Bundesverfassungsgericht Eilantrag zum Teil-Lockdown scheitert

In ihrer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung vom Vortag sprechen sie zwar von einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff, der genauer geprüft werden müsse. Sie machen aber auch klar: Momentan hat im Zweifel der Lebens- und Gesundheitsschutz Vorrang. (Az. 1 BvR 2530/20)

Die Gefahren der Corona-Pandemie seien «weiterhin sehr ernst zu nehmen». Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gastronomiebetriebe zum Infektionsgeschehen beitrügen. Die Richter verweisen außerdem darauf, dass die Schließungen Teil eines größeren Gesamtkonzepts seien und der Staat zum Gesundheits- und Lebensschutz grundgesetzlich verpflichtet sei. Diese Beurteilung dürfte auch für weitere Eilentscheidungen zum Teil-Lockdown maßgeblich sein.

Geklagt hatte die Geschäftsführerin eines Kinos mit sieben Sälen, zu dem auch ein Restaurant gehört. Wegen der zwangsweisen Schließung habe sie derzeit nur noch Einnahmen aus Mieterträgen, die die Unterhaltskosten nicht deckten. Ein Lieferdienst für Essen, wie er noch erlaubt wäre, lohne aufgrund der Konkurrenzsituation nicht.

Die drei mit der Entscheidung befassten Richter halten die nur hinsichtlich des Gastronomiebetriebs zulässige Verfassungsbeschwerde nicht für «offensichtlich unbegründet». Der Frau werde die Berufsausübungsfreiheit im Wesentlichen untersagt. «Dies wird insbesondere nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit zu rechtfertigen sein müssen.» Angesichts der Gefahren durch ein ungehindertes Infektionsgeschehen gebe es dafür zwar «gute Gründe», heißt es in dem Beschluss. «Ob diese letztlich genügen, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen standzuhalten, bedarf jedoch eingehender Prüfung.»

Im Eilverfahren klärt das Gericht nur: Was hätte schlimmere Folgen - wenn wir die Maßnahme jetzt irrtümlicherweise kippen oder wenn sie in Kraft bleibt und sich später als rechtswidrig herausstellt?

Hier überwiegt für die Richter klar «das Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit». Die Ursachen für den bundesweiten Anstieg der Infektionen seien diffus, auch das Freizeitverhalten spiele eine Rolle. Würden einzelne Maßnahmen des Teil-Lockdowns außer Kraft gesetzt, bestehe die Gefahr, die Ausbreitung des Virus nicht eindämmen zu können. Der Staat sei «nicht gehalten, eine solche Entwicklung hinzunehmen». Bei der Entscheidung spielten auch die Befristung bis Ende November und die in Aussicht gestellten Wirtschaftshilfen für betroffene Betriebe eine Rolle.

Wegen des untersagten Kinobetriebs hätte die Frau zunächst beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) klagen müssen. Das ist der ordnungsgemäße Rechtsweg. Zur Gastronomie gibt es bereits eine VGH-Entscheidung in einem anderen Fall. Deshalb durfte die Klägerin sich in diesem Punkt direkt an das Bundesverfassungsgericht wenden. dpa