Cocktails der EM 2016 Singapore Sling

Von Ulrike Geist

Ob mit Ananassaft, Grenadine, Cointreau, Zuckersirup oder Puderzucker: In den Bars dieser Welt gibt es heute unzählige Varianten des Singapore Sling. Was sie gemeinsam haben, sind unter anderem die rötliche Farbe und der erfrischende Geschmack. Dieser war bei der Entstehung des Drinks wohl entscheidend: Denn in Singapur, wo der Gin-Cocktail vor rund 100 Jahren entwickelt wurde, herrscht das ganze Jahr über tropisch warmes Wetter.

Damals sei in der britischen Kolonie Gin Fizz, der aus Gin, Zitronensaft, Zuckersirup und Sodawasser gemixt wird, ein angesagter Drink gewesen, erzählt Franz Brandl. Er ist Barkeeper und Autor zahlreicher Bücher zu Getränken. Angelehnt an den Fizz ist dann möglicherweise der Singapore Sling entstanden. Ob das tatsächlich an der legendären Long Bar des "Raffles Hotel" in Singapur war, ist nicht eindeutig zu sagen. Das 5-Sterne-Haus wirbt jedenfalls damit, dass der Cocktail 1915 dort von Barkeeper Ngiam Tong Boon kreiert wurde. Zu den Grundzutaten gehören heute neben Gin, Bénédictine, Kirschlikör und Angosturabitter.

Die Entstehungsgeschichte des Singapore Sling sei kompliziert, sagt der mit mehreren Weltmeistertiteln ausgezeichnete Kölner Barmanager Stephan Hinz. Ein echtes Originalrezept gibt es nicht. Man geht davon aus, dass der Vorgänger-Cocktail zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch unter dem Namen Straits Sling bekannt war. Der Namensteil "Straits" bezieht sich dabei wohl auf die Straits Settlements, ein Begriff mit dem die britischen Kolonien bezeichnet wurden, zu denen auch Singapur gehörte. Für den Straits Sling wurde statt des heute üblichen Kirschlikörs vermutlich ein hochprozentiges Kirschdestillat verwendet.

Aus dieser Version habe sich dann in vielen Schritten der moderne Singapore Sling entwickelt, sagt Hinz. Er sei "ein leicht fruchtiger Drink, der aber erfrischend und nicht zu süß ist". Durch den richtigen Anteil an Bitterkomponenten entsteht eine feine Balance aus Würzigkeit und Frucht.

Hinz empfiehlt ein Rezept mit Gin, dem Kräuterlikör Bénédictine, Cherry Brandy, Zitronensaft, Ananassaft, 3 Dashes (Spritzern) Angostura und Soda: Alle Zutaten außer dem Soda werden im Shaker gemixt und doppelt auf Eiswürfel in ein Longdrinkglas abgeseiht. Dann wird mit Soda aufgefüllt und kurz umgerührt. Der Zitronensaft gleicht die Süße der Liköre aus, erläutert Hinz. Der Ananassaft sorgt in Kombination mit dem Soda für Frische und Ausgeglichenheit.

Prinzipiell sollte man darauf achten, die Spirituosen nicht mit Saft und Sirup zu überdecken, rät der Barexperte. Vor allem Grenadinesirup macht den Singapore Sling oft viel zu süß.

Eine wichtige Rolle im Singapore Sling spielt der Kirschlikör. Neben den von Mönchen in Klöstern hergestellten Kräuterlikören, dürfte der Kirschlikör einer der ältesten Liköre der Welt sein, vermutet Brandl. Für den Singapore Sling verwendet er wie viele Barkeeper den traditionellen dänischen Cherry Heering, der nach einem Rezept aus dem 19. Jahrhundert hergestellt wird.

Matthias Knorr, Inhaber der Barschule München und Hauptvorstandsmitglied der Deutschen Barkeeper Union, bevorzugt Cherry Heering wegen seiner starken Mandelnote. Ein allzu süßer Kirschlikör sei weniger geeignet. Passend sei auch ein Cherry Brandy, ein Kirschlikör mit intensivem Kirschgeschmack, der einen festgeschriebenen Anteil an Kirschwasser enthalten muss. "Auf jeden Fall ist der Singapore Sling einer der bekanntesten Gin-Drinks, den jeder Barkeeper kennen muss", sagt Knorr.

Er schätzt eine Variante mit Ananassaft und Cointreau. Garniert wird mit einer Kirsche, frischer oder gedörrter Ananas, Zitruszesten oder - etwas aufwändiger - mit in Traubenzucker gratinierter Ananas.
Als Mocktail, also in der Variante ohne Alkohol, überzeugt der Singapore Sling die meisten Bar-Experten nicht. Eine alkoholfreie Version sei schwierig, sagt Knorr. Wenn die würzige Note des Bénédictine fehlt, kann der Cocktail schnell langweilig werden.

Auch Hinz verzichtet auf eine alkoholfreie Variante: Die alkoholischen Zutaten des Drinks sind prägend und nicht so leicht zu ersetzen. Wer es trotzdem probieren will, kann statt Kirschlikör Kirschsirup nehmen und auch zum Gin weiß Brandl eine Alternative: Gin-Sirup, der wie die Spirituose Wacholder- und Zitrusaromen ins Glas bringt.

Für viele Singapur-Touristen ist ein Singapore Sling an der Bar des "Raffles Hotel" heute fast ein Muss. Auf der Karte stehen auch dort verschiedene Varianten des Klassikers. Neben dem "Original Singapore Sling" mit Gin, Cherry Heering, Bénédictine, Cointreau, Ananas- und Zitronensaft, Grenadine und einem Spritzer Angostura, gibt es verschiedene jahreszeitliche Abwandlungen wie den "Summer Sling" mit Lycheelikör und Mangosaft. Und natürlich steht auch der traditionelle "Raffles 1915 Gin Sling" auf der Karte. dpa