Grillen wie die Weltmeister

Von Timo Lindemann

Wenn es um die Wurst geht, versteht Ralf Bertram keinen Spaß. Und besonders eine Sache bringt ihn zur Weißglut. «Der größte Fehler ist, wenn man versucht, Flammen im Grill mit Bier zu löschen. Das geht gar nicht», sagt der 53-Jährige aus Hann. Münden nördlich von Kassel - und er muss es wissen, denn Bertram ist Deutscher Vizemeister im Grillen.

«Das ist der größte Fauxpas, den man sich am Grill leisten kann. Wenn ich sowas sehe, halte ich mich lieber an die Salate.» Sonst aber gehört Grillen für ihn zu den schönsten Sachen der Welt. «Ausschließlich das private Vergnügen steht im Vordergrund.»

Bertram hat schon immer gern gegrillt. Dann wurde 2006 die Deutsche Grillmeisterschaft in seiner Heimatstadt ausgetragen. «Damals hat er Feuer gefangen», erzählt der Geschäftsführer der German Barbecue Association (GBA), Harald Hölzel. Bertram meldete sich selbst, seine Frau und ein paar Nachbarn kurzentschlossen an - das Team Chili war geboren. «Chili ist schön scharf und verleiht als Gewürz Glückshormone», erzählt Frührentner Bertram.

Die Meisterschaft wurde ein Erfolg. «Wir haben den dritten Platz in der Bratwurst gemacht.» Zu seinen Spezialitäten gehört die «gemoppte», also bepinselte Bratwurst. Mit Ahornsirup, Apfelsaft - und natürlich Chiliflocken - wird die Grillwurst veredelt.

Die folgende Europameisterschaft in Norditalien jedoch endete im Desaster - man hatte die falsche Grillkohle. «Dort unten arbeiten alle mit Gas. Die uns zur Verfügung gestellt Kohle war ein Reinfall», erzählt der frühere Straßenbaumeister. Mittlerweile grillt er nur noch mit Buchenholzgrillkohle aus den heimischen Wäldern. «Die beherrsche ich.» Und das sei der Weg zum Erfolg, sagt Verbandschef Hölzel. «Man muss sein Grillgerät verstehen, perfekt würzen und den Garpunkt genau treffen.»

2010 holten sich die Chilis dann beim Wettgrillen von mehr als 30 Teams den Titel des deutschen Vizemeisters - und sie amtieren immer noch, denn wegen der Weltmeisterschaft im westfälischen Gronau Ende Mai war in diesem Jahr auf eine deutsche Meisterschaft verzichtet worden. An der WM teilgenommen hat Bertram aus gesundheitlichen Gründen nicht. Zudem gehen Meisterschaften ins Geld. Im Vorfeld sind schon mal 5000 Euro fällig, das kommt durch Preisgelder nicht wieder herein. «Vor allem das Üben kostet», betont Bertram.

Vor den Meisterschaften im Mai ist im März und April Grilltraining angesagt - und hunderte Spareribs wollen nicht nur gegessen, sondern auch bezahlt sein. «Der finanzielle Aufwand ist enorm», betont er. Andere Teams haben sogar bereits Sponsoren.

Trainiert werden muss natürlich auch das Dessert, das bei den Meisterschaften ebenfalls vom Grill kommen muss - und da hat sich Bertrams Truppe etwas Besonderes ausgedacht: Gegrilltes Eis. Die Eiskugel wird mit Flüssigstickstoff heruntergekühlt und in einer Hülle auf den Grill gelegt - außen ist das Dessert warm, innen eiskalt. «Mit dem Eis vom Grill sind wir fast unschlagbar», sagt Bertram. Bis ganz nach vorn hat es für das Team Chili aber noch nicht gereicht. «Wo wir noch nicht perfekt sind, ist das Rindfleisch.»

Wenn er zum Grillen eingeladen wird, hält sich Bertram übrigens mit Tipps meist zurück. «Wenn ich gefragt werde, helfe ich aber gern», betont er - allerdings nur so lange der Gastgeber dem Grill nicht mit Bier zu nahe kommt. Und noch etwas kann der 53-Jährige partout nicht leiden. «Ein Graus ist ein schmutziger Grillrost.» dpa