Im Luftverkehr gebe es einen massiven Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel, ebenso im Bereich der Gastronomie und Hotellerie. «Dass wir dort Erleichterungen für ausländische Kräfte schaffen müssen, wissen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und ich.» Gemeinsam mit Heil (SPD) werde sie deshalb noch in diesem Jahr Änderungen vorschlagen, «um gute Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen».
Kritik an den Plänen kam aus der Union. «Die Bundesregierung macht es sich zu einfach, wenn sie zur Lösung des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels einseitig auf Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten setzt», sagte Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU). Notwendig wäre vielmehr ein umfassendes Konzept, das auch «die bessere Nutzung der Potenziale im Inland und im EU-Ausland beinhaltet». Die Regeln zur Fachkräftezuwanderung seien bereits liberal. Aus den Westbalkanstaaten sei die Zuwanderung von Arbeitskräften ohne besondere Qualifikation möglich. Deutschland müsse noch stärker im Ausland für die Nutzung dieser bestehenden Möglichkeiten werben.
Aufgrund folgenreicher Engpässe an deutschen Flughäfen hatte die Bundesregierung am Mittwoch rasche Regelungen zugesagt, damit die Betreiber vorübergehend leichter Personal anheuern können. Die Arbeitskräfte, die unter anderem in der Gepäckabfertigung fehlen, sollen vor allem in der Türkei gewonnen werden.
Um die Attraktivität Deutschlands für Fachkräfte zu erhöhen, seien «mehrere Hausaufgaben zu machen», fügte Faeser hinzu. «Wir brauchen die schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen und weniger Bürokratie», sagte die SPD-Politikerin. Gemeinsam mit Heil und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) arbeite sie intensiv daran. Zudem müsse klar sein, dass es hier nicht um Lohndumping gehe, sondern «um gute, tarifgebundene Jobs, von denen Menschen leben können». Hier stehe die Regierung an der Seite der Gewerkschaften. Faeser betonte, sie achte auf dem Weg hin zu einem modernen Einwanderungsrecht «sehr genau auf ausgeglichene Lösungen und die Akzeptanz in der Bevölkerung». dpa
Gastgewerbe fordert Planungssicherheit - Kein Lockdown mehr
Das Hotel- und Gaststättengewerbe in Sachsen sieht angesichts des Personalmangels sowie steigender Energie-, Lebensmittel- und Personalkosten die Politik am Zug und mahnt Planungssicherheit an. Einen Lockdown werde die Branche nicht noch einmal überstehen, sagte der Präsident des sächsischen Branchenverbandes Dehoga, Axel Hüpkes, am Montag in Dresden.
Die Landesregierung müsse sich zudem dafür stark machen, dass die Regelung für einen Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent verlängert wird: «Dieses Geld kommt direkt bei den Unternehmen an.» Die Branche sei darauf angewiesen, weil sie trotz Corona-Hilfen noch Jahre benötige, um sich von den wirtschaftlichen Einbrüchen zu erholen, sagte Hüpkes. Die von der Bundesregierung angekündigte Ausweitung der Sonderregelung für ausländische Arbeitskräfte für Flughäfen müsse zudem auf das Gastgewerbe ausgeweitet werden.
Mit Blick auf das nächste Winterhalbjahr appellierte Hüpkes an die Landesregierung, auf Komplettschließung der Betriebe wie im Dezember 2021 zu verzichten. Nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Axel Klein hat Sachsens Alleingang auch die Abwanderung in andere Regionen oder Branchen wie Einzelhandel, Logistik oder Öffentlichen Dienst beschleunigt, vor allem im Minijob-Bereich - das sei aktuell gut die Hälfte der rund 52 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Hotellerie und Gastronomie seien seit 2020 «sehr gebeutelt», sagte Hüpkes. Sie brauche daher «eine gewisse Normalität, nicht nur im Sommer». Nach Angaben von Klein fehlen in der Spitze 3887 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, rund 2500 wurden inzwischen neu gewonnen. Den größten Einbruch gebe es bei Aushilfsjobs, der teils bis zu 25 Prozent betrage. Aber auch dort gebe es wieder Zulauf. Nun aber müssten die Betriebe noch die explodierenden Preise bei Energie, Lebensmittel und Personal kompensieren. Einer Dehoga-Umfrage zufolge befürchten 15,4 Prozent der Unternehmer eine Insolvenz als Folge der Pandemie, und 85 Prozent der Betriebe haben wegen der Kostensteigerungen neue Existenzsorgen.
Angesichts des Personalmangels setzt Dehoga auf erleichterte Arbeitskräftezuwanderung. Bisher seien die bürokratischen und finanziellen Hürden bei der Anwerbung aus dem nichteuropäischen Ausland «unüberwindbar», sagte Klein. So dürften etwa qualifizierte Menschen aus Vietnam, mit denen es gute Erfahrungen gebe, nicht hier arbeiten, weil sie keine gleichwertige duale Ausbildung haben.
Laut Statistik hatte die Branche Ende vergangenen Jahres 66 603 Beschäftigte in 7232 Betrieben. Das waren fast 3480 weniger als im März 2021 und über 7500 weniger als im März 2020. Im Moment bekomme die Branche «immer mehr Schwung», der Umsatz liege im Schnitt 12 Prozent über dem Vergleichswert von 2019. Fast 60 Prozent berichten den Angaben zufolge über eine gute bis sehr gute Nachfrage im Bereich Privattourismus, bei Geschäftsreisen sei sie indes bei 55 Prozent nur befriedigend oder schlecht.
Mehr als die Hälfte der Betriebe suche vor allem Fachkräfte und 65,5 Prozent suchten auch Minijobber. Die Kostensteigerungen seien für die meisten Unternehmen die größten Herausforderungen - vor dem akuten Mitarbeitermangel und den Folgen der Corona-Pandemie. dpa