Bring mir den Kopf vom Nikolaus

Simon Borowiak konfrontiert seinen Helden in seinem eigenwilligen neuen Weihnachtsmärchen mit einer ziemlich schlampigen und feministischen Fee, die ihm die Erfüllung dreier Wünsche verspricht. Eine Geschichte im typischen Borowiak-Stil: bissig und witzig.

Von Frauke Kaberka

Nein, ein frommer Wunsch ist es gewiss nicht. Schon gar nicht, wenn ihn eine gute Fee äußert: Bring mir den Kopf vom Nikolaus. Doch typisch ist diese Fee nun wirklich nicht. Frustriert, dem Alkohol zugeneigt und von nachlässigem Äußeren, so steht sie in Begleitung eines depressiv wirkenden Rentiers am Heiligen Abend vor der Tür eines nicht weniger frustrierten Junggesellen, der von seiner Liebsten verlassen wurde.

Doch wer den Autor dieses unüblichen Weihnachtsmärchens kennt, wundert sich nicht über die vertrackte Konstellation. Simon Borowiak hat mal wieder zugeschlagen. Er legt mit seiner Geschichte «Bring mir den Kopf vom Nikolaus» ein Büchlein auf den Gabentisch, das - wie der Titel vermuten lässt - sowohl Zwerchfell-Beschwerden als auch eine höchst genüssliche Lesezeit verspricht.

Knapp ein Jahr nach Erscheinen seines letzten wunderbaren (Weihnachts-)Romans «Schade um den schönen Sex» entzündet der ehemalige «Titanic»-Satiriker erneut ein Feuerwerk an bösen Sprüchen, irren Szenarien und herrlicher Situationskomik, gemixt mit einer Prise Weisheit.

Sein Held ist einsam, traurig und ziemlich verbittert, als die «Feenschlampe» in schwarzen Leggings, grob gestricktem Pullover und mit strähnigem Haar gemeinsam mit Herrn Rudi (Rentier) Einlass begehrt. Eine Fee hat anders auszusehen, befindet er und kann es auch deshalb kaum glauben, dass ihm dieses abgetakelte Etwas drei Wünsche gewährt. Erst als sie ihm eine Probe ihres Könnens offeriert - eine Pizza und edlen Barolo - ist er bereit, seinen größten Wunsch zu äußern.

Dieser - wie kann es anders sein - ist eine Versöhnung mit seiner entfleuchten Liebsten - hier unter seinem Weihnachtsbaum, der inzwischen nach und nach von Herrn Rudi kahlgefressen wird. Denn das als notarieller Beglaubiger fungierende Rentier - noch jung und ehrgeizig, will es doch möglichst bald Schlitten-Rentier werden - soll auch nicht darben. Derweil lässt sich seine «Chefin» mit italienischem Rotwein volllaufen. Wie es scheint, wird der Wunsch in Erfüllung gehen: Die zuvor mit einem anderen Liebhaber getürmte Verflossene steht plötzlich vor der Tür.

Nebenbei erfährt der Leser, dass Feen sich nicht selbst beglücken dürfen. Und so bleibt zum Heil unserer Kinder der Kopf auf dem Nikolaus und das Begehren der Fee ein (un-)frommer Wunsch. Immerhin weiß man nun, dass auch überirdische Wesen menschengleiche Gefühle hegen und im Himmel eine beamtenähnliche hierarchische Struktur herrscht.

Natürlich, es ist ein irres Märchen - und nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet. Aber ein wunderbares - wie Märchen ja auch sein sollten. Was Simon Borowiak da als neue Weihnachtsgeschichte ersonnen und niedergeschrieben hat, wird von Illustratorin Christiane Hahn mit witzigen Bildern untermalt. Ein passendes Geschenk für alle, die schrägen Humor und den einzigartigen Stil Borowiaks lieben. dpa