Corona und Bundesregierung Kritik am Fahrplan für weitere Lockerungen

Bund und Länder wollen zwar wie geplant am 30. April über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beraten - mögliche weitere Lockerungen der Beschränkungen sollen jedoch erst eine Woche später Thema sein. Diese Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stößt auf Kritik. So verlangte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner am Freitag eine engere zeitliche Taktung der Beratungen und mehr Verlässlichkeit beim Umsetzen von Ankündigungen. Während Lindner mehr Tempo bei der Rückkehr in die Freiheit für möglich hält, warnte das Robert Koch-Institut vor weiteren Lockerungen.

KRITIK AM FAHRPLAN FÜR WEITERE LOCKERUNGSBESCHLÜSSE

FDP-Chef Christian Lindner hat scharf kritisiert, dass Bund und Länder erst am 6. Mai über neue Lockerungen der Corona-Beschränkungen entscheiden wollen. Bislang hatten sie dies schon für den 30. April in Aussicht gestellt. Wer wie die Bundeskanzlerin einzelnen Bundesländern forsche Lockerungen vorwerfe, sollte sich mit den Ländern enger und nicht seltener abstimmen, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich mahnte der FDP-Politiker mehr Verlässlichkeit an: «Wenn Ankündigungen immer wieder kassiert werden, erschwert das die Vorbereitungen in Betrieben und geht zu Lasten des Vertrauens.»

ROBERT KOCH-INSTITUT WARNT VOR WEITEREN LOCKERUNGEN

Nach ersten Lockerungen in der Coronavirus-Pandemie hat das Robert Koch-Institut (RKI) vor Nachlässigkeit gewarnt. Dass Deutschland bisher relativ gut durch die Epidemie gekommen sei, sei den frühzeitig getroffenen Eindämmungsmaßnahmen zu verdanken. «Wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden», sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Freitag in Berlin. Die Lockerungen dürften nun nicht zu einem «Erdrutsch» an weiteren Lockerungen führen. Die Reproduktionszahl wird laut Schaade weiter auf 0,9 geschätzt. Im Mittel stecke fast jeder Infizierte einen anderen Menschen an. Die Herausforderung sei, diesen Wert weiter unter 1 zu halten. Je weiter der Wert sinke, desto besser.

Maas warnt vor zweiter Corona-Welle - Kein normaler Sommerurlaub

Bundesaußenminister Heiko Maas hat für einen sehr vorsichtigen Lockerungskurs bei den Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus plädiert, um eine zweite Welle der Pandemie zu verhindern. «Wir werden sehr, sehr vorsichtig mit den Lockerungen umgehen. Alles, was wir vermeiden wollen, ist eine zweite Welle, die uns deutlich härter treffen wird, sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich», sagte der SPD-Politiker am Freitag nach einem Gespräch mit seiner schwedischen Kollegin Ann Linde in Berlin. «Das wollen wir unter allen Umständen vermeiden.»

Maas bekräftigte, dass er nicht mit einer normalen Sommerurlaubssaison in diesem Jahr rechne. «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen wir davon ausgehen, dass es einen Sommerurlaub, wie wir ihn kennen, in diesem Jahr nicht geben wird», sagte er. In Deutschland gilt eine weltweite Reisewarnung für Touristen bis zum 3. Mai. Ende April soll entschieden werden, wie es damit weitergeht.

Hamsterkäufe treiben Nestlé in der Corona-Krise an

Hamsterkäufe wegen der Corona-Pandemie haben dem Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé im ersten Quartal ein überraschend kräftiges Absatzplus beschert. Wie sich das Geschäft weiter entwickelt, wagt die Konzernspitze allerdings nicht wirklich einzuschätzen. Auch wenn es zu früh sei, die vollen Auswirkungen von  Covid-19 zu beurteilten, «halten wir an unserem ursprünglichen Ausblick für das Gesamtjahr 2020 vorläufig fest», teilte das an der Börse wertvollste Unternehmen Europas am Freitag mit.

Mit seiner breiten Produktpalette profitierte der Konzern in der Corona-Krise bisher davon, dass sich die Menschen in vielen Ländern in Europa und Nordamerika angesichts von Ausgangssperren und Kontaktverboten mit Vorräten eindeckten. In den ersten drei Monaten des Jahres legte das Nestlé-Geschäft stärker zu als von Experten erwartet. Vor allem Fertiggerichte, Kaffee und Heimtierbedarf waren gefragt, ebenso Produkte aus dem Gesundheitssegment. Süßwaren und Speiseeis verkauften sich hingegen weniger gut.

Wenn man Währungsschwankungen und den Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen herausrechnet, wuchsen die Erlöse um 4,3 Prozent auf 20,8 Milliarden Franken (rund 20 Mrd Euro). Allerdings zehrte der Anstieg des Schweizer Franken bei dem Hersteller von Nespresso, Nescafé, Maggi, Wagner-Pizza und Mövenpick die Zuwächse komplett auf.

Zudem wirkte sich der Verkauf von Sparten aus, so dass der berichtete Umsatz um 6,2 Prozent zurückging.

Überall hätten sich die Verkäufe vom Außer-Haus-Konsum zum Heimkonsum verschoben, hieß es. So haben Restaurants in vielen Ländern noch immer geschlossen. Die Erlöse bei Nestlé Professional, Wasserprodukten und den Nespresso-Boutiquen gingen den Angaben zufolge deutlich zurück, während der Online-Handel um fast 30 Prozent anzog und erstmals mehr als 10 Prozent des Konzernumsatzes erreichte.

VERSTOß GEGEN MUNDSCHUTZPFLICHT WIRD IN BAYERN TEUER

Verstöße gegen die Mundschutzpflicht zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus können in Bayern bis zu 5000 Euro kosten. Das geht aus dem aktualisierten Bußgeldkatalog hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. Demnach werden bei fehlendem Mund-Nase-Schutz in Bussen, Bahnen und Geschäften 150 Euro fällig.

Besonders teuer wird es für Ladenbesitzer, die nicht sicherstellen, dass ihr Personal eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt: Hierfür sieht der Bußgeldkatalog eine Zahlung von 5000 Euro vor. Im Kampf gegen das Coronavirus wollen mittlerweile alle Bundesländer auf eine Maskenpflicht in Teilen des öffentlichen Lebens setzen. Im Gegensatz zu Bayern verzichtet beispielsweise Berlin auf jegliche Kontrollen und Strafen.

MEHR ALS 150 000 INFIZIERTE UND 5400 TOTE IN DEUTSCHLAND

In Deutschland sind bis Freitagnachmittag mehr als 151 700 Infektionen (Vortag: 149 200) mit dem Coronavirus registriert worden.

 Mindestens 5407 (Vortag: 5179) mit dem Erreger Sars-CoV-2 Infizierte starben bislang bundesweit. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts haben in Deutschland rund 106 800 Menschen die Infektion überstanden. Experten rechnen auch in Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle.

WIRTSCHAFTSWEISE WARNEN VOR ÜBERTREIBUNGEN BEI CORONA-HILFEN

Der Chef der «Wirtschaftsweisen», Lars Feld, hat die Bundesregierung vor Übertreibungen im Kampf gegen das Coronavirus gewarnt und einen marktwirtschaftlichen Kurs angemahnt. Was aktuell diskutiert werde, sei problematisch. «Man hat den Eindruck, jede Branche wolle spezifisch unterstützt werden», sagte Feld dem «Handelsblatt». Das Gastgewerbe wolle eine ermäßigte Mehrwertsteuer, die Autoindustrie wieder eine Abwrackprämie, der Handel Konsumgutscheine. «Das könnte man fast beliebig fortführen - wer hat noch nicht, wer will nochmal.» Ginge man diesen Weg weiter, werde man das hinterher finanzpolitisch kaum mehr einfangen können.

2,5 MILLIONEN KURZARBEITER UND 3 MILLIONEN ARBEITSLOSE VORHERGESAGT

Die Corona-Krise stellt die deutsche Wirtschaft vor die schwerste Prüfung nach dem Krieg: Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erwartet im Jahresschnitt 2,5 Millionen Kurzarbeiter, einen Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um 8,4 Prozent, dazu in der Spitze 3 Millionen Arbeitslose.

Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit spricht von der «schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte». Bei den deutschen Unternehmen ist die Stimmung wegen der Coronakrise so schlecht wie noch nie. Das Ifo-Geschäftsklima brach im April um 11,6 Punkte auf  74,3 Zähler ein, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag mitteilte.

BUNDESBILDUNGSMINISTERIN FÜR MASKENPFLICHT IM SCHULBEREICH

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) befürwortet in der Corona-Krise eine Maskenpflicht für Schüler. «Aus meiner Sicht spricht viel dafür, dass überall dort, wo Schülerinnen und Schüler den Abstand nicht einhalten können, Masken getragen werden müssen», sagte Karliczek dem «Spiegel». Im Schulbus oder auf den Fluren wäre das ihrer Ansicht nach gegeben. In den Klassenzimmern könnten die Masken vielleicht auch einmal abgelegt werden, wenn die Lehrer ihre Schüler weit genug auseinander setzten. Die Frage der Maskenpflicht müsse auch in dem Hygienekonzept beantwortet werden, das die Kultusministerkonferenz Ende des Monats vorlegen wolle.

MAAS WÜRDIGT RÜCKHOLEN GESTRANDETER TOURISTEN ALS KRAFTAKT

Bundesaußenministerium Heiko Maas hat die Rückholaktion der Bundesregierung für die wegen der Corona-Krise gestrandeten deutschen Touristen als «beispiellosen Kraftakt» gewürdigt. Mehr als 2000 Mitarbeiter des Auswärtigen Amts - ein Drittel der Belegschaft - hätten sich in den vergangenen fünf Wochen Tag und Nacht um die Rückkehr von 240 000 Deutschen gekümmert, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der jetzt noch im Ausland verbliebenen rückkehrwilligen Deutschen schätzte er auf «mehrere hundert». Am Freitagvormittag war der vorerst letzte Rückholflug des Auswärtigen Amts mit 157 Passagieren aus dem südafrikanischen Kapstadt in Frankfurt am Main gelandet.

FASTENMONAT RAMADAN IM ZEICHEN VON CORONA

Ausgehverbote und geschlossene Moscheen prägen in diesem Jahr für viele Muslime den Fastenmonat Ramadan. Wegen der weltweiten Corona-Pandemie haben zahlreiche Regierungen in den islamisch geprägten Ländern harte Einschränkungen erlassen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Aber nicht alle Länder und Geistliche ziehen mit. So bleiben etwa in Pakistan Moscheen geöffnet, aber die Teppiche müssen aus hygienischen Gründen entfernt werden. Der Fastenmonat begann am Freitag für rund 1,6 Milliarden Muslime. Sie müssen jetzt zwischen Auf- und Untergang der Sonne auf Essen, Trinken, Rauchen und Sex verzichten. Normalerweise kommen die Menschen abends zum gemeinsamen Fastenbrechen zusammen. Gläubige verbringen die Zeit zudem in Moscheen, um gemeinsam zu beten und den Koran zu lesen.

GASTRONOMEN MACHEN MIT LEEREN STÜHLEN AUF IHRE NOT AUFMERKSAM

Mit dem Aufstellen Hunderter leerer Stühle an prominenten Orten in deutschen Städten haben Gastronomen am Freitag auf ihre prekäre Lage während der Corona-Krise aufmerksam gemacht. In insgesamt 80 Städten habe sich die Branche an der Aktion beteiligt, teilte der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga auf Facebook mit. Leere Stühle wurden unter anderem in Berlin, Frankfurt und Dresden aufgestellt. Das Gastgewerbe ist vom Stillstand während der Corona-Krise besonders hart getroffen.

Restaurants und Kneipen müssen weiter für unbestimmte Zeit geschlossen bleiben, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Nur ein Außer-Haus-Verkauf ist vielerorts zulässig. dpa