Während der Potsdamer Platz in den vergangenen Jahren zunehmend an Attraktivität verloren hat, nehmen die Wiederbelebungsversuche aktuell sichtbar an Fahrt auf: Die Potsdamer Platz Arkaden wurden als „The Playce“ wiedereröffnet, und mittendrin entwickelt sich der Foodcourt Manifesto als Anziehungspunkt für eine bunt gemischte Crowd.
Die Eröffnung des Restaurantkomplexes Frederick’s nebenan im Sony-Center im April 2022 kam da genau richtig. Mehrere Jahre standen die Räumlichkeiten des 1908 erbauten ehemaligen Luxushotels Grand Hotel Esplanade leer, bis die Rhubarb Hospitality Collection mit Sitz in London, sie für den neuen Restaurantkomplex auf 1.400 Quadratmetern übernahm. Die Gruppe betreibt diverse Erlebnis-Restaurants in London und New York, vor Ort sind General Manager Jürgen Klümpen und Arnd Heißen für das Wohl der Gäste verantwortlich.
Als wir das Frederick’s an einem Samstag Abend besuchen, wissen wir nicht so recht, was uns erwartet: Vor kurzem war eine Travestie-Reihe angekündigt worden, und wir fragten uns, ob wir stilvoll essen oder eher Teil eines Showacts werden würden.
Unser Abenteuer fängt gut an: Gegenüber des Bahntowers werden wir im Haupteingang herzlich willkommen geheißen und über die historische Rotunde, vorbei an der Originalmarmortreppe und der offenen Küche in den Bar & Lounge Bereich sowie das Restaurant geführt.
Foto: Rhubarb Hospitality
Schön ist es das an ein Grand Hotel erinnernde Restaurant geworden, und trotz der 150 fast komplett besetzten Tische fühlen wir uns in der cosy Sitzecke bestens aufgehoben. Unser Kellner heißt Leon, kommt aus Ecuador und ist unglaublich reizend - generell herrscht eine tolle Atmosphäre im Frederick's und es ist schön zu sehen, wie ein Restaurant es selbst in Zeiten anhaltender Personalknappheit schafft, so tolle Servicekräfte zu gewinnen.
Speziell auf die Speisen abgestimmt ist die Cocktail-Karte. Wir starten mit einem der Signature-Drinks, dem „Dias de los Muertos“, der in einer Monsterschale auf einer großen Lampe serviert wird. Das sieht witzig aus und schmeckt gut, erinnert in seiner Plakativität aber auch ein bisschen an Touri-Clubs am Mittelmeer. Dazu bestellen wir einen "Paisley 122" mit Santa Theresa 1796, schwarzer Johannisbeere und duftenden Essenzen wie Cardamom-Bergamotte-Honig-Sirup und DSM Patchouli Eau de vie sowie einem aufgeklebten Schoko-Kussmund für den Fun-Faktor.
Jedem Drink ist ein eigenes Farbspiel zugeordnet, das bei der intuitiven Auswahl helfen soll. Die Weinkarte umfasst rund 120 Positionen, die vorwiegend aus Deutschland und Europa sowie zum Teil aus der Neuen Welt kommen. Viele interessante Weine sind dabei, wir haben Lust auf Bubbles und entscheiden uns für den hervorragenden Van Volxem 1900 Brut Riesling Sekt, der nicht nur als Aperitiv, sondern auch als Essensbegleiter funktioniert.
Aus der Dinnerkarte wählen wir ein paar kleine Teller zum Teilen (ab 16 Euro): Scharfe Garnelen (mit Ingwer, Koriander und Jalapeno fruchtig-pikant gewürzt und von untadeliger Konsistenz), den Kräuterseitling & Sellerie (ein bisschen langweilig) und die Trüffelarrancini, die sogar mein Gegenüber - einen dezidierten Hasser von frittierten Reisbällchen - überzeugen.
Der Romanesco (14 Euro) - wärmstens empfohlen von Leon - hat mit Granatapfel, Sesam und Veganer Joghurt eine arabische Note, der BBQ-Lachs (32 Euro) kommt mit Pak Choi und Sojasauce eher asiatisch daher. Zum Dessert schmeckt uns das Himbeersorbet mit Vanillecrème und geflämmtem Baiser (13 Euro) besonders gut, und in die Valrhona Pralinen mit Zitrone, Karamell, Nougat und Kokos-Rum hätten wir uns auch ohne die entzückende Dino-Dose schockverliebt.
Das Team um Küchenchef Andelko Krmpotic (vorher im Schlosshotel Grunewald und dem MQ am Ku’damm) weiß alles, was aktuell international en vogue ist, auf den Teller zu bringen: Unkompliziert, schmackhaft und einem Publikum angemessen, dass eher Spaß haben als sich mit komplexen Foodkonzepten auseinandersetzten möchte.
Restaurant-Manager Gürkan Ayrik holte sich seinen professionellen Schliff und die weltläufige Kompetenz aus dem Borchardt.
Foto: Rhubarb Hospitality
Nach dem Essen begeben wir uns an die große Bar im Art Deco-Stil, die mit ihren acht Meter hohen Decken das Herzstück des FREDERICK’S bildet und sich im ehemaligen Silbersaal des Grand Hotels befindet. Gastgeber ist kein Geringerer als Arnd Henning Heißen, den viele noch aus dem The Curtain Club und der Fragrances Bar im The Ritz-Carlton kennen dürften.
Mitgebracht hat er sein umfangreiches Wissen aus der Farb- und Aromatherapie und Erfahrungen, die er bei seinen Reisen rund um den Globus gesammelt hat. Anhand von Parfümproben nähern wir uns unseren Lieblingsdrinks, und interessanterweise lande ich wieder beim Paisley, dessen zugeordnetes farbenfrohes, abstraktes Bild mit den charakteristisch geschwungenen Linien mich bereits beim Dinner angesprochen hatte. Die Bar füllt sich zunehmend mit einem jungen, internationalen Publikum, und dank dem wieselflinken und omnipräsenten Arnd Heißen findet jeder seinen Platz und seinen Cocktail: Das Konzept des Frederick's kommt offenbar an in Berlin.
FREDERICK’S, Bellevuestraße 1 in 10785 Berlin.
Dienstags bis freitags von 12 bis 14:30 Uhr sowie von 18-22 Uhr und samstags von 11 bis 22:30 Uhr
Bar & Lounge: Dienstags bis freitags von 18 Uhr bis 1 Uhr und
samstags von 18 bis 1:30 Uhr morgens.
Futterneid & Tafelsilber - DIE Genuss-Kolumne von Gesa Noormann
Im Restaurant Dóttir - Château Royal