Generation Rotliegend Magischer Wein vom Roten Hang

Von Nikolas Rechenberg

In dem Steilhang direkt über dem Rhein wachsen charakterstarke Weine auf dem Rotliegenden, Tonsandstein oder Tonschiefer genannt. Der Boden ist karg, die Wurzeln tief und der Wein zeigt ausgeprägte, fast feurige Bodenaromen.

Sein Alter ist das Geheimnis, er ist viele Male so alt wie vergleichbare Kalkablagerungen, hinzu kommt, dass der uralte Boden viel Eisen enthält. Das alles macht den Roten Hang zu einer der großen Lagen der Welt, es ist eine der wenigen Formationen weltweit, wo das Rotliegende bis an die Oberfläche des Bodens herausbricht - das schafft Weine mit einzigartigem Wiedererkennungswert.

Ein etwas zurückliegender Besuch in Nierstein an einem heißen Sommertag ist mir noch gut in Erinnerung. Wir gingen eine der engen Gassen hinunter zum Rhein - die Sonne brannte, mit einer mediterranen Intensität und Trockenheit, die kaum auszuhalten war.

Die Morgensonne ist wichtig, denn sie erwärmt vor allem in den kühlen Jahreszeiten den Boden, der diese Wärme dann bis in die Abendstunden speichert. Glücklicherweise sind die Weinlagen am Roten Hang nach Osten ausgerichtet: die Abendbeschattung sorgt für eine längere Reifung und weniger Hitze, die Aromen der Trauben werden intensiver.

Anfang der 90er Jahre war der Rote Hang vermarktungsmäßig tot, die Weinwelt interessierte sich nicht dafür. Seit ein paar Jahren ist er wieder stark im Kommen, der Focus liegt heute auf Terroir, nicht auf dem Zuckergehalt.

Die Topweine des Roten Hangs kommen vom Weingut Kühling-Gillot: Pettenthal, Rothenberg, Ölberg und Orbel sind von faszinierender Mineralität und Würze, auch die einfacheren Ortsweine. Ja, natürlich auch Feuerstein, wie Oliver Spanier anmerkt. Carolin und Oliver Spanier vergleichen ihre Weine mit Wachauer Smaragden. Sie bieten eine ungeheure Mineralienexplosion am Gaumen - sind sie zu stark, bist du zu schwach.

Den Gegenpart zu dieser dunklen Würze spielt Kai Schätzel mit seinen hell klingenden salzigen Weinen, die eine feinwürzige Kräuterigkeit aufweisen. Wie der Hipping lange auf der Maische gelegen. Das Einmaischen der Trauben erfolgt mit den Füssen, dazu legt Schätzel Wert auf Spontangärung im deutschen Holzfass. "Alte Weinberge im Roten Hang bringen wenig Ertrag und lockere kleine Beeren", erzählt Kai Schätzel, "ich finde, dass zu viel Alkohol den Weinen vom Roten Hang nicht wirklich gut steht und besonders die Reife negativ beeinflusst."

Wenn es aber gelingt, "eine gute Balance herzustellen, so können die Weine aus dem Niersteiner roten Hang sehr schöne mineralische, salzige und auch würzige Komponenten entwickeln". Wie sein Nierstein Riesling "ReinSchiefer" oder der Hipping Riesling. In den letzten Jahren hat das Weingut auch eine Passion für alte Silvanerweinberge im Niersteiner Hipping und Nackenheimer Rothenberg entwickelt.

Lisa Bunn macht ihre Lagenweine im Hipping, Orbel und Ölberg. Die Weine vom Margarethenhof werden spät gelesen, mit langer Maischestandzeit und Spontangärung, "so versuchen wir die feinen Unterschiede der Lagen auszuarbeiten", sagt Lisa Bunn. Die ehemalige Rheinhessische Weinkönigin setzt auf die unverwechselbare Herkunft ihrer Weine, macht aber auch einen herrlich erfrischenden roten Sommerperlwein, den sie selbstironisch Bunny nennt.

Das Weingut Gunderloch ist für seine eher schlankeren Weine bekannt, traditionell produziert es auch fruchtsüße Spätlesen und Auslesen klassischer Art. Wie sagt es Agnes Hasselbach angesichts der großen Herausforderung an Mensch und Maschine so treffend: "Dieser, in der deutschen Weinlandschaft doch sehr kleine Höhenzug, ist in seiner Lage und Bodenart so einmalig und die Arbeit in ihm macht so viel Freude, dass der Rote Hang es wert ist, ihm zu größerer Beachtung zu verhelfen." Die neue Generation, Johannes Hasselbach, ist heute für die Weine zuständig und hat ihnen eine neue Präzision und ungeheure Expressivität verliehen, er wird das Weingut wieder ganz nach vorn in Rheinhessen bringen.

Durch die Steilheit des Roten Hangs gibt es feuchten Jahren keine Staunässe im Boden, dafür in trockenen Jahren die Gefahr von Trockenschäden bei falscher Bodenbearbeitung. Seine Wiederentdeckung ist auch der Vereinigung Roter Hang zu verdanken, die in Nierstein jeden Sommer eine große Weinpräsentation in den Rebhängen veranstaltet. In der Winzer-Formation finden sich neben Guntrum, Schätzel, Bunn, Gunderloch oder St. Antony weitere gute Erzeuger wie Georg Gustav Huff, Seebrich, Gehring, Fritz-Ekkehard Huff oder Raddeck. Das Ziel der Vereinigung mit seinem 1. Vorsitzenden Konstantin Guntrum geht über die reine Organisation von Veranstaltungen hinaus. Der Verein arbeitet an Qualitätskonzepten und einem künftigen Klassifizierungsmodell.

Unlängst hat sich das Rheinhessen-Aushängeschild Klaus Peter Keller auch in Hipping und Pettenthal engagiert und lenkt damit auch internationale Aufmerksamkeit auf die Rheinfront. Das größte Potential der Weine vom Roten Hang ist ihre hohe Reifefähigkeit, ihre große Lagerungs- und Entwicklungsfähigkeit. Einen guten Wein von Roten Hang kann man noch in vielen Jahrzehnten genießen, "es sind echte Marathonläufer", wie es Oliver Spanier beschreibt. 

 www.kuehling-gillot.de www.schaetzel.de www.weingut-bunn.de www.gunderloch.de www.guntrum.de www.roter-hang.de.