eat! berlin Festival Bernhard Moser im Interview

Vom 27.10.22 bis zum 06.11.22 werden an elf Festivaltagen mehr als 80 Köch:innen aus dem In- und Ausland auf rund 70 Veranstaltungen der eat! berlin in Aktion zu erleben sein.

Was es Neues gibt und wie er die aktuelle Situation der Gastronomie einschätzt, verrät Festival-Leiter Bernhard Moser im Interview mit den GOURMETWELTEN.

Das größte Köche- und Restaurant-Event startet demnächst in Berlin, wie sieht die Lage in der Branche aus?

Die Themen haben sich in den letzten 10 Jahren komplett geändert. Als ich in Berlin anfing, vor allem aber noch in den 90ern, hatte man auf jeden offenen Job zehn Bewerbungen. Ging eine Servicekraft, waren am nächsten Tag drei neue da. Das Problem damals war der Umsatz. Darum musste man kämpfen. Heute laufen viele Läden sehr gut, die Caterer können kaum noch atmen, müssen aber Veranstaltungen ablehnen, weil keine Mitarbeiter:innen da sind. Insgesamt erholt sich Berlin aber auch im Vergleich zu anderen Städten sehr gut. Berliner sind eben von jeher krisenerprobt.

Wie steht es um die Umsatzzahlen der Gastronomie im Vergleich zu vor Corona?

Bei den meisten Betrieben ähnlich, im letzten Jahr, als die Läden offen waren, war der Run aber noch größer. Vergleicht man monatsweise, werden viele den Umsatz von 2021 nicht erreichen, wohl aber den von 2019. Letztes Jahr hatten wir eine so tolle Aufbruchstimmung und die Leute hatten richtig Lust am Konsum, am Essen, am Trinken. In diesem Jahr ist die Stimmung anders. Die Leute haben Angst vor der Energiekrise, vor Inflation, vor Mangel. Das trübt die Stimmung sehr.

Es scheint derzeit der beste Moment zu sein, um die Gastronomie wieder anzukurbeln, was ist diesmal alles anders auf der eat! berlin?

Wir würden gerne die dunklen Wolken wenigstens für ein paar Tage zur Seite schieben und den Menschen einfach wieder schöne, unbeschwerte Stunden bescheren. Wir haben wieder viele Gastköch:innen eingeladen, tolle Winzer:innen im Boot und wir erzählen wieder nette Geschichten auf unserem Festival. Ich wünsche mir wirklich, dass wir unsere Gäste ein bisschen ablenken dürfen. Es wird nicht alles anders sein, es wird nur wieder internationaler und wir hoffen, dass wieder viele Gäste aus der Schweiz, aus München, Wien, Hamburg und wo weiter zu uns kommen.

Wie unterstützt die eat! berlin auch außerhalb des Festivals die Gastronomie?

Die Berliner Gastronomie ist der Grund, warum wir das alles machen. Uns liegt die Branche und die Menschen, die hier arbeiten, total am Herzen. Mit vielen verbindet mich jahrelange Freundschaft. Berlin wurde zur Gourmetropole und das liegt auch an Formaten wie eat! berlin und Berlin Food Week. Aber vor allem liegt das an den wahnsinnig kreativen, innovativen und visionären Gastronom:innen, die hier jeden Tag Vollgas geben.
Ich bin seit vier Jahren im DEHOGA engagiert und sitze dort auch im Präsidium. Zusammen mit Christian Andresen gründeten wir die Fachgruppe "flagship", die sich vor allem um die fine-dining-Gastronomen in der Stadt kümmert. Es ist großartig zu sehen, wie viel wir in diesem Verbund beeinflussen können und wie sehr wir der Branche vor allem in Krisen zur Seite stehen können. Ich war früher tatsächlich ein Kritiker des Verbandes, aber unter Andresen hat sich das sehr gewandelt. Jeder Gastronom sollte Mitglied sein.

Wann erwartet ihr wieder eine Normalisierung in der Gastronomie, nach dem gefühlten Ende von Corona?

Ich befürchte, dass wir vor einer Zeitenwende stehen und dass wir den Zustand von 2019 die nächsten Jahre nicht mehr herstellen können. Es wird herausfordernder, unternehmerisch anspruchsvoller. Was jetzt zählt, ist Resilienz und Flexibilität. Corona ist da nur ein Punkt. In den nächsten zehn Jahren wird sich sehr viel ändern. Wie wir mit Energie umgehen, wie sehr wir die Umwelt belasten, mit dem, was wir tun, wie wir mit Menschen in unserer Branche umgehen, was unsere Dienstleistung kosten muss, wann unsere Gäste wo und womit parken, wie sich unsere Mitarbeiter durch die Stadt bewegen, wo sie wohnen können und zu welchem Preis. Wofür wir welche Preise zahlen müssen, wie sehr wir weiterhin von Behörden gegängelt werden, die selbst in der größten Krise mit dem Zollstock im Gastgarten stehen oder Umbauten in Restaurants fordern, die zigtausende kosten. In den nächsten zehn Jahren müssen wir extrem zusammenrücken und uns entspannen. Das gilt auch für die Berliner Verwaltung. Wir brauchen jetzt das Jahrzehnt der Zugewandtheit.

Was hat sich seit Corona in der Gastronomie verändert?

Ich denke an die Zeit, als wir angefangen haben, Luftfilter zu kaufen und Plexiglastafeln aufzustellen. Als wir absurde Vorschriften umgesetzt haben und den Zickzack-Kurs der Regierung mitgegangen sind, weil keiner wusste, was da auf uns zukommt. Es war eine krasse und prägende Zeit, ich bin aber immer noch der Meinung, dass uns Soforthilfe, November-, Dezemberhilfe und wie die Programme alle hießen, sehr gut durch die Zeit geholfen haben. Ich war froh, in Deutschland zu sein, die Pleitewelle blieb aus, Kurzarbeitergeld war genial. Eigentlich müssten wir Hubertus Heil, Jürgen Allerkamp (damals Chef der IBB), Ramona Pop und vielen anderen einen Orden verleihen.

Für welche Highlights der eat! berlin gibt es noch Karten?

In den letzten Jahren waren eat! berlin Tickets schwer zu bekommen, viele Events sofort ausverkauft. Das ist in diesem Jahr krisenbedingt ein bisschen anders. Das ist natürlich gut für die Besucher. Ich freue mich in diesem Jahr besonders über "Queen of Thrones", wir wählen die erste Berliner Weinkönigin. Aber natürlich in Berlin-style, es kochen die Sterneköche Franz Berlin und Alexander Wulf. Es wird ein buntes Feuerwerk gezündet, das kann ich schonmal versprechen. https://www.eat-berlin.de/queen-of-thrones/

Zudem freue ich mich sehr, dass wir so viele tolle österreichische Gastköche haben, dass wir sogar eine eigene Serie im Waldorf Astoria haben https://www.eat-berlin.de/category/programm-2022/oesterreich-spezial/ Mein Highlight ist wie immer die Abschlussgala, weil da dann alles von mir abfällt und wir alles geschafft haben https://www.eat-berlin.de/das-beste-zum-schluss-3/

MEHR zum Programm:

https://www.eat-berlin.de/category/programm-2022/