Grünkohl & Tipps Das Trend-Gemüse

Von Anna-Lena Sachs

Grünkohlravioli mit Nuss-Topping, Afrikanischer Grünkohl auf Süßkartoffelpüree oder Grünkohlrisotto: Der Blattkohl muss nicht immer auf die traditionelle Oldenburger Art hergestellt werden und bei einer Kohltour mit Bollerwagen auf den Tisch kommen. Das zumindest soll die erste Grünkohl-Weltmeisterschaft am Samstag in Oldenburg zeigen. 21 Köche aus neun Nationen treten gegeneinander an, die Rezepte müssen kreativ und innovativ sein.

Die Wettstreiter dürfen den Grünkohl nicht auf die typisch norddeutsche Art zubereitet. «Den würde man auch nicht in der Zeit schaffen», sagt Tilmann Pröllochs, geschäftsführender Gesellschafter der WM. Die Teilnehmer versuchen, ihre Rezepte in 40 Minuten vor dem Publikum umzusetzen. In drei Runden treten jeweils sieben Grünkohlliebhaber an.

Eine siebenköpfige Jury wählt das Siegergericht - bei der Bewertung zählen Kreativität/Innovation, Geschmack/Stimmigkeit und die Optik. Der Gewinner bekommt die «Goldene Palme von Oldenburg 2017». Die ersten drei Plätze sind zudem mit einem Preisgeld dotiert. Schirmherrin der Veranstaltung ist die Bundesministerin für Bildung und Forschung und Oldenburgs Kohlkönigin, Johanna Wanka. Die Weltmeisterschaft wird von der «Kreativen Runde Oldenburg» organisiert.

Dass Oldenburg der Austragungsort der ersten Grünkohl-WM ist, ist kein Zufall. Oldenburg gilt als Grünkohl-Hauptstadt - winterliche Kohltouren auf den Straßen gehören zum Stadtbild. «Ich kenne keine Stadt, in der Grünkohl, Pinkel und Kohlfahrten so beheimatet sind wie hier», sagt Pröllochs. «Grünkohl kennt man in Süddeutschland eigentlich kaum.»

Das hat einen Grund: Das Gemüse fühlt sich in Norddeutschland besonders wohl. «Das liegt an dem ozeanischen-maritimen Klima, bei dem der Grünkohl besser wächst», sagt Dirk Albach, Leiter der Arbeitsgruppe Biodiversität und Evolution der Pflanzen der Universität Oldenburg und Juror der Grünkohl-WM. Insgesamt gibt es rund 120 verschiedene Sorten Grünkohl, 80 davon wachsen zu Forschungszwecken im Botanischen Garten Oldenburg.

Laut Albach wissen aber die Landwirte meist selbst nicht, welche Sorte sie verkaufen. «Wenn man die so kocht, wie den typischen Grünkohl mit Pinkel, dann unterscheiden sich die Grünkohlsorten nicht.» Auch der Laie kann «Frostara» nur schwer von «Winnetou» unterscheiden. Abzuraten ist unabhängig von der Sorte vom langen Köcheln, denn so gehen viele gesunden Eigenschaften des Grünkohls verloren.

Je nach Art hat das Gemüse zum Beispiel eine krebsvorbeugende oder auch eine cholesterinabbauende Wirkung. Wer Grünkohl blanchiert oder dünstet, kann die gesunden Inhaltsstoffe erhalten. «Ich hoffe, dass dann Rezepte gewinnen werden, bei denen man die Sorten und ihre Inhaltsstoffe gut erkennen kann», sagt Albach. Die Besucher sollen animiert werden, auch andere Rezepte auszuprobieren.

Gerichte, die Grünkohl mit Bratapfel, Süßkartoffeln oder geräuchertem Aal kombinieren, sollten genügend Inspiration liefern. Mit einem Bewerbungsschreiben und ihrem Rezept konnten sich die acht professionellen und 13 Hobby-Köche für die WM in der Oldenburger Bauwerkhalle am Pferdemarkt qualifizieren. Unterschiedliche Aspekte flossen in die Auswahl hinein, sagt Pröllochs: «Manchmal hat uns das Gericht interessiert oder wir fanden die Zutatenkombination spannend.» dpa

Vitaminreicher Grünkohl - und sein zweiter Frühling als Kale

Deftig mit Wurst, Speck oder Kassler: Der Grünkohl hat besonders in Norddeutschland Tradition - vor allem im Winter. Dieser Kohl wächst je nach Art mit dunkelgrünen, bläulichen oder rotbraunen, gekrausten Blättern, die sich nicht zu einem Kopf schließen. Die Arbeitsgruppe zur Grünkohlforschung an der Universität Oldenburg spricht von mehr als 50 Arten, die sich unter anderem in Inhaltsstoffen, Geschmack und Anbaubedingungen unterscheiden.

Das Gemüse enthält besonders viel Vitamin C - mehr als Weißkohl, Rotkohl oder Wirsing. Zudem trägt Grünkohl etliche Stoffe in sich, die Krebs hemmen oder den Cholesterinspiegel senken können. Nach dem ersten Frost sind die Blätter genießbar und besonders schmackhaft, da dann ein Teil der enthaltenen Stärke in Zucker umgewandelt wurde.

Ein Klassikergericht ist «Grünkohl mit Pinkel», zu dem eine stark geräucherte und gewürzte Wurst aus Schweinefleisch gereicht wird. Vor einigen Jahren begann für das Gemüse über den Umweg USA mit dem Namen Kale ein zweiter Frühling. Mittlerweile gibt es den Kohl als Salat, mit Pasta, mariniert, in Öl gebraten oder zu Chips gebacken. Der Kochblog der «New York Times» listet mehr als 200 Kale-Gerichte - ob heiß, kalt oder als Smoothie - einige Marktforscher sehen den Hype aber schon wieder abflauen.

Hamburger Koch ist Grünkohl-Weltmeister

Der Sieger der erstmals in Oldenburg veranstalteten Grünkohl-Kochweltmeisterschaft kommt aus Hamburg: Christoph Steinhauser hat am Samstag mit einem Grünkohl-Graupenrisotto mit geräuchertem Aal in Tempura sowie Grünkohl-Chips mit Speck-Salz unter 19 Mitbewerbern den ersten Platz geholt. «Es war ein unglaublich spannendes Rennen», sagte Organisator Tilmann Pröllochs. Die Aufgabe sei für die siebenköpfige Jury «sehr, sehr schwierig» gewesen.

Mit einem klassischen norddeutschen Grünkohl-Gericht hatten die präsentierten Menüs nichts zu tun. Der zweitplatzierte Claus Peter aus Wingst bei Cuxhaven kombinierte Saté-Spieße auf Ente mit Grünkohl. Der drittplatzierte Torben Solheid wagte sich ebenfalls an ein Risotto-Rezept, mit getrockneten Tomaten, Steinpilzen mit gebratenen Riesengarnelen, Zitronenolivenöl und Parmaschinkenchips. Alle drei Gewinner sind Profi-Köche.

Im Westen und vor allem im Norden Deutschlands hat das vitaminreiche Wintergemüse eine große Fangemeinde. Und die niedersächsische Universitätsstadt Oldenburg sei die Grünkohl-Hauptstadt Deutschlands, sagte Pröllochs. «Wir wollten Oldenburg bekannter machen - und das ist uns gelungen.» Um auf den den Grünkohl als Gourmet-Gemüse hinzuweisen, dazu habe es der Weltmeisterschaft nicht bedurft; interessierte Hobby- und Profiköche wüssten das schon länger.

Die Rezepte sollen auch veröffentlicht werden. Unklar sei noch, ob es eine weitere Auflage der Grünkohl-Weltmeisterschaft gebe - das hänge vom Sponsor ab, sagte Pröllochs. dpa