Deutschland-Tourismus Umsatzverlust von 40 Milliarden Euro

Reisebeschränkungen und zeitweise Übernachtungsverbote für Privatleute in der Corona-Pandemie haben das Hotelgewerbe in Deutschland 2020 mit voller Wucht getroffen. Nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Übernachtungen von Reisenden aus dem In- und Ausland gegenüber dem Vorjahr um 40 Prozent auf das Rekordtief von 299 Millionen gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit dem Vorliegen gesamtdeutscher Ergebnisse im Jahr 1992 mit damals 318,4 Millionen Übernachtungen, wie die Wiesbadener Behörde am Mittwoch mitteilte.

Zeitweise Übernachtungsverbote für Privatreisenden setzten Hotels, Pensionen und anderen Beherbergungsbetrieben hart zu. Zudem fehlten Geschäftsreisende und internationale Gäste. Wegen der Pandemie waren reihenweise Messen, Konferenzen und andere Veranstaltungen abgesagt worden.

Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Guido Zöllick, sprach von verheerenden Folgen der Pandemie für den Deutschlandtourismus und damit für das Gastgewerbe. Er bezifferte den Umsatzverlust von März bis Dezember 2020 auf fast 40 Milliarden Euro. Damit habe die Branche die Hälfte ihrer Umsätze verloren.

Die massiven Einbrüche bei den Übernachtungen und Umsätzen infolge des ersten Lockdowns im Frühjahr hätten sich auch nicht durch eine mancherorts gute Sommersaison kompensieren lassen. Seit Anfang November befindet sich die Branche wieder im Lockdown. Gaststätten sind für Besucher geschlossen, touristische Übernachtungen in Hotels wieder tabu. Seit dem 16. Dezember sind zudem auch wieder viele Geschäfte in Deutschland geschlossen. Damit soll die Ausbreitung des Coronavirus gebremst werden.

Einer jüngst veröffentlichten Umfrage des Deutsche Hotel- und Gaststättenverbandes zufolge bangen rund drei Viertel (75,5 Prozent) der Gastronomen und Hoteliers um ihre Existenz. Jedes vierte Unternehmen erwägt demnach, seinen Betrieb aufzugeben. «Unsere Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Verzweiflung und Existenzängste machen sich breit», sagte Zöllick. Die versprochenen finanziellen Hilfen müssten jetzt vollständig bei den Betrieben ankommen. Zugleich forderte der Verband Korrekturen bei den Hilfsprogrammen.

Der Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Reinhard Meyer, kritisierte: «Weder bei der Rettung der Tourismusbetriebe, noch beim Aufzeigen von Perspektiven hat sich die Bundespolitik bisher hervorgetan». Viele Arbeitsplätze und Existenzen stünden mittlerweile auf der Kippe.

Im November brach die Zahl Übernachtungen gegenüber dem Vorjahresmonat um 72,2 Prozent auf 9,0 Millionen ein. Einen ähnlichen Rückgang hatte es auch im Mai mit minus 75 Prozent gegeben. Im April, also kurz nach dem Beginn des ersten Lockdowns, war die Zahl der Übernachtungen 89 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat.

Nur knapp 39 500 der etwa 52 200 statistisch erfassten Beherbergungsbetriebe hatten den Angaben zufolge im November geöffnet. Die Wiesbadener Statistiker berücksichtigen Unterkünfte mit mindestens zehn Schlafgelegenheiten. Im Jahr 2019 hatte der Deutschland-Tourismus noch das zehnte Rekordjahr in Folge hingelegt. dpa

Tourismuswirtschaft gegen Reiseprivilegien für Corona-Geimpfte

Die Tourismuswirtschaft lehnt Reiseprivilegien für Corona-Geimpfte derzeit ab. «Das Reisen generell zu einem Privileg für Geimpfte zu machen, halten wir für den falschen politischen Weg - insbesondere solange Impfungen nicht für alle verfügbar sind», sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Denn im schlimmsten Fall würde ein Freifahrtschein per Gesundheitspass für Geimpfte ein Reiseverbot für Nicht-Geimpfte nach sich ziehen.»

Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) bezeichnete die Frage nach Vorteilen für bereits geimpfte Personen zum jetzigen Zeitpunkt als sehr theoretisch. Zum einen werde es noch dauern, bis alle Menschen, die geimpft werden möchten, auch geimpft werden könnten. «Zum anderen ist derzeit nicht geklärt, ob geimpfte Personen nicht eventuell andere Menschen anstecken können», sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Grundsätzlich sei die Impfung eine «gute Nachricht und ein positives Zeichen auf dem Weg zu mehr Normalität».

Politische Lösungen zum Reisen müssen nach Worten von BTW-Präsident Frenzel auch «die Bürger mit einbeziehen, die sich (noch) nicht impfen lassen können oder möchten». Dafür wären Schnellteststrategien für Reisende - ohne die derzeitige Pflichtquarantäne - ein erster wichtiger Schritt. Frenzel fordert eine klare Strategie von der Politik, um das Reisen schnell wieder allen Menschen zu ermöglichen. «Die Impfungen bringen zusätzliche Sicherheit und sind deshalb ein unerlässlicher Baustein», sagte Frenzel. dpa