The Grand Berlin Morbider Charme in Berlin-Mitte

Nichts weist von außen darauf hin, dass sich hinter dem bescheidenen Eingang in der Gegend zwischen Volksbühne und Alexanderplatz ein hidden gem versteckt. Wie in Wes Andersons legendärem Film Grand Hotel Budapest griff Inhaber Jesko Klatt die Idee eines in die Jahre gekommenen Grandhotels auf: Morbide, voller Geheimnisse und Phantasien.Die Räume einer ehemaligen Armenschule von 1842 versprühen mit dem abblätternden Putz, den alten Möbeln und den klassischen Marmorfußböden den Charme der Aufbruchsjahre nach dem Mauerfall.

Foto: Gesa Noormann

Gleich seinem Clubrestaurant „Spindler & Klatt“ realisiert Klatt auch beim The Grand ein Mischkonzept aus Restaurant, Bar, Club und Eventlocation, zu der sechs individuelle Veranstaltungsräume und ein Baalsaal gehören. Wir starten unseren Restaurantbesuch deshalb mit einem Aperitif an der Bar. Schön schummrig ist sie, der Negroni schmeckt und ein wenig fühlt es sich an wie in den temporären Nachwende-Clubs oder im legendären Mokka Efti aus Babylon Berlin, bevor Berlins Mitte dem internationalen Einheitslook zum Opfer fiel.

Das Restaurant passt mit seinen hohen, unrenovierten Wänden, einem Kronleuchter, der kunstwerksartig den Raum dominiert und wild gemischten Stilelementen perfekt ins Gesamtambiente des The Grand. Auf der Karte wird die gleiche dekadente Lust am Hier und Jetzt gefeiert wie in den klassischen Pariser Brasserien: Es gibt üppige Meeresfrüchte-Etageren mit Hummer, Austern und Jakobsmuscheln, und wie in Frankreich darf dazu ordentlich Champagner fließen. Taglioni mit Trüffel und Boeuf Tatar fehlen als Vorspeisen genauso wenig wie Foie Gras - für letzteres werden die Gänse nicht gestopft, sondern durch die Aufhebung von Tag und Nacht durch künstliches Licht zum permanenten Fressen animiert. Wirklich tierfreundlich klingt das nicht, aber wer Gänseleber mag, trifft mit dieser Variante auf jeden Fall die bessere Wahl.

Foto: Gesa Noormann

Jetzt könnten wir zu einem Steak vom Pommerschen Rind oder vom Irish Hereford Weideochsen greifen. Gegrillt werden sie auf einem amerikanischen Southbend-Grill, der bis zu 800 Grad heiß wird und für besondere Zartheit und karamellige Röstaromen sorgen soll. Oder noch besser zu den ausgesuchten Cuts vom Ruppiner-Wagyu Rind oder vom Kagoshima Beef. Auf sie ist Tilo Roth - von einer kurzen Unterbrechung abgesehen seit 10 Jahren Küchenchef im The Grand - besonders stolz: „Neben internationalen Spezialitäten setzen wir immer mehr auf regionale und nachhaltige Tierhaltung. Unsere Gourmetstücke zeichnen sich durch Ihre Einzigkeit in Geschmack und Herkunft aus. Sie sind leider nicht immer verfügbar, aber durch ihre Besonderheit ein wertvoller Bestandteil unserer Speisekarte.“

Wir entscheiden uns gegen Fleisch - auch wenn manch Vegetarier im The Grand einen Cheat Day einlege, wie uns Geschäftsführer Matthias Martens verrät. Ich mag kein Steak, und meine Begleitung verzichtet aus ideologischen Gründen darauf. Sie nimmt das geschmacklich hervorragende und von echtem Fleisch kaum zu unterscheidende Redefine Meat, ich greife zum pochierten Bio-Ei auf Parmesanpolenta mit Trüffel. Die üppige Belle Hélène zum Nachtisch ist ein würdiger Abschluss dieses opulenten Dinners, dass durchaus noch in einem Clubabend enden könnte - das machen wir dann das nächste Mal.

Dinner: Täglich von 18 bis 23:30 Uhr geöffnet | Lunch: Mo - Fr 12 bis 15 Uhr

Die Bar ist ab 18 Uhr geöffnet, der Club freitags und samstags ab 23 Uhr.

http://www.the-grand-berlin.com/restaurant

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