Frauen-WM belebt den Tourismus in Deutschland

Nur eine Handvoll Menschen duckte sich während der WM-Halbfinals auf dem Public-Viewing-Gelände in Frankfurt am Main unter die bunten Regenschirme. Bis zu 17 000 Menschen fieberten auf Deutschlands größter Fanmeile bei der Frauen-WM mit, doch am Mittwochabend kamen nur die hartgesottenen Fans in den Frankfurter Regen hinaus. Halbleere Ränge auch im Borussia Park zu Mönchengladbach, das Publikum blieb nach dem deutschen Ausscheiden lieber Zuhause. Trotzdem zieht die Tourismus-Branche ein positives vorläufiges Fazit: Hotels und Bars steigerten ihre Umsätze.

Sowohl die Zahl der Tagestouristen als auch der Übernachtungsgäste ist nach Angaben der Deutschen Zentrale für Tourismus (DIZ) in allen neun Austragungsorten gestiegen. «Die WM übertrifft alle Erwartungen», sagt die DIZ-Vorsitzende Petra Hedorfer. Besonders erfreut zeigten sich die Veranstalter über die friedliche und familiäre Stimmung bei den Spielen. Allerorten ist von einem «Familienfest» die Rede.

Im baden-württembergischen Sinsheim, mit 35 500 Einwohnern der kleinste Spielort, fielen die zahlreichen Besucher aus dem nahe gelegenen Frankreich auf sowie die US-Soldaten von den Stützpunkten Heidelberg und Schwetzingen. «An den Spieltagen hat man gemerkt, dass die Stadt lebt», sagt Sandra Aisenpreis, die die Stadt touristisch vermarktet. In Köln und Leverkusen waren vor allem Jugendherbergen gefragt, in Augsburg notierte man zahlreiche Buchungen des FIFA-Trosses und aus Mönchengladbach berichtet NRW-Tourismus über eine «freudige Stimmung» bei den Hoteliers.

Der Besucheransturm in den Austragungsorten war jedoch vorbei, sobald das letzte Spiel im Stadion abgepfiffen war. Auch packten einige Public-Viewing-Veranstalter nach dem deutschen Aus bereits ihre Leinwände zusammen, so etwa in Essen, Karlsruhe und Gevelsberg. Andersherum lief es in Dresden, wo das «Rudelgucken» planmäßig nach der letzten Partie im Rudolf-Harbig-Stadion enden sollte. «Doch jetzt haben wir ein tolles WM-Feeling in der Stadt, deshalb führen wir die Fanmeile weiter», sagt Organisator Jörn-Torsten Verleger.

Die meisten WM-Touristen waren Deutsche, daneben reisten Tausende aus Skandinavien, Japan und Frankreich an. Manche kamen nicht nur wegen des Sports. «Wir haben eine Gemengelage aus Fußball-WM und dem Nachlauf der Kulturhauptstadt 2010», sagt etwa Thomas Weckermann über die Gäste in Bochum. Für ihn passen Frauenfußball und Kultur besser zusammen als Männerfußball und Kultur. «2006 war auf der Fanmeile eher die sangfreudige Truppe, die dem Glas Bier zusprach. Nun greifen die Menschen mehr Begleitprodukte ab wie den Starlight Express, das Deutsche Bergbaumuseum oder das Schauspielhaus.»

Die Frauen-WM habe «einen Impuls für den lokalen Tourismus gegeben und Lust auf Reisen nach Deutschland gemacht», meint Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA. Dennoch seien die Auswirkungen auf das Bild Deutschlands und der Einfluss auf die Wirtschaftskraft nicht vergleichbar mit 2006. Das sieht Bernhard Rotter, der WM-Büroleiter der Stadt Augsburg, anders: «Die Geschäfte in der Innenstadt hatten Tageszuwächse von bis zu 25 Prozent.»

Die Stadt konnte sich laut Rotter positiv in der Welt zeigen. «Noch nie ist so viel über Augsburg berichtet worden», sagt er. «Jetzt ist Augsburg eine Marke.» Die weltweiten TV-Übertragungen sieht auch Frankfurts Tourismus-Chef Thomas Feda positiv: «Durch die TV-Bilder fällt immer etwas ab. Dieses Image ist unbezahlbar.» dpa