Dirk Luther und Tim Raue Chefs Talk

Beim zweiten Chef's Talk, einer Diskussionsrunde zum Thema "Zwischen Bloggern und Bewertungen" mit Dirk Luther und Tim Raue beleuchtete Moderatorin Gabriele Heins (stellvertretende Chefredakteurin des Magazins Der Feinschmecker) die Trends und Herausforderungen in der Gourmetszene.

Dirk Luther und Tim Raue | Chefs Talk

Vor 30 geladenen Gästen waren im Restaurant "Sra Bua by Tim Raue" im Hotel Adlon auch die Michelin-Sterne und andere Auszeichnungen der Branche ein Thema.

Daraus die wichtigsten Stichpunkte - die Essenz:

Immer wieder geben Sterneköche ihre Sterne zurück, wie aktuell Sebastien Bras. Wie sehen Sie das?

Dirk Luther: Ich hatte nie die Gedanken, die Sterne zurückzugeben. Für mich kommt das nicht in Frage. Wir haben diese Auszeichnungen nicht gepachtet. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man.

Tim Raue: Ich würde nie auf die Idee kommen Sterne zurückzugeben, da es eine Auszeichnung für meine handwerkliche Leistung ist. Außerdem denke ich wird die Rückgabe der Sterne überbewertet. Letztendlich sind es doch die wenigsten Köche, die ihre Sterne zurückgeben. Kein Sportler würde seine Medaille zurückgeben.

Thema Blogger und Bewertungsportale - Was ist für den Koch heute wichtig?

Luther: Die Zeit hat sich geändert, wir müssen uns den Bewertungsportalen stellen. Für mich sind fundierte Bewertungen wichtig, da sonst junge Menschen in der Küche demoralisiert werden. Wenn etwas nicht in Ordnung war, soll der Gast das auch unbedingt sagen. Aber es muss eine begründete Kritik sein.

Raue: Man darf nicht alles so ernst nehmen, gerade bei Bloggern wird eine Klientel angesprochen, die wir vorher nicht hatten. Somit entsteht aber auch eine Meinungs-Demokratie. Wir haben heute in Berlin auch viel mehr internationale Foodies, das ist ein anderer Gast. Da hilft jedes Bewertungsportal. Jeder Koch muss aber auch lernen, ignorieren zu können, sonst verbiegt er sich.

Thema "no-shows"

Raue: Seitdem bei uns die Reservierung nur noch online funktioniert und dabei die Kreditkarte eingesetzt werden muss, sind unsere no-shows von 11 Prozent auf 0,9 Prozent zurückgegangen.

Luther und Raue kochen ohne Blick auf aktuelle Trends - eine bewusste Entscheidung?

Luther: Für mich ist eine eigene Handschrift wichtig. Und die Seele des Restaurants. Und deshalb stehe ich jeden Abend selbst im Restaurant. Auf meiner Türe steht Dirk Luther - und der ist auch drin.

Raue: Bei mir ist erst 2007 mit meinem ersten Stern die Haltung gewachsen, dass ich wissen wollte, wer bin ich. Ich habe aus der asiatischen Küche das entwickelt, was ich heute bin. Ich wollte etwas machen, das mich glücklich macht. Handwerk bedeutet für mich, den Steinbutt richtig zu filetieren, aber die Aromen darum herum zu kreieren, das ist die Kunst. Vegan beispielsweise würde ich nie kochen, das bin ich nicht und kommt für mich nicht in Frage. Es kommt ja auch niemand in einen Adidas-Laden und will Puma-Schuhe haben.

Thema Lebensmittel:

Luther: Ich glaube, wir dürfen den Ursprung unserer Kultur nicht verlieren. Wir müssen auch selbst noch Kartoffeln ausgraben und wissen, dass man diese waschen muss. Ich hoffe auch, dass wir künftig noch geangelten wilden Fisch bekommen und nicht nur Zuchtfisch.

Raue: Hier muss ich klar widersprechen - frischen, wilden Fisch wird es künftig nicht mehr geben.

Was möchten Sie Ihren Mitarbeitern weitergeben?

Luther: Pünktlichkeit, Respekt, Toleranz und vor allem Fleiß. Ohne Fleiß kann man es nicht schaffen.

Raue: Dankbarkeit möchte ich weitergeben. Meine Azubis müssen lernen, ein Tier zu töten und zu ehren. Respekt vor Tieren ist mir sehr wichtig - und diese anständig zu töten. Und Fleiß, hier gebe ich Dirk Recht. Wer fleißig ist, kann vieles schaffen.

(Die beiden Spitzenköche Dirk Luther und Tim Raue sind seit über 20 Jahren befreundet und zählen in Deutschland zu den besten Köchen.)