Bundesgartenschau zwischen Mittelrhein, Nahe und Rheingau Rheintal will die Buga

Von Jens Albes

Eines der romantischsten Flusstäler Deutschlands lockt Besucher mit bewaldeten Bergen, Fachwerkhäuser-Idylle und der wohl höchsten Burgendichte der Welt. Doch zugleich leidet das Obere Mittelrheintal unter Bevölkerungsschwund, teils veraltetem Tourismus, Leerständen und Bahnlärm. Der 2002 ergatterte Welterbetitel hat diese Entwicklungen nicht aufhalten können.

Nun hoffen Politiker auf eine Bundesgartenschau (Buga) im Jahr 2031 zwischen Koblenz im Norden sowie Bingen und dem hessischen Rüdesheim im Süden. Eine Vorstudie sieht das auf rund 70 Kilometern Länge angelegte Projekt als realistisch an.

Vorgeschlagen werden beispielsweise aufeinander abgestimmte Projekte in insgesamt drei Teilräumen an beiden Rheinufern. Das Konzept basiert auf vier Säulen: den Ausstellungsorten, den Saisonangeboten, einer «schwimmenden Buga 2031» auf Schiffen und auf Veranstaltungen. Zudem regt die rund 50-seitige Vorstudie Tickets für bargeldloses Abrechnen verschiedener Angebote sowie die «intelligente» Verknüpfung des Verkehrs zu Wasser, auf der Straße und auf Schienen an.

Nächster Schritt soll eine Machbarkeitsstudie sein, die als Bewerbung noch in diesem Jahr bei der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) vorliegen müsste. «Bis Ende 2017 rechnen wir mit dem Zuschlag», sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD). Er habe der DBG seine Idee einer Buga vorgeschlagen - «und 2031 ist bei ihr der erste freie Termin gewesen». Auch die DBG selbst hat sich schon vor einiger Zeit optimistisch geäußert. 2018 könnte laut Lewentz eine neue Buga-Gesellschaft mit den Vorbereitungen beginnen.

Sind dafür 13 Jahre nötig? Der Vorsteher des Zweckverbands Welterbe Oberes Mittelrheintal und Rhein-Lahn-Landrat Frank Puchtler (SPD) sagt: «Ja. So viel Zeit brauchen wir für Konzepte und Finanzierungen.» Der Weg sei das Ziel: Die Vision einer Buga könne mit vielen einzelnen Projekten eine neue Solidarität im Flusstal erzeugen. Das ist bisher vielerorts eher für Kirchturmdenken bekannt.

Lewentz wohnt selbst im Welterbe-Tal, in Kamp-Bornhofen, und hat viele Visionen: Warum nicht eine Seilbahn über den Rhein spannen, so wie bei der erfolgreichen Buga 2011 in Koblenz, und «moderne Wassertaxen» einsetzen? Er warnt vor einer Käseglocken-Politik, die nur Kirchen und Klöster, Stadtmauern und Fachwerkhäuser konserviert. Vorstellbar seien im Welterbe auch «modernste WLAN-Standards und Infomöglichkeiten». Mit Wissenschaft und Forschung müssten «Zukunftsthemen» und die digitale Revolution einbezogen werden.

Die jetzigen Missstände am Mittelrhein, die sieht auch Lewentz: «Das Tal ist in weiten Teilen stehengeblieben.» Aber es tue sich auch viel. «Bis 2020 werden die alten lauten Bremsen der Güterzüge ausgetauscht. Dann haben wir gefühlt eine Lärmhalbierung.» Auch eine Mittelrheinbrücke bei der Loreley werde endlich kommen: Nach der Zustimmung der neuen rot-gelb-grünen Landesregierung in Mainz halte er auch die Finanzierung für realistisch: «Die Brücke würde 40 bis 45 Millionen Euro kosten, also nur so viel wie drei Kilometer Autobahn.» Noch gibt es zwischen Koblenz und Mainz keine einzige Rheinquerung.

Anwohnerin Sonja Wildemann, die einst die Liebe ins rechtsrheinische Kaub verschlagen hat, sagt: «Kurzfristig könnte eine Buga hier Auftrieb geben. Langfristig müsste aber auch etwas in den Köpfen der Leute passieren. Es ist sehr engstirnig hier.» Als Beispiel nennt die 42-Jährige die Gastronomie in Kaub, die hungrigen Wanderern vom erfolgreichen Rheinsteig nicht durchgehend warme Küche biete.

Auch Traudl Betz wohnt in dem Städtchen. Eine Buga könne dem Rheintal touristisch helfen angesichts der großen internationalen Konkurrenz, meint sie. «Es gibt ja so viele schöne Orte auf der Welt, und viele - wie zum Beispiel Mallorca - sind heute so leicht zu erreichen.»

Auf der anderen Rheinseite, in Bacharach, lebt Andreas Pinck: «Eine Buga wäre super, mit vielen Touristen und schönen Blumen.» Neue Jobs werde sie aber wohl nur vorübergehend bringen, sagt der 39-Jährige. «Die Jugend wird sich weiter woanders Arbeitsplätze suchen müssen.»

Es gibt aber auch schon lange vor einer Buga neue touristische Lichtblicke. Die Ende 2009 eröffnete Kauber Jugendherberge mit 136 Betten beispielsweise läuft nach Worten ihrer Leiterin Susanne Reimann-Tavera sehr gut: «Wir haben 25 000 Übernachtungen im Jahr und 25 Mitarbeiter.» Nächste Woche müsse sie sich wegen Überbelegung sogar Matratzen von anderen Jugendherbergen leihen. dpa