Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) will diesen Missstand nicht mehr hinnehmen und mit einer Kampagne betroffenen Arbeitnehmern den Rücken stärken. Unter dem Motto #fairdient können Beschäftigte ihrem Ärger Luft machen und Forderungen stellen.
In der laufenden Sommersaison würden gerade die geringfügig Beschäftigten zu Überstunden gedrängt, kritisierte die Gewerkschaft. «Entweder werden Überstunden dann nicht oder mit «Schwarzgeld» bezahlt», sagte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler. 2017 wurden der NGG zufolge in den Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufen bundesweit 27,5 Millionen Überstunden geleistet - 12,2 Millionen davon seien unbezahlt gewesen. Die Beschäftigten hätten den Firmen damit 130 Millionen Euro «geschenkt».
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) verwies darauf, dass in den mit der Gewerkschaft ausgehandelten Tarifverträgen der Umgang mit Überstunden klar geregelt sei. «Den generalisierenden Pauschalvorwurf der NGG gegen das Gastgewerbe weisen wir in aller Deutlichkeit zurück. Das ist in höchstem Maße ungerecht gegenüber der großen Mehrheit der Unternehmer, die Tag für Tag mit ihren Mitarbeitern für ihre Gäste da sind, ihr Bestes leisten und sich korrekt verhalten», teilte der Verband mit. «Keine Frage: Soweit arbeitsrechtliche Verstöße vorliegen, gehören diese geahndet.»
Im Juni 2018 waren nach Verbandsangaben rund 1,08 Millionen Beschäftigte sozialversicherungspflichtig im Gastgewerbe angestellt - also im Beherbergungs- und Gaststättenbereich. Hinzu kamen noch rund 1,03 Millionen geringfügig Beschäftigte.
Die Gewerkschaft NGG kritisiert, dass Dehoga die Arbeitszeiten noch flexibler machen wolle. «Im Gastgewerbe ist es gang und gäbe, weit überdurchschnittlich oft an Wochenenden und Feiertagen, spätabends und auf Abruf zu arbeiten», sagte Zeitler. Eine weitere Flexibilisierung sei nicht erforderlich.
Dehoga wiederum verwies darauf, dass ein höherer Arbeitsbedarf etwa in der Saison, an Wochenenden und Feiertagen durch Arbeitszeitverkürzungen zu anderen Zeiten ausgeglichen werden müsse. Ein Instrument seien Jahresarbeitszeitkonten, die die Gewerkschaft auf tariflicher Ebene vielerorts aber verweigere oder erschwere.
Die Bundesregierung hat die Zahl der Überstunden branchenübergreifend im Jahr 2017 auf rund 2,1 Milliarden beziffert - die Hälfte davon unbezahlt. Die NGG verwies auf einen «Überstunden-Monitor» des Pestel-Instituts. Danach sind im vergangenen Jahr knapp 2,15 Milliarden Arbeitsstunden zusätzlich geleistet worden. Davon seien 1,01 Milliarden unbezahlt gewesen. Jeder Beschäftigte habe damit im Schnitt 24,9 «Umsonst-Stunden» für den Chef gearbeitet. Bundesweit seien den Unternehmen gut 25 Milliarden Euro «geschenkt» worden. dpa