, taub und ohne lesen und schreiben zu können ein Unternehmen gegründet hatte, das nur 50 Jahre später zum größten Schaumweinerzeuger der Welt avanciert war. Zu groß war der Neid auf Etienne Bouvet und seine Frau Célestine Ladubay, als dass es hier mit rechten Dingen zugehen könnte. Auch den sagenhaften Schatz der Benediktiner-Mönche vermuteten die Einwohner:innen von Saumur in den acht Kilometer langen Tuffsteinkellern unter Saint-Hilaire-Saint-Florent. Gefunden wurde er nie, in Anspielung auf die Legende tragen die Cuvées von Bouvet Ladubay aber bis heute die Namen von Edelsteinen.

Die Geschichte der Kellerei

Bei Gründung der Kellerei in 1851 ahnte wohl kaum jemand, dass bereits 1860 die ersten Fines Bulles nach England exportiert würden. 1878 geht es dem Haus so gut, dass Etienne Bouvet sich in St.Hilaire ein kleines Schloss bauen lässt. Nach seinem Tod 1908 wird das Imperium mangels direkter Nachfolger allerdings zerstückelt. Die Produktionsanlage fällt 1932 an Justin Marcel Monmousseau, 1948 übernimmt sein Sohn Jean, und nach den Wirren der Weltkriege werden wieder hochwertige Cuvées produziert. Aber erst sein Enkel Patrice, ein genialer Schaumwein-Assembleur, führt die Kellerei erneut zu Weltruf. Dennoch kann die Familie das Unternehmen nicht alleine halten, verkauft an Taittinger und nachdem sich das Champagnerhaus zerstritten hatte, hilft ein indischer Großunternehmer, das Familienerbe zu erhalten. Patrice Monmousseau bleibt Generaldirektor, bis die Familie die Kellerei 2015 zurückkaufen kann und er die Geschäftsführung an seine Tochter Juliette übergibt.

Das Schloss von Saumur

Feine Perlen und der königliche Fluss

Bei unserem Besuch von Bouvet Ladoubay ist spürbar, dass der Mythos lebt: Mit Blick auf das majestätische Schloss von Saumur erwartet uns Juliette Monmousseau auf einem flachen Boot, mit dem uns der smarte Kapitän Vincent über die Loire schippern wird. Der wie ein momumentaler Teppich wirkende royale Fluss schimmert friedlich, als Juliette eine Magnumflasche Bouvet Saphir Saumur Brut Vintage öffnet. Die wie alle Schaumweine des Hauses in klassischer Flaschengärung hergestellte Cuvée mit feiner Perlage und fruchtigen Noten von Pfirsich, Melone und Akazienhonig offenbart die ganze Assemblage-Kunst von Bouvet Ladubay. Mit überwiegend Chenin Blanc - der weißen Loire-Rebe schlechthin - und nur 10% Chardonnay aus Lagen der AOC Saumur setzt der Saphir ganz auf die typische Stilistik des Hauses, statt wie andere Fines Bulles einem Champagner nacheifern zu wollen. Ein frischer und doch finessenreicher Schaumwein, der auch in Berlin und ohne das Glück, ihn bei untergehender Sonne auf der Loire zu trinken zu dürfen, bestens mundet.

Neue Zinnetiketten für Instinct und Zéro 

Zu einem Plateau mit herrlichen Noirmoutier-Austern verkosten wir den Bouvet Instinct Saumur Extra-Brut Vintage. Bei diesem unkonventionellen Schaumwein-Grand Cru mit feinster Perlage sorgt ein hoher Anteil an Chenin Blanc für Säure und Fülle, während der gut eingebundene Chardonnay ihm Struktur und Mineralität gibt. Die Trauben wachsen auf den für Saumur typischen Ton-Kalksteinböden. In der Nase entfaltet sich eine komplexe Aromenvielfalt von gelben und weißen Früchten wie Aprikosen, Äpfeln und Birnen, ergänzt durch Anklänge von Mandeln und Haselnüssen. Bei einer Dosage von 5 g/l beeindruckt er am Gaumen mit einem samtigen Auftakt, einer feinen Holznote und harmonischer Rundheit.

Ausgestattet ist er wie die Flaschen der Cuvée Bouvet Zéro Saumur Brut Nature Vintage mit den neuen, eleganten Etiketten aus Zinn, dessen Verarbeitung seit dem 18. Jahrhundert in der Loire-Region tief verwurzelt ist und durch Bouvet eine moderne Renaissance erlebt. „Betriebswirtschaftlich rechnen sich die hochwertigen Etiketten zwar nicht“ räumt Juliette Monmousseau ein. „Sie sind vielmehr eine Hommage an die Handwerkstradition der Region und ein Statement für die Eleganz und Reinheit unserer Cuvées. Mit ihrer reinen, brillanten Optik bilden die Etiketten eine harmonische Verbindung zu den ungeschminkten, puren Weinen, die gänzlich mit minimalen bzw. ohne den Zusatz von Dosage Likör auskommen“. Das hört sich nicht nur gut an und sieht gut aus, sondern schließt auch an die einstige Tradition von Etienne Bouvet an, für jeden seiner Kunden eigens gestaltete Etiketten fertigen zu lassen - eine aufwändige Angelegenheit, von der ein enormes, neben dem Eingang zu den historischen Kellern zu besichtigendes Archiv Zeugnis ablegt. Hier hat die Familie auch sämtliche historische Werbeanzeigen und Zeitungsartikel aufgehoben, während im Erdgeschoss eine Sammlung alter Kutschen zu bestaunen ist.

Fahrradtour durch die Tuffsteinkeller 

Wir befinden uns in Saint-Hilaire-Saint-Florent, dem Stammsitz von Bouvet Ladubay. Für die Besichtigung der historischen, an der Loire Troglos genannten Keller, hat sich Bouvet etwas Besonderes ausgedacht: Wir werden die acht Kilometer langen Katakomben mit dem Fahrrad besichtigen. Sie waren einst ausgehoben worden, um mit dem Tuffstein die monumentalen Kathedralen und Schlösser der Loire zu bauen. Lange das Herzstück der Kellerei, lagerten hier Millionen feinster Schaumweine, bis die Produktion angesichts der starken Expansion 2008 in die neue Anlage im ein paar Kilometer entfernten Distré umzog. Nur einige Posten mit Sonderproduktionen und Kammern mit Holzfässern, in denen die Prestigecuvées reifen, sind geblieben - alle anderen der fast 7 Millionen Flaschen, die Bouvet jährlich produziert, lagern heute in Distré.

Die versunkene Kathedrale

Vor uns tauchen plötzlich frühgotische, in den Tuffstein gemeißelte Säulen auf. Wir erfahren, dass Patrice Monmousseau 2002 den Bildhauer Philippe Cormand bat, eine Kathedrale unter der Erde zu schaffen. Sie soll an die berühmte Abtei von Saint-Hilaire-Saint-Florent erinnern. Ein ganz eigenes Reich eröffnet sich unter Tage, in das nur ab und zu die Lichtkegel der Rettungsschächte einfallen. So pittoresk das wirkt, waren die Arbeitsbedingungen hart und brachten Atemwegs- und Rückenkrankungen mit sich. Kaum ein Mitarbeiter sei nicht froh, heute in der modernen Produktionseinheit zu arbeiten, erklärt uns Benoît Defranoux. Dass er jedes noch so kleine Detail über die Geschichte von Bouvet Ladubay kennt, ist kein Zufall: Gebürtig aus Saumur, arbeitet der Wahlberliner seit 18 Jahren für das Familienunternehmen, das dieses Selbstverständnis auch auf seine Angestellten überträgt - manche von Ihnen arbeiten bereits in der dritten Generation für Bouvet. 

Familienunternehmen mit Sinn für Kultur

In der heutigen von internationalen Großinvestor:innen geprägten Weinwelt klingt es fast wie ein Märchen, dass sich die Kellerei immer noch in Familienbesitz befindet. Auch, dass der Analphabet Etienne Bouvet einst ein Theater bauen ließ, damit den Arbeiterinnen und Arbeitern nicht wie ihm der Zugang zu Literatur und Bildung verwehrt blieb, spricht damals wie heute von viel Idealismus und einer großen Vision. Bilder im Treppenhaus zeugen davon, dass berühmte Schauspielerinnen und Schauspieler sich im renovierten privaten Theater seit eh und je die Klinke in die Hand geben. 1992 wurde das Zentrum für zeitgenössische Kunst in den Räumen des ehemaligen Großkraftwerkes eingeweiht: "Nichts ist für die Feinheit der Perlen unbedingt erforderlicher, als die Kunst und die Künstler" sagte Patrice Monmousseau anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Zentrums für zeitgenössische Kunst Bouvet Ladubay.

Das moderne Gesicht von Bouvet: Die Full Metal Winery

Jenseits des Mythos zeigt Bouvet Ladubay mit der aus 1000 Tonnen Metall erbauten "Bouvet Ladubay Full Metal“- Produktionsstätte in Distré bei Saumur sein modernes Gesicht. Geschäftiger Produktionslärm schlägt uns entgegen, als wir in sterile Kittel gewandet die riesigen Hallen von Europas modernster Schaumwein-Produktion betreten. Nachdem die Grundweine von 80 Winzer:innen, mit denen Bouvet seit Jahrzehnten zusammen arbeitet, auf Einhaltung der hohen Qualitätsstandards geprüft wurden, werden sie in der neuen Produktionseinheit cuvéetiert und mindestens 12 Monate (AOC Crémant de Loire) und 10 Monate (AOC Saumur) auf der Hefe gelagert. Vor allem die Loire-typischen Rebsorten Chenin Blanc und Chardonnay für die Weiß- und Cabernet Franc für die Rosé-Weine kommen in die Flaschen. Hier durchlaufen sie von der Abfüllung über das Rütteln, das längst mechanisch und nicht mehr von Hand erfolgt, bis zur Degorgierung alle Schritte der Méthode traditionelle. Roboterarme fuchteln Flaschen durch die Luft, Etiketten werden in Sekundenschnelle geklebt und zack! landet der Musolet genannte Metalldraht auf den Korken. Jeder Schritt sitzt und wird dennoch von aufmerksamen Augen überwacht - im Fall von Abweichungen selbst in Mikro-Millimeterausmaßen wird die Maschine auch mal kurzerhand gestoppt. Ein finaler Gang durch das Versandlager gleicht einer Weltreise: Die Adressetiketten reichen vom Berliner KadeWe bis zum Großhändler in New York: 60% der Gesamtproduktion exportiert das Unternehmen in mehr als 45 Länder und steht damit an der Spitze der Schaumweinproduktion an der Loire.

Kristallklare, schnörkellose Cuvées

Mit Mythos und Moderne im Hinterkopf wenden wir uns erneut der Verkostung des Produktes zu, das den Erfolg der Marke Bouvet-Ladoubay seit 170 Jahren ausmacht: Klare, schnörkellöse und meisterhaft assemblierte Schaumweine. Produziert wird aus zwei AOPs, der 1957 gegründeten AOC Saumur und der 1972 gegründeten AOC Crémant de Loire. In Deutschland, dem Importland Nr.1 für Crémant de Loire, zählt die klassische Einstiegs-Cuvée Excellence in Blanc und Rosé zu den absoluten Verkaufsschlagern -  keine Überraschung bei einem frischen, ausdrucksstarken Crémant mit einem blumigen Bouquet, Noten von Trockenfrüchten und viel Finesse. Er lässt sich wunderbar vom Auftakt bis zum Abschluss eines Menüs trinken und ist das perfekte Getränk für jeden Tag. Für den besonderen Apéritif eignet sich das Flaggschiff des Hauses: Der Bouvet Trésor Brut Saumur wurde als erste Cuvée im Barrique ausgebaut, was die typischen Holzaromen mitbringt und die zarten Tannine betont, ohne dass die feinen Perlen dabei an Eleganz einbüßen würden. Der Körper lebt von der Opulenz des Chenin Blanc und betört mit Zitrusnoten und Brioche, einer feinen Perlage und langem Abgang. Sein Name soll an den vermeintlichen Schatz in den Kellern von Etienne Bouvet erinnern und daran, dass Patrice Monmousseau ihn genau mit diesem Wein gefunden hat.

Der Schatz von Saumur

Zum Abschluss genießen wir das Spitzenprodukt Ogmius, der exakt 100 Jahre nach dem Tod von Etienne Bouvet, Gründer des Hauses, am 28. April 2008 abgefüllt und nur aus den besten, sorgfältigsten handverlesenen Chenin Blanc und Chardonnay Trauben des Jahrgangs 2007 aus den Spitzenlagen der AOC Saumur erzeugt und in neuen Barriques ausgebaut wurde. Ein begeisternder Schaumwein, der das ganze Potenzial des Chenin Blanc aufs Schönste ausschöpft und mit einem würzigen Bouquet, leichten Zitrusnoten und satter Mineralität lange am Gaumen bleibt. Das Etikett ziert das sagenhafte Schwert des Ogmius, so dass sich bei dieser märchenhaften Legende der Kreis schließt: Der wahre Schatz von Saumur ist mit den unvergleichlichen Cuvées von Bouvet Ladubay längst entdeckt worden.

Autorin Gesa  Noormann mit Generaldirektorin Juliette Monmousseau

Tipps  für einen Besuch in Saumur:

Kellerbesuch bei Bouvet Ladubay in St-Hilaire-St-Florent

Lokale Küche mit guter Weinauswahl: Bistrot de la Place 

Eine der besten Weinbars der Loire: La Tonnelle

Marie Monmousseaus Genusskosmos in herrlicher Lage direkt an der Loire: La Route du Sel in Le Thoureil

La Route du Sel

Diese Reise wurde von Bouvet Ladubay unterstützt .