Deutsche Weinkönigin Das Amt Männern gegenüber öffnen!

Von Doreen Fiedler

Ihr Amt kann man Katharina Staab an den Fingern ablesen. Die deutsche Weinkönigin trägt immer zwei Ringe mit stilisierten Weinreben. Seit ihrer Wahl Ende September hat sie noch bei keinem Auftritt und keiner Rede gepatzt - trotzdem musste sie schon so einige Kritik einstecken, zum Beispiel für die Jeansjacke auf ihrer Autogrammkarte. Dabei gehe es doch nicht ums Aussehen, sondern um Ausstrahlung, sagt sie im Interview. Und sie stellt die provokante Forderung, dass ruhig auch mal ein Mann das Amt ausüben könnte.

Katharina Staab stehen die Weinprinzessinnen Charlotte Freiberger und Laura Lahm (re.) zur Seite Foto: DWI

Katharina mit den Weinprinzessinnen Charlotte Freiberger und Laura Lahm (re.)

Sie müssen im Job oft das Glas erheben. Sind Sie trinkfest?

Ich trinke bei Terminen immer sehr, sehr wenig. Zum einen aus gesundheitlichen Aspekten und weil Wein auch Kalorien hat. Da muss man ein bisschen aufpassen. Es gab schon die ein oder andere deutsche Weinkönigin, die ein bisschen zugelegt hat in ihrem Jahr - auch weil man immer bestens mit Essen versorgt wird. Dann fährt man auch häufig noch Auto. Und man will einen klaren Kopf behalten, gerade wenn man eine Rede halten muss. Deswegen: Immer nur Probierschlückchen.

Mit ihren 27 Jahren sind Sie in der Weinköniginnenbranche eine Seniorin. Macht das etwas aus?

Mir hilft das sehr oft. Die Menschen sind unheimlich nett zu einem, aber es gibt immer auch Kritiker. Mir ist mittlerweile bewusst geworden: Ich kann sagen, was ich will, ich kann anziehen, was ich will, es wird immer Leute geben, die es gut finden, und es wird immer Leute geben, die es schlecht finden. Als zum Beispiel ein Foto meiner Autogrammkarte mit Jeansjacke auf Facebook gepostet wurde, ging darunter die Diskussion los, dass das kein angemessenes Outfit für eine deutsche Weinkönigin sei. Andere sagten: Ist doch super, wir sind jung, modern, frisch. Ich kann da einfach schmunzeln. Ich glaube, dass man mit 27 damit anders umgehen kann als mit 20.

Im vergangenen Jahr gab es viel Kritik am Begriff der Weinkönigin. Finden Sie die Idee noch zeitgemäß?

Ich trage die Krone nicht besonders gerne. Man muss ein bisschen vorsichtig sein, dass das Amt nicht ins Lächerliche und ins Märchenhafte abrutscht. Ich bin 27. Die Zeiten, wo ich gesagt habe, ich will unbedingt eine Krone auf dem Kopf tragen, sind vorbei. Das ist ein Aspekt, der leicht ein falsches Licht auf das Amt werfen kann. Auf der anderen Seite hat es den Vorteil, dass man sehr leicht erkennbar wird für die Leute. Man ist ja wirklich vor allen Dingen für den Endverbraucher da. Ich verstehe das Amt immer als Amt, das eine Brücke schlägt zwischen dem Laien und dem Fachmann. Und die Krone senkt einfach die Hürde, dass man angesprochen wird.

Sie sind kompetent. Aber geht es nicht trotzdem oft darum, dass Sie mit ihrer Krone schön auf dem Foto aussehen?

Beim Amt der deutschen Weinkönigin ist es so, dass wir - außer für bestimmte Ausnahmen - keine Termine annehmen, bei denen wir keine proaktive Rolle haben. Es muss immer mindestens ein aktiver Part dabei sein, und eigentlich nicht nur ein Grußwort. Also eine Weinprobe halten, eine Rede halten, eine Moderation. Damit fördert man, dass nicht dieses Bild entsteht. Manchmal wünsche ich mir sogar einen Termin, bei dem ich durchatmen kann, um ehrlich zu sein. Da bin ich ganz froh, wenn ich mal tatsächlich nichts machen muss, weil es auch immer jede Menge Vorbereitungszeit kostet.

Wird es irgendwann eine deutsche Weinkönigin mit Behinderung geben oder eine, die mollig ist?

Ich persönlich wäre da voll dafür. Ich fände es auch gut, das Amt Männern gegenüber zu öffnen. Es geht natürlich nicht nur um fachliche Kompetenz, sondern es gehört schon dazu, dass man den Leuten gegenüber eine gewisse Sympathie hat. Man soll ja nicht nur viel wissen, sondern auch in der Lage sein, das Wissen zu vermitteln und die Leute dazu zu bringen, einem zuzuhören. Ich hätte gerne ein paar Männer in der Konkurrenz gehabt. Auch im Büro arbeite ich am liebsten mit allen zusammen, ich finde das immer eine Bereicherung. Und da weiß ich nicht, wieso das bei der Weinkönigin anders sein soll. dpa

ZUR PERSON:

Katharina Staab ist auf einem Familienweingut an der Nahe aufgewachsen. Heute lebt die 27-Jährige in Mainz und arbeitet als Marketing-Managerin im Online-Weinhandel. Da kommen ihr die guten Fremdsprachenkenntnisse zu Hilfe: Sie war ein halbes Jahr als Au-Pair-Mädchen in Kanada, verbrachte ein Auslandssemester in Prag und machte anschließend ihren Master in Lissabon. Mit dem Rucksack reiste sie durch Südostasien und Kolumbien. Eine Wanderung über die Alpen war für sie wie die Wahl zur Weinkönigin: Sie war froh, als es vorbei war. Trotzdem würde sie es jederzeit wieder machen.