Der Muskauer Park erblüht

Von Anett Böttger

Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871) liebte das Exotische. Der Parkschöpfer wusste wohl schon zu Lebzeiten zu beeindrucken: mit Landschaftsarchitektur, spannenden Reisetagebüchern, seinem Hang zu abenteuerlustiger Provokation, mit Charme und - Ananas. Auf seinem Besitz in Muskau ließ der «Grüne Fürst» die edlen Früchte anbauen. Er verschenkte sie gern, nicht nur an Frauen, die er verehrte. Selbst sein Architekt Karl Friedrich Schinkel soll eine bekommen haben, erzählt Cord Panning, der die Geschäfte der Stiftung Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau führt.

Die Pücklersche Tradition lebt nun in der Stadt an der sächsisch-polnischen Grenze wieder auf. In der sanierten Schlossgärtnerei wird künftig die neue Ausstellung «Ananas! Die Königin der Früchte im Muskauer Park» gezeigt. In dem historischen Ensemble wachsen tatsächlich wieder Ananas-Pflanzen. Aus Costa Rica hat sie die Stiftung extra kommen lassen. Im April trafen sie ein und gedeihen seither hinter Glas. «Mal sehen, wie's funktioniert», sagt Panning. Wie zu Pücklers Zeiten darf sich die neue Ananaszucht in der Schlossgärtnerei entwickeln. Der gesamte Komplex mit Gewächshäusern, Schaugarten und Außenflächen wurde seit 2009 wiederhergestellt.

Bad Muskau hatte am Ende des Zweiten Weltkriegs erheblichen Schaden genommen. «Die Hauptkampflinie verlief genau durch den Ort», berichtet Bürgermeister Andreas Bänder. «Zu 85 Prozent wurde die Stadt zerstört. Vom historischen Bild blieb nicht viel übrig.» Das Neue Schloss fiel am 30. April 1945 einer Brandstiftung zum Opfer. Deutsche Truppen sprengten bei ihrem Rückzug sämtliche Brücken über die Neiße. Dass im Park danach kein Weg mehr über die Neiße führte, war nicht die einzige Folge des Krieges. Seit 1945 verläuft entlang des Flusses die Grenze. Seither liegen etwa zwei Drittel von Pücklers Meisterwerk auf polnischem Boden.

Die Teilung hinterließ Spuren. Östlich der Neiße wuchsen über die Jahre Freiflächen zu. Er erinnert sich, dass er bei seinem ersten Besuch 1995 im Park durch vollkommen verwilderte Areale auf polnischer Seite streifte. «Keine Sichtachse war zu sehen», sagt er. «Es schien eine verrückte Vorstellung zu sein, den verwachsenen Park wiederherzustellen.»

Der deutsche Teil ging 1992 von städtischem Besitz ins Eigentum von Sachsen über. Seit 1993 existiert die Stiftung, die zu 100 Prozent vom Freistaat getragen wird. 2004 kam die Anlage durch eine deutsch-polnische Initiative auf die Welterbeliste der Unesco, im gleichen Jahr wie das Dresdner Elbtal. Dort ging der Status wegen des Baus der Waldschlößchenbrücke 2009 wieder verloren, Pücklers Gartenkunstwerk ist nun Sachsens einzige Welterbestätte.

«Unsere Arbeit bezeichnen wir nur allzu gern als politisches Gärtnern», sagt Panning. Die wiederaufgebauten Brücken und Sichtachsen seien nie allein nur der Ausdruck fachlichen Erfolgs gewesen, sondern auch Symbol für Verständigung. «Den Charakter der Landschaft aufzunehmen und zu veredeln - dafür lohnt es sich zu arbeiten», findet der Parkdirektor. Ihm schwebt sogar vor, polnischen Kollegen Büroräume im Neuen Schloss zu reservieren. Das Café, das gerade im Westflügel des wiederaufgebauten Gebäudes eröffnet hat, betreibt schon ein Gastronom aus Polen. «Das ist das Leben an der Grenze», findet Panning.

Herrschaftliche Atmosphäre lässt sich im Schloss nun wieder erleben - für jedermann zugänglich. Jahrzehntelang stand die barocke Dreiflügelanlage als Ruine im Park. Bis auf den Anbau mit dem Festsaal ist das Gebäude komplett wieder aufgebaut.

Mit der Englischen Brücke schloss sich im Herbst die letzte große Wunde im Park, mehr als 66 Jahre nach der Zerstörung. Nachdem 2003 bereits die wiedererrichtete Doppelbrücke an der Jeanetteninsel eröffnet wurde, können Besucher nun eine echte Runde auf alten Spazierwegen drehen. Für den Parkchef erfüllte sich ein großer Traum: «Der Zauber des Parks entfaltet sich erst, wenn man ihn von beiden Seiten aus betrachtet.»

Bad Muskaus Bürgermeister freut sich indes über die wachsende Zahl der Besucher, die inzwischen wegen des Parks kommen. Schätzungsweise 300 000 sind es jährlich. Anfang der 1990er-Jahre zog eine andere «Attraktion» die Leute an. Andreas Bänder spricht von bis zu 27 Millionen Menschen, die damals pro Jahr auf den Markt in der polnischen Nachbarstadt Leknica strömten.

Die Folgen waren eine chaotische Verkehrssituation, erhebliche Kosten bei der Stadtreinigung und Ärger unter den Einwohnern. «Die Infrastruktur war dafür nicht ausgelegt», Bänder. Die Stadt baute einen Auffangparkplatz am Ortsrand und richtete von dort aus Pendelverkehr mit Bussen ein. Der Ansturm hat sich längst gelegt, auch wenn an Buden unmittelbar hinter der Grenze nach wie vor Korbwaren, Textilien, Zigaretten und andere Waren verkauft werden.

Zunehmend lockt nun aber das Welterbe. Die Freigabe der Brücken im Park, die 2008 eingerichtete Dauerausstellung im Schloss oder die Enthüllung der rekonstruierten Löwenplastiken auf der Schlossrampe - «es gab immer wieder einen neuen Schub», resümiert Bänder.

Das Kavaliershaus - bis 2009 als Moorbad genutzt - wird gerade mit Geld aus dem Welterbefonds saniert. Der Förderverein für den Pückler-Park nimmt sich derweil die Sanierung der früheren Trink- und Wandelhalle im Badepark vor. Im Kuppelpavillon soll die Eisenvitriolquelle wieder sprudeln - so wie sich das Pückler einst ausgedacht hatte. dpa

Der Muskauer Park

- Öffnungszeiten Ausstellung «Pückler! Pückler? Einfach nicht zu fassen» im Neuen Schloss, bis 31. Oktober 2012, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro.

- Öffnungszeiten Sonderausstellung «Wilhelm Wagenfeld in Weißwasser» im Neuen Schloss, bis 31. Oktober 2012, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro

- Öffnungszeiten Schlossgärtnerei mit Ausstellung «Ananas! Die Königin der Früchte im Muskauer Park», 23. Juni bis 31. Oktober 2012, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt: 2 Euro, muskauer-park.de